Hier habe ich mal ein schönes Interview von Bob Arum
DIE WELT: Was halten Sie von Vitali Klitschkos Titelverteidigung gegen den aus Mexiko stammenden Amerikaner Cristobal Arreola?
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Bob Arum: Ich habe den Kampf nicht gesehen. Ich war lieber beim Konzert von Cher in Las Vegas. Schwergewichtsboxen interessiert mich nicht mehr. In den USA ist das Schwergewichtsboxen tot, keiner will es mehr sehen. Klitschko musste gegen einen Amerikaner kämpfen, aber Arreola ist kein Gegner. Die Ansetzung war erbärmlich. In den Siebzigern hätte der Kampf es nicht mal ins Vorprogramm geschafft. Aber mir fällt eben auch kein Besserer ein. Da ist nur ein Haufen gesichtsloser Russen. Ich wüsste nicht einmal, wie Alexander Powetkin aussieht, wenn er in meinem Büro vor mir stünde.
DIE WELT: Das heißt, die Klitschkos müssten schon gegeneinander boxen?
Arum: Nein, das ist keine Lösung. Es wäre barbarisch, zwei Brüder gegeneinander in den Ring zu schicken. Die beiden sind wundervolle Repräsentanten des Boxens, zwei sehr nette Männer, extrem gut artikuliert, sie benehmen sich gut. Doch obwohl sie gut Englisch sprechen und sich gut darstellen, haben sie fast keine Wirkung in den USA.
DIE WELT: Woran liegt das?
Arum: Wahrscheinlich, weil sie darauf bestanden haben, sich selbst zu promoten. Sie hätten sich auch in Deutschland wohl ohne Klaus-Peter Kohl nicht so etabliert. Die Deutschen haben sich mit ihnen verbunden gefühlt, in den USA haben sie es versucht, aber nicht geschafft. Sie verstehen die Vermarktungstechniken nicht und was dem amerikanischen Sportfan gefällt. Sie haben nicht die nötigen Schritte unternommen, einen Boxer dem US-Publikum zu verkaufen, indem sie ihn in den richtigen Sendungen untergebracht haben, bei den richtigen Veranstaltungen auftreten lassen. Natürlich ist die Furcht gerechtfertigt, von einem wie Don King über den Tisch gezogen zu werden, aber es gibt genug seriöse Promoter in den USA.
DIE WELT: Wie erklärt sich der Niedergang des Schwergewichtsboxens?
Arum: Es gibt da keine Amerikaner mehr. Große schwarze Männer pflegten in den USA das Schwergewichtsboxen zu bestimmen: Joe Louis, Muhammad Ali, George Foreman, Mike Tyson. Heute gehen diese Kerle zum Profifootball oder -basketball, deren Ligen Millionen zahlen. Als ich 1966 Kämpfe für Ali organisierte, verdiente ein Profi in der National Football League 6000 Dollar im Jahr, sodass er einen Zweitjob brauchte. Ali würde heute beim Football landen und nicht in einem stinkenden Boxgym. Allein fünf, sechs Spieler der New York Giants könnten Topschwergewichte sein. Oder: Hätte Lebron James das Boxen trainiert, wäre er der verheerendste Athlet der Klasse.
DIE WELT: Wie könnte das Schwergewichtsboxen reanimiert werden?
Arum: Es gibt Gerüchte, dass es einen Streik, eine Arbeitsniederlegung in der NFL gibt, und einige Spieler sagen mir, wenn das passiert, gehen sie ins Boxgym. Drei, vier richtig guten amerikanischen Schwergewichten, die sich mit den Klitschkos messen können, gelänge es vielleicht, den Sport binnen sechs Monaten wieder zu beleben, weil die Kerle aus anderen Sportarten bekannt sind. Es wäre nicht einfach wegen der Technik, könnte aber klappen, und der Versuch würde viel Interesse generieren. Man müsste mit Spielern mit Boxhintergrund beginnen: Brandon Jacobs, Running Back der New York Giants, war Topschwergewichtsamateur. Doch unter normalen Umständen wäre er verrückt, bei seinem Millionengehalt einen Wechsel zum Boxen zu erwägen.