Nachdem ich am Wochenende live vor Ort war, muss ich meine Meinung zu den neuen Regeln ein wenig revidieren. War ich vorher ein klarer Befürworter der Regeln als Mittel zur Gewährleistung eines halbwegs gerechten und vor allem reibungslosen Wettkampfes, bleibt nunmehr die Erkenntnis, dass nur letzteres zutrifft.
Meine Eindrücke:
1. Gerade auf einer Skifluganlage taugt der Windfaktor nicht, um die Windvor- bzw. -nachteile auszugleichen. Da nutzt es dem Springer, der 0,8 m/s weniger Aufwind hat gar nichts, wenn er dafür 7 Punkte mehr erhält. Er (solange er nicht ein überragender Abspringer wie Malysz ist oder Ammann heißt) verliert nämlich ganz schnell mal 20-30 m.
2. Als Zuschauer an der Anlage habe ich zwar ständig auf die Fähnchen und Fahnen geschaut, musste mich aber ob des danach eingerechneten Windfaktors manchmal arg wundern.
3. Die fehlende Klarheit ob der letztendlichen Einordnung des Sprunges war jetzt nicht so störend (die Leute in Planica schienen mir am eigentlichen Ergebnis eh nicht so interessiert zu sein - solange es nicht ihre Slowenen betraf - im Übrigen wurde sich einfach an den weiten Sprüngen erfreut - und massenweise Alkohol vernichtet - unglaublich wie betrunken manch einer schon um 9 Uhr morgens war!). Insbesondere in der Spitze war die Platzierung dann doch recht klar abzusehen. Im Mittelfeld war sie dann eh zweitrangig.
4. Die ständige Verkürzerei war etwas ärgerlich. Zwar war der Wettkampf so von anfang an interessant, weil immer vernünftige Weiten erzielt wurden. Wenn aber die Verkürzung gerade vor meinem Favoriten kommt und wenn durch die Verkürzung Angriffe auf den Weltrekord aus dem Mittelfeld wahrscheinlicher sind, als von den Top-Leuten, dann verdirbt es einem doch ein wenig den Spaß (umso erstaunter war man ob des Top-Sprunges von Ammann). Hier müsste ein vernünftigeres Maß gefunden werden - was aber gerade bei "Show-Veranstaltungen" wie dem Skifliegen (i.S.v. man will den Leuten auch ein Spektakel bieten - und nicht nur drei Sprünge über 200 m von Ammann, Schlieri und Malysz) nicht immer einfach ist.
5. Die Wettkämpfe waren aber auf jeden Fall angenehm reibungslos. Da ich neben dem Skifliegengucken auch noch etwas anderes in Slowenien unternehmen wollte (und man wegen der An- und Abreise zur Schanze eh schon wahnsinnig viel Zeit verlor), war ich sehr froh, dass mir die gefürchteten Kaugummi-Veranstaltungen erspart geblieben sind. Dies wäre ohne die neuen Regeln so nicht möglich gewesen.