Zu Kopfschutz: Zumindest der offene Kopfschutz hat in erster Linie das Ziel Cuts zu vermeiden, aber es gibt sehr wohl gravierende Auswirkungen auf den Schlagaufprall. Gerade mittelharte Treffer (und um diese handelt es sich beim Boxen in der Regel) werden deutlich abgemildert.
https://bjsm.bmj.com/content/49/17/1108?sid=298d5b6b-702a-4ecc-8a13-017989d2d99f
Das ist dann aber natürlich nur die halbe Wahrheit, weil so ein Schutz wahrscheinlich sehr schell zu aggressiverer Kampfführung führen könnte.
Zu Handschuhen: Aktuell gibt es schon sehr viel Spielraum. Ich habe noch etwas ältere Cletos rumfliegen. Komfort ist megascheisse, aber die Dinger sind mit Bandagen Ziegelsteine. Um richtig vorzubeugen, müsste man entweder nahezu auf Handschuhe verzichten oder halt wirklich extrem nach oben gehen (16oz+). Beides erscheint mir nicht so richtig praktikabel. Am ehesten würde ich aber die Handschuhe standardisieren, im Sinne, dass die Gewichtsverteilung vorgeschrieben wird. Effekt dürfte aber auch nicht sooo groß sein.
Gewichtmachen: Im Bezug auf diese Extremfälle (und das sind Todesfälle) bin ich mir nicht sicher, ob das nicht einen adversen Effekt hätte. Ich sehe es auch bei mir im Gym, dass die Jungs und Mädels zum Teil immer noch ordentlich abkochen, und das sind Hobbysportler. Jeder versucht einen Vorteil zu ziehen, und bei den heutigen legalen und illegalen Mitteln kann man auch mit Kampftag-Wiegen einiges abkochen. Dann kommt der monetäre Druck dazu (Absagen am Kampftag sind nochmal problematischer), Ehrgeiz etc. Der Prozess wäre am Ende des Tages für die Masse gesünder, aber die Ausahmefälle, in denen Boxer dehydriert sind und dann nicht mal Zeit habe aufzuladen, würden vllt sogar noch mehr werden. Und genau solche Extremfälle sind doch die Gefahr.
Um das wirklich zu verhindern, müsste schon man deutlich vorher ansetzten, und Boxer über längere Zeiträume gewichtsmäßig kontrollieren, um sicherzustellen, dass Jeder in seiner "natürlichen" Gewichtsklasse kämpft. Erscheint mir auch nicht so wirklich praktikabel.
Mein Vorschlag wäre, dass man im Kampfabbruch deutlich deterministischer werden sollte, sprich Kämpfe sind nicht mehr beispielsweise auf 12 Runden angesetzt, sondern 6+3+3, und beide Boxer müssen sich für die jeweiligen Kampfabschnitte qualifizieren. Wenn Kämpfe zu einseitig sind (da kann man die Punktzettel, Treffer, Niederschläge etc heranziehen), wird halt früher abgebrochen. Würde natürlich das Wesen des Sports verändern, aber in der Regel werden die Wahrscheinlichkeiten für so spektakuläre "come from behind"-KOs ohnehin überschätzt.
Zu den Ärzten: Meine Eltern sind Neurologen, und keine Berufsgruppe wird mehr überschätzt als Mediziner. Die schauen auf gewisse Anzeichen, aber das ist doch keine exakte Wissenschaft, die genau zwischen den Intensitätsstufen einer Kopfverletzung abgrenzen kann.