Finch
Zuhausegroßmacher
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Hallo zusammen,
Wie sicherlich niemand mitbekommen haben wird, bin ich eher affin in der Sporthistorie, als in dem aktuellen Geschehen. Es gibt z.B. im Fußball nicht wenige Spiele aus den 80er/90er Jahren, von denen ich die kompletten Spielverläufe noch sehr detailliert im Kopf habe, während ich z.B. am Samstag schon nicht mehr wusste, wer beim Freitagsspiel Mainz – Köln eigentlich die Tore für Mainz gemacht hat.
Hin und wieder beschäftige ich mich auch mit der Frage, welchen Verlauf die Geschichte wohl genommen hätte, wäre Spiel x oder die Situation y anders ausgegangen. In Bill Simmons „Book of Basketball“ gibt es dafür ein eigenes „What If“ Kapitel. Sowas kann man ja sicherlich auch auf den Fußball übertragen. Ich fange einfach mal an, vielleicht finden sich ja Nachahmer und/oder Diskussionspartner.
Saison 1988/89 31. Spieltag: 1. FC Köln – Bayern München 1:3
Das Vorgeplänkel war doch eine tolle Story. Eigentlich herrschte Langeweile in der Bundesliga, die Bayern verloren Matthäus und Brehme an Inter Mailand und zogen dennoch in der Bundesliga einsam Ihre Kreise. Erst am 24. Spieltag setzte es in Mönchengladbach die erste Niederlage, trotzdem blieb man erstmal mit Vorsprung Tabellenführer. Da kam doch der Emporkömmling Christoph Daum gerade recht, der erstmal Sprüche und Beleidigungen Richtung Heynckes abfeuerte, ein Bündel Tausendmarkscheine an die Kabinentür tackerte und sich als Höhepunkt noch mit Hoeneß im Sportstudio öffentlich zoffte. Die Medien hatten wunderbar etwas zu schreiben und ein echtes Meisterschaftsendspiel in Köln am Vatertag 1989. Beim Stand von 1:1 kurz vor Schluss setzte Daum dann alles auf eine Karte, brachte Ralf Sturm für Jürgen Kohler und dessen Gegenspieler Roland Wohlfahrt machte in den letzten 5 Minuten noch zwei Tore für die Bayern. Damit konnte man am nächsten Spieltag den Titel perfekt machen.
Was wäre wohl passiert, wäre Daums Plan aufgegangen? Bei einem 2:1 für Köln hätte der FC die Tabellenführung übernommen. Aber der Vorsprung wäre bei einem Einzigen Tor nur sehr dünn gewesen. Somit hätte es in den letzten 3 Spielen eine Art Wettschießen um die Schale gegeben. Ich hätte die Bayern auch hier vorne gesehen, sie hatten noch 2 Heimspiele gegen Bochum und Uerdingen aus dem gesicherten Niemandsland der Tabelle, sowie ein Auswärtsspiel beim Abstiegskandidaten Nürnberg. Köln musste noch zu den Stuttgarter Kickers, für die es noch um alles ging und nach Mannheim, die in der Rückrundentabelle auf Platz 4 lagen. Zudem waren die Bayern nach wie vor das Team mit der größeren Erfahrung. Aber der Endspurt wäre mit Sicherheit sehr spektakulär geworden.
Nebenbei: Der 1. FC Nürnberg wäre dann aber wohl abgestiegen, denn die konnten den schon feststehenden Meister am 33. Spieltag schlagen und hatten damit 26 Punkte, wie auch Frankfurt und die Kickers…. jedoch das bessere Torverhältnis.
DFB-Pokal-Finale 1991 Werder Bremen-1. FC Köln 5:4 n. E.
Als Effzeh-Fan denkt man natürlich auch mal an die vorerst letzte Chance auf einen bedeutsamen Titel (Hallenpokal zählt nicht) zurück. Ein Spiel zweier Teams auf Augenhöhe, dass auch hätte anders ausgehen können (dürfen). Vor allem, wenn man sich den Weg der beiden Teams danach mal anschaut:
Bremen: Pokalsieger, Europapokalsieger, Meister, Pokalsieger, Vizemeister und vorerst als Herausforderer für Bayern und Dortmund etabliert.
Köln: im nächsten Jahr 4 Trainer, Banach-Tragödie, zum letzten Mal für 25 Jahre in den Uefa Cup, Hässler Millionen weg, Schulden und auf dem Weg zur Fahrstuhlmannschaft.
Köln hätte als Pokalsieger sicherlich nicht die identischen Erfolge wie Bremen gefeiert, dafür die Struktur damals nicht gefestigt genug und das Scouting viel zu schwach, aber man hätte sicherlich den Abwärtstrend verlangsamen, wenn nicht sogar stoppen können. Im Pokalsiegercup war man zu der Zeit als deutscher Teilnehmer eigentlich immer Kandidat auf das Halbfinale.
Saison 1985/86 33. Spieltag: Werder Bremen-Bayern München 0:0
Auch wer noch nicht geboren war, kennt diese Szene: Kutzop schießt in der 88. Minute einen (strittigen) Handelfmeter an den Pfosten und Bremen wird eine Woche später doch noch von Bayern überholt. War das nicht der Präzedenzfall für „Mia san Mia“ und „Unter Druck sind wir am Stärksten“? Bisher hatten die Bayern ihre Titel immer von vorne gewonnen und wurden sogar selbst einmal von Mönchengladbach am letzten Spieltag abgefangen.
Was, wenn der Schuss reingegangen wäre? Leverkusen Meister 2000 und Schalke 2001 weil die Psychospielchen vorher niemanden beeindruckt hätten?
So, ich höre jetzt erstmal auf mit Bayern, Köln und Bremen……
Saison 1995/96 34. Spieltag Bayer Leverkusen – 1. FC Kaiserslautern 1:1
Markus Münch macht den Ausgleich für Leverkusen, Kaiserslautern steigt statt Bayer 04 ab….
Was, wenn er den Abpraller nicht in den Winkel schießt sondern in Richtung Leverkusener Autobahnkreuz? Vermutlich wäre Leverkusen nicht ganz so emotional runtergegangen wie die Pfälzer. Und schon gar nicht wären Sie mit Anlauf wieder hoch gekommen und Meister geworden. Vermutlich wäre Bayern auch 1998 ganz vorne gewesen. Es hätte keine Flasche leer gegeben und keinen Trainer Daum bei Bayer 04? Damit auch keine Haarprobe bzw. vielleicht doch, nur die hätte dann nicht so viel öffentliches Interesse erzielt?
Europapokal 1991/92 1. FC Kaiserslautern- FC Barcelona 3:1
Ich weiß nicht, ob das ein „What If“ wert ist, aber das Spiel wird mir hierzulande viel zu wenig gewürdigt. In meiner Rangliste der besten live gesehenen Europapokalauftritte von deutschen Mannschaften fangen Bayerns 7:2 gegen Tottenham, Dortmunds 4:1 Gegen Real oder auch das Leverkusener 4:4 gegen Benfica an, sich um die Plätze 3 und abwärts zu streiten.
Platz 2: Karlsruhes 7:0 gegen Valencia, aber nicht wegen des Ergebnisses, sondern wegen der Einstellung des KSC über diese 90 Minuten. Falls einer die Übertragung noch hat, achtet mal drauf: Valencia stößt an, eine halbe Sekunde später pfeift der Schiri, weil der Anstoß wiederholt werden muss. Zu dem Zeitpunkt sind bereits gefühlt 9 Karlsruher in der Hälfte der Spanier.
Heißer war nur der FCK gegen Barcelona, als man ein 0:2 aus dem Hinspiel aufholen musste.
„Hexenkessel“ wäre bei dem Spiel, speziell nach dem 1:0 durch Hotic eine krasse Untertreibung gewesen. Das hat sich vollständig auf die Mannschaft übertragen, 90 Minuten wurde Barca komplett hinten rein gedrückt. Was Mkhitaryan 2014 für den BVB gegen Real war, das war Bjarne Goldbeak in dem Spiel für Kaiserslautern. Er hat zwar ein Tor gemacht, doch selbst wenn der 3 Buden gemacht hätte, wäre es immer noch eine miese Großchancenverwertung gewesen. So kam es, wie es kommen musste. Nachspielzeit, langer Ball in den 16er, Kopfball Bakero…aus. Habe nie mehr auch nur ansatzweise nochmal so ein Tor gesehen.
Die eigentliche Bedeutung wurde mir auch erst viel später bewusst. Da wurde im Kicker von einem deutschen Europapokal-Desaster berichtet. Außer Bremen (Sieg) und dem HSV ( 3. Runde)ist kein Team über die zweite Runde hinaus gekommen und das obwohl man dank der Wiedervereinigung 10 Teams (!) ins Rennen schicken konnte. Später im Text kam die Relativierung, dass Barcelona den Landesmeister-Cup gewonnen hat und dem FCK gegen dieses Barca nur eine Minute gefehlt habe. Natürlich kann man das so nicht unbedingt gegenrechnen, aber in der Barca-Gruppe wären die Lauterer sicher nicht ohne Chance gewesen.
P.S. für alle, die es damals verpasst haben:
Wie sicherlich niemand mitbekommen haben wird, bin ich eher affin in der Sporthistorie, als in dem aktuellen Geschehen. Es gibt z.B. im Fußball nicht wenige Spiele aus den 80er/90er Jahren, von denen ich die kompletten Spielverläufe noch sehr detailliert im Kopf habe, während ich z.B. am Samstag schon nicht mehr wusste, wer beim Freitagsspiel Mainz – Köln eigentlich die Tore für Mainz gemacht hat.
Hin und wieder beschäftige ich mich auch mit der Frage, welchen Verlauf die Geschichte wohl genommen hätte, wäre Spiel x oder die Situation y anders ausgegangen. In Bill Simmons „Book of Basketball“ gibt es dafür ein eigenes „What If“ Kapitel. Sowas kann man ja sicherlich auch auf den Fußball übertragen. Ich fange einfach mal an, vielleicht finden sich ja Nachahmer und/oder Diskussionspartner.
Saison 1988/89 31. Spieltag: 1. FC Köln – Bayern München 1:3
Das Vorgeplänkel war doch eine tolle Story. Eigentlich herrschte Langeweile in der Bundesliga, die Bayern verloren Matthäus und Brehme an Inter Mailand und zogen dennoch in der Bundesliga einsam Ihre Kreise. Erst am 24. Spieltag setzte es in Mönchengladbach die erste Niederlage, trotzdem blieb man erstmal mit Vorsprung Tabellenführer. Da kam doch der Emporkömmling Christoph Daum gerade recht, der erstmal Sprüche und Beleidigungen Richtung Heynckes abfeuerte, ein Bündel Tausendmarkscheine an die Kabinentür tackerte und sich als Höhepunkt noch mit Hoeneß im Sportstudio öffentlich zoffte. Die Medien hatten wunderbar etwas zu schreiben und ein echtes Meisterschaftsendspiel in Köln am Vatertag 1989. Beim Stand von 1:1 kurz vor Schluss setzte Daum dann alles auf eine Karte, brachte Ralf Sturm für Jürgen Kohler und dessen Gegenspieler Roland Wohlfahrt machte in den letzten 5 Minuten noch zwei Tore für die Bayern. Damit konnte man am nächsten Spieltag den Titel perfekt machen.
Was wäre wohl passiert, wäre Daums Plan aufgegangen? Bei einem 2:1 für Köln hätte der FC die Tabellenführung übernommen. Aber der Vorsprung wäre bei einem Einzigen Tor nur sehr dünn gewesen. Somit hätte es in den letzten 3 Spielen eine Art Wettschießen um die Schale gegeben. Ich hätte die Bayern auch hier vorne gesehen, sie hatten noch 2 Heimspiele gegen Bochum und Uerdingen aus dem gesicherten Niemandsland der Tabelle, sowie ein Auswärtsspiel beim Abstiegskandidaten Nürnberg. Köln musste noch zu den Stuttgarter Kickers, für die es noch um alles ging und nach Mannheim, die in der Rückrundentabelle auf Platz 4 lagen. Zudem waren die Bayern nach wie vor das Team mit der größeren Erfahrung. Aber der Endspurt wäre mit Sicherheit sehr spektakulär geworden.
Nebenbei: Der 1. FC Nürnberg wäre dann aber wohl abgestiegen, denn die konnten den schon feststehenden Meister am 33. Spieltag schlagen und hatten damit 26 Punkte, wie auch Frankfurt und die Kickers…. jedoch das bessere Torverhältnis.
DFB-Pokal-Finale 1991 Werder Bremen-1. FC Köln 5:4 n. E.
Als Effzeh-Fan denkt man natürlich auch mal an die vorerst letzte Chance auf einen bedeutsamen Titel (Hallenpokal zählt nicht) zurück. Ein Spiel zweier Teams auf Augenhöhe, dass auch hätte anders ausgehen können (dürfen). Vor allem, wenn man sich den Weg der beiden Teams danach mal anschaut:
Bremen: Pokalsieger, Europapokalsieger, Meister, Pokalsieger, Vizemeister und vorerst als Herausforderer für Bayern und Dortmund etabliert.
Köln: im nächsten Jahr 4 Trainer, Banach-Tragödie, zum letzten Mal für 25 Jahre in den Uefa Cup, Hässler Millionen weg, Schulden und auf dem Weg zur Fahrstuhlmannschaft.
Köln hätte als Pokalsieger sicherlich nicht die identischen Erfolge wie Bremen gefeiert, dafür die Struktur damals nicht gefestigt genug und das Scouting viel zu schwach, aber man hätte sicherlich den Abwärtstrend verlangsamen, wenn nicht sogar stoppen können. Im Pokalsiegercup war man zu der Zeit als deutscher Teilnehmer eigentlich immer Kandidat auf das Halbfinale.
Saison 1985/86 33. Spieltag: Werder Bremen-Bayern München 0:0
Auch wer noch nicht geboren war, kennt diese Szene: Kutzop schießt in der 88. Minute einen (strittigen) Handelfmeter an den Pfosten und Bremen wird eine Woche später doch noch von Bayern überholt. War das nicht der Präzedenzfall für „Mia san Mia“ und „Unter Druck sind wir am Stärksten“? Bisher hatten die Bayern ihre Titel immer von vorne gewonnen und wurden sogar selbst einmal von Mönchengladbach am letzten Spieltag abgefangen.
Was, wenn der Schuss reingegangen wäre? Leverkusen Meister 2000 und Schalke 2001 weil die Psychospielchen vorher niemanden beeindruckt hätten?
So, ich höre jetzt erstmal auf mit Bayern, Köln und Bremen……
Saison 1995/96 34. Spieltag Bayer Leverkusen – 1. FC Kaiserslautern 1:1
Markus Münch macht den Ausgleich für Leverkusen, Kaiserslautern steigt statt Bayer 04 ab….
Was, wenn er den Abpraller nicht in den Winkel schießt sondern in Richtung Leverkusener Autobahnkreuz? Vermutlich wäre Leverkusen nicht ganz so emotional runtergegangen wie die Pfälzer. Und schon gar nicht wären Sie mit Anlauf wieder hoch gekommen und Meister geworden. Vermutlich wäre Bayern auch 1998 ganz vorne gewesen. Es hätte keine Flasche leer gegeben und keinen Trainer Daum bei Bayer 04? Damit auch keine Haarprobe bzw. vielleicht doch, nur die hätte dann nicht so viel öffentliches Interesse erzielt?
Europapokal 1991/92 1. FC Kaiserslautern- FC Barcelona 3:1
Ich weiß nicht, ob das ein „What If“ wert ist, aber das Spiel wird mir hierzulande viel zu wenig gewürdigt. In meiner Rangliste der besten live gesehenen Europapokalauftritte von deutschen Mannschaften fangen Bayerns 7:2 gegen Tottenham, Dortmunds 4:1 Gegen Real oder auch das Leverkusener 4:4 gegen Benfica an, sich um die Plätze 3 und abwärts zu streiten.
Platz 2: Karlsruhes 7:0 gegen Valencia, aber nicht wegen des Ergebnisses, sondern wegen der Einstellung des KSC über diese 90 Minuten. Falls einer die Übertragung noch hat, achtet mal drauf: Valencia stößt an, eine halbe Sekunde später pfeift der Schiri, weil der Anstoß wiederholt werden muss. Zu dem Zeitpunkt sind bereits gefühlt 9 Karlsruher in der Hälfte der Spanier.
Heißer war nur der FCK gegen Barcelona, als man ein 0:2 aus dem Hinspiel aufholen musste.
„Hexenkessel“ wäre bei dem Spiel, speziell nach dem 1:0 durch Hotic eine krasse Untertreibung gewesen. Das hat sich vollständig auf die Mannschaft übertragen, 90 Minuten wurde Barca komplett hinten rein gedrückt. Was Mkhitaryan 2014 für den BVB gegen Real war, das war Bjarne Goldbeak in dem Spiel für Kaiserslautern. Er hat zwar ein Tor gemacht, doch selbst wenn der 3 Buden gemacht hätte, wäre es immer noch eine miese Großchancenverwertung gewesen. So kam es, wie es kommen musste. Nachspielzeit, langer Ball in den 16er, Kopfball Bakero…aus. Habe nie mehr auch nur ansatzweise nochmal so ein Tor gesehen.
Die eigentliche Bedeutung wurde mir auch erst viel später bewusst. Da wurde im Kicker von einem deutschen Europapokal-Desaster berichtet. Außer Bremen (Sieg) und dem HSV ( 3. Runde)ist kein Team über die zweite Runde hinaus gekommen und das obwohl man dank der Wiedervereinigung 10 Teams (!) ins Rennen schicken konnte. Später im Text kam die Relativierung, dass Barcelona den Landesmeister-Cup gewonnen hat und dem FCK gegen dieses Barca nur eine Minute gefehlt habe. Natürlich kann man das so nicht unbedingt gegenrechnen, aber in der Barca-Gruppe wären die Lauterer sicher nicht ohne Chance gewesen.
P.S. für alle, die es damals verpasst haben:
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