Die finanziellen gesichtspunkte haben immer eine Rolle gespielt und werden es auch in Zukunft. Schau Dir mal die 40er und 50er bis Anfang der 60er Jahre die Boxlandschaft in den USA an. Blinky Palermo und co hatten das Geschäft völlig in der Hand. Man muss sich nur mal "Wie ein wilder Stier" anschauen.
Damals spielte Kohle eine Rolle und wird es auch in Zukunft. Ausserdem zieht sich der Mief über viele Sportarten. Nicht nur das Boxen ist davon betroffen.
Wie stellt Du dir denn eine Reform und Modernisierung des Boxsports konkret vor? Wenn Du die nicht unberechtigte Kritik anbringst, wäre es interessant von Dir in diesem Punkt einen Vorschlag oder eine Idee zu hören.
Die alten Zeiten sind 70 Jahre her und im Prinzip funktioniert der heutige Boxsport noch immer ganz genauso wie vor 70 Jahren. Kämpfe werden immer noch von Managern bestimmt, die in erster Linie aufs Geld schauen und nicht von sportlichen Rahmenbedingungen und Regeln.
Ich kann dir keine Lösungen anbieten. Das ist auch nicht meine Aufgabe. Aber wie andere das hier auch schon geschrieben haben, sind die Probleme offensichtlich und da müsste man dann ansetzen.
Schau dir Vitalis nächsten Gegner an. In einem Sport der nach sportlichen Gesichtspunkten funktioniert, dürfte Vitali diesen Gegner nicht boxen. Völlig unabhängig, ob es sowas vor 70 Jahren auch schon mal gab. Diese veralteten "Regeln" haben den Boxsport doch nun mal in diese Krise geritten und an etwas festzuhalten, nur weil es das immer schon gab, gerade wenn es abwärts geht mit der Popularität, ist sicher nicht der richtige Weg.
Ich kann nicht sagen was genau man ändern sollte. Aber ich kann dir sagen, was ich als Fan sehen möchte, damit ich wieder Spaß am Boxen haben.
- Ich möchte das die besten Boxer gegeneinander kämpfen und das nicht nur alle 2 Jahre.
- Ich möchte die Boxer regelmäßig kämpfen sehen, alle paar Wochen (meinetwegen alle 3 Monaten) und nicht nur 1, 2 mal im Jahr.
- Ich möchte das die besten Boxer von Boxern herausgefordert werden, die sich auf sportlichem Wege und durch Kämpfe untereinander, dafür qualifiziert haben. Regelmäßige Kämpfe, in deutlich kürzeren Abständen und nicht mehr "8 Flaschen und dann einen Guten, um im Ranking zu steigen".
- Ich möchte mehr als nur einen Hauptkampf an einem Abend sehen und ich möchte die direkten Konkurrenten (die dann im nächsten Kampf gegeneinander kämpfen müssen) an einem Abend vergleichen können.
- Ich möchte ein Prämiensystem, das den Kuchen besser verteilt und von dem alle Boxer profitieren. Wenn das Geld gerechter verteilt wird, dann kann man sich auch mal Niederlagen leisten ohne seine Existenz aufs Spiel zu setzen. Dann fällt es auch leichter sich der sportlichen Herausforderung gegen gleichstarke oder bessere Boxer zu stellen.
- Ich möchte eine Rankliste, die ich nachvollziehen kann und die nicht auf "hätte, wäre, wenn" basiert.
- Ich möchte ein Umdenken der Fans. Solche Dinge wie "Turniere", "weniger Runden", "Niederlagen als Teil des Sports" sollten keine Tabus mehr sein, wenn man mehr "Sport" sehen möchte. In anderen Sportarten (nimm dir z.b Tennis) reist man von Turnier zu Turnier, sieht immer wieder die Stärksten Spieler gegeneinander spielen, mal wird gewonnen, mal verloren und alle freuen sich auf das nächste Turnier, wenn es wieder neu losgeht und die Besten sich erneut messen.
Im Boxen gibt es keinen permanenten sportlichen Vergleich untereinander, da trifft man sich einmal und wer verliert, ist raus. Oder bekommt in Monaten oder Jahren evtl. nochmal eine neue Chance. Dabei waren die größten Highlight die Kämpfe, die einen Rückkampf und noch einen dritten Kampf zur Folge hatten. Bowe - Holy zum Beispiel. Sowas gibt es im Boxen aber doch nur, wenn der erste Kampf so geil war, dass ein zweiter viel Kohle verspricht. Hat einer der Boxer im ersten Kampf einen schlechten Tag und verliert klar, ist der für immer raus.
Stell dir mal vor es würde 4 Turniere im Jahr geben und dort träfen Klitschko und Haye 4 mal aufeinander. Mal gewinnt Wlad, mal Haye, je nach Tagesform der Boxer. Da würden vielleicht tolle Kämpfe raus kommen und die Leute würden sich aufs nächste Turnier freuen, so wie sie sich heute auf die Paris Open freuen und hoffen, dass Feder wieder auf Nadal trifft und es zur Revanche kommt. Sowas fehl dem Boxen völlig, dieses permanente Kräftemessen der besten Sportler untereinander.
Dabei ist genau das doch mit das Wichtigste im Sport. Das man einen permanenten Wettkampf der Besten sieht. Das man sich darauf freuen kann, mitfiebern kann und nicht hoffen muss, das die Besten vielleicht nächstes oder übernächste Jahr gegeneinander kämpfen, falls sich keiner verletzt, falls sich die Manager nicht verkrachen, falls keiner der beiden vorher einen schlechten Tag / Kampf hat und verliert.
Ich sag nicht, dass man das alles so machen sollte oder das man damit den Boxsport wirklich wieder zu neuen Höhen führen kann. Aber man sollte wenigstens mal darüber nachdenken, ob man dieses eingestaubte System nicht endlich auffrischt und den Menschen mehr Boxsport und mehr Wettkampf bieten will. Und den Sportlern bessere Rahmenbedingungen bieten will, die den Sport auch für Boxer interessant macht, die nicht das Talent zum Weltmeister haben.