DER VORSTAND INFORMIERT
Liebes Mitglied,
der Vorstand des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. erwartet zeitnah eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle im Eilverfahren zur Abberufung von Herrn Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH. Unabhängig vom Ausgang des Eilverfahrens darf davon ausgegangen werden, dass auch im Hauptsacheverfahren in Celle eine ähnliche Entscheidung getroffen wird. Eine der beiden Parteien wird daher mutmaßlich vor den Bundesgerichtshof ziehen, wobei dort eher keine kurzfristige Entscheidung zu erwarten ist.
Nachfolgend möchten wir noch einmal erläutern, warum die Abberufung von Herrn Martin Kind notwendig war und dem erwarteten Rechtsstreit nicht aus dem Weg gegangen werden konnte:
1. Die Satzung unseres Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. sieht in §15, 3 i.) vor, dass die 50+1-Regelung von DFB und DFL eingehalten werden muss und der darin festgeschriebene Einfluss des Muttervereins auf die ausgegliederte Profifußballsparte nicht durch aktive Handlungen oder Unterlassen geschmälert werden darf.
2. Der Einfluss des Muttervereins ist über das uneingeschränkte Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer der Profifußballgesellschaft theoretisch sichergestellt. Grundlage hierfür ist nicht nur das Verbandsrechts der DFL, sondern es sind vor allem das Unternehmensrecht und der Gesellschaftsvertrag der Hannover 96 Management GmbH. Im Gesellschaftsvertrag steht in §6 Abs. 3 explizit: „Die Geschäftsführer haben […] die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung […] zu beachten.“ Selbst wenn also, wie von Herrn Martin Kind öffentlich behauptet, das Unternehmensrecht höher einzuordnen sei als das Verbandsrecht, so ändert dies nichts an der Tatsache des Weisungsrechtes des Vereinsvorstands, welches in beiden Rechtsbereichen eindeutig hinterlegt ist. Ein Geschäftsführer, der diese Weisungen fortlaufend und wie angekündigt auch zukünftig ignoriert, verstößt somit gegen die Lizenzvorgaben der DFL, den Gesellschaftsvertrag der Hannover 96 Management GmbH und das Unternehmensrecht.
3. Exkurs: Notwendig geworden sind Weisungen erst im Sommer 2021, also mehr als zwei Jahre nach Amtsantritt des in 2019 bestellten Vereinsvorstands, als Herr Martin Kind in einem Alleingang Herrn Robert Schäfer als Geschäftsführer im Profifußball installieren wollte, ohne auch nur einmal vorher mit den Vertretern des Muttervereins darüber gesprochen zu haben. Dies war ein eklatanter Vertrauensbruch, der erste Weisungen notwendig machte, um den Einfluss des Muttervereins bei der Geschäftsführersuche sicherzustellen. Die relevanteste erlassene Weisung besagte, dass jede Neuanstellung einer Person mit einem Jahresgehalt von mehr als 100.000 Euro vom Mutterverein genehmigt werden muss, wobei die Profispieler ausgenommen wurden. Trainer wurden nicht ausgenommen, da es theoretisch auch gelernte Trainer auf dem Markt gibt, die Geschäftsführungsaufgaben übernehmen könnten. Weitere, später notwendige Weisungen betrafen unter anderem das Offenlegen von Wirtschaftskennzahlen, damit die Gesellschafterin der Hannover 96 Management GmbH erfährt, für welche Verbindlichkeiten sie eigentlich haftet, was bis heute nicht bekannt ist. Somit haftet Vereinsvermögen – nichts anderes ist die Hannover 96 Management GmbH – für Verbindlichkeiten des Profifußballs, die sie gar nicht kennt.
4. Der Aufsichtsrat der Hannover 96 Management GmbH ist seit 2004 mit je zwei Vertretern der Kapitalseite und des Muttervereins besetzt. Dies wurde bislang von der DFL als konform mit der 50+1-Regel angesehen, weil über das Weisungsrecht der Mutterverein im Notfall einen unliebsamen Geschäftsführer an die sehr enge Leine nehmen könnte und darüber den notwendigen Einfluss ausüben kann.
5. Die Pattsituation im Aufsichtsrat der Hannover 96 Management GmbH ist - rationales und pflichtgemäßes Handeln aller beteiligten Personen vorausgesetzt - im Übrigen auch die beste Variante vor dem Hintergrund des bei Hannover 96 gelebten Zwei-Säulen-Modells. Die wichtigste Person im Profifußball – dem zentralsten Aushängeschild von Hannover 96 – sollte im Regelfall weder ausschließlich von Vereinsvertretern noch ausschließlich von Kapitalvertretern bestimmt werden. Hannover 96 kann nur Erfolg haben, wenn sich beide Seiten im Rahmen eines Kompromisses einigen.
6. Die Aufsichtsräte der Hannover 96 Management GmbH überwachen gemäß Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung. Sie sind qua Amt gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, nicht gegenüber dem Geschäftsführer. Problematisch wird es, wenn einzelne Aufsichtsräte grundsätzlich nicht gewillt sind, eine Vielzahl von Verstößen der Geschäftsführung gegen den Gesellschaftsvertrag zu ahnden.
7. Der Mutterverein war somit gezwungen, seine einzige Sanktionsmöglichkeit gegen Herrn Martin Kind einzusetzen und ihn aus wichtigem Grunde mit einem punktuell satzungsdurchbrechenden Beschluss als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH abzuberufen.
Wie dargelegt verstößt Herr Martin Kind massiv gegen den Gesellschaftsvertrag der Hannover 96 Management GmbH und die Regularien der DFL. Für den Fall, dass das Oberlandesgericht an der Rechtsprechung des Landgerichts festhält, bedeutet dies bis mindestens zur Klärung vor dem Bundesgerichtshof, dass die 50+1-Regel in Hannover faktisch nicht erfüllt ist, da sich Herr Martin Kind nicht an Weisungen hält und es für den Mutterverein keine Möglichkeit gibt, dies zu sanktionieren. Aus dem Umfeld der DFL wurde gegenüber dem Mutterverein mitgeteilt, dass – sollte es keine Änderungen am Konstrukt geben oder Herr Martin Kind die Weisungen weiterhin nicht erfüllen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Lizenz für die kommende Saison erteilt wird. Auch sind Lizenzauflagen in der laufenden Saison möglich. Es ist somit nicht auszuschließen, dass durch die Missachtung von Verträgen und Gesetzen durch Herrn Martin Kind ab der kommenden Saison kein Profifußball in Hannover mehr stattfinden wird. Einzig allein in seiner Hand liegt es, diese Gefahr zu bannen.
Der Vorstand