Bei Pauli ist das Image als "der andere Verein" aber absoluter Markenkern, das sit der Unterschied. Der Malle-Trip ist an sich kein Problem, sowas machen alle anderen auch. Aber wenn man sich offensiv über Nachhaltigkeit positioniert und definiert, ist das nunmal was anderes. Genauso mit dem Ausrüster "Under armour": den hat der BVB, den hatte Pauli über 5 Jahre. Beim BVB hát das niemanden interessiert, der sucht sich als AG einfach den lukrativsten Partner. Ein Verein aber, der sich selbst als antifaschistisch und links begreift und damit ja auch wirbt, kann eben nicht einfach so einen Ausrüster nehmen, der US-Army Veteranen ausrüstet und ein "Trophy hunter" Programm im Portfolio hat. Pauli hat es trotzdem gemacht. Btw unter der Führung von Rettig.
Das passt eben nicht zusammen. Es ist nicht schlimm, dass Pauli das macht, was alle anderen auch machen. Aber dann sollen sie eben nicht so tun, als wären sie die antikapitalistische Insel für alternative Fanvorstellungen. Denn das sind sie nunmal nicht, weil Marke und Vermarktung nicht zum tatsächlichen Verhalten passen.
Ich weiß nicht, ob ich zum FC St Pauli gegangen wäre ohne die linke Positionierung. War schon zur Zeit wo es Zoff um die Hafenstraße gab und ich da die Nächte vor brennenden Mülltonnen verbracht habe statt zur Schule zu gehen.
Ist mir mittlerweile aber nicht mehr so wichtig und das wird hier auch weder von mir noch von anderen wirklich thematisiert. Ich fühl mich nicht dadurch besser als andere, weil ich auf "der richtigen Seite" wäre.
Kritik ist ja durchaus okay, wenn sie einigermaßen konstruktiv geäußert wird wie Du es hier tust. Aber wenn man als einzige Person im www den Ausdruck "Nachhaltigkeitsclub" für den Fc St Pauli nutzt, sollte man sich vielleicht doch Schwachsinnsvokablen wie "selbsternannt" sparen. Das ist einfach nur das Niveau auf dem sich Fans bei der Mopo in den Kommentaren anpflaumen.
Für mich ist der FC St Pauli in erster Linie ein Fußballverein und ganz sicher keine "antikapitalistische Insel". Aber sicher halt schon anders und mit linker Haltung. Dass Anspruch und tatsächliches Handeln auch Widersprüche aufwirft, ist eigentlich ja immer so, wenn es um linke Gruppierungen oder auch Personen geht. Da haben es die Rechten einfacher. Ewiges ********* zu sein klappt besser als immer das richtige zu tun.
Der Großteil der Werte, die der Verein vermittelt, sind mittlerweile sowieso mainstream. Ich kann nicht erkennen, wo sich St Pauli in seiner Nachhaltigkeitsstrategie groß abhebt von anderen. Vielleicht noch vom HSV, wo man am Text durchaus erkennen kann, dass das Neuland ist, wenn zB auf die Frage, weshalb man nun auf Nachhaltigkeit mache, als erstes Argument kommt, dass die "stakeholder" das so wollten. Damit wird noch nicht einmal der "Schein" aufrecht erhalten. Aber gut, ist halt neu, dass Nachhaltigkeit Teil des Lizensierungsverfahrens ist.
Meine Ansprüche an den Verein sind jedenfalls deutlich geringer, als bei denjenigen, die Kritik äußern, weil es ihnen einfach nur stinkt, dass sich ein Verein anders positioniert. Verkürzt reicht es mir zu wissen, dass es den Verein auseinander reissen würde, wenn man eine "Ökopartnerschaft" mit Shell abschließen würde. Wenn sich "meine Vereine" St Pauli und FC Köln gegen den Investorendeal stellen, nehme ich das mit Wohlwollen zur Kenntnis. Wäre es anders gewesen, wäre ich enttäuscht, aber mehr auch nicht. Fußball ist für mich kein Vehikel mit dem ich die Welt verbessern möchte.
Nochmal kurz zum Fall Biermann:
Ich finde es grundsätzlich sehr schwierig nach einem Suizid nach Schuldigen zu suchen. Gibt sicher auch Ausnahmen, wo erkennbar ist, dass jemand große Schuld auf sich geladen hat.
Hauptkritikpunkt war, wenn ich recht erinnere, dass man Biermann nach Ablauf des Vertrages nur ein Angebot gemacht hatte, was laut diesem unter dem H4-Satz gelegen hätte.
Lohndumping ist grundsätzlich schlecht. Aber was bitte sehr hat das mit dem Jahre später begangenen Suizid zu tun? Ganz realistisch gesehen, hätte man ihm auch 10k im Monat zahlen können. Er hätte das verspielt er war süchtig. Mag sein, dass man Biermann nicht mehr wirklich im Verein wollte, aber wir waren nicht dabei. Wenn er zum Zeitpunkt instabil gewesen wäre, hätte ich ihn auch nicht beschäftigen wollen, wenn er nicht genau das tut, was ich ihm, unter Einbeziehung der Teamärzte, raten würde.
Biermann war einfach eine tragische Person, bei dem das Ende nicht wirklich überraschend kam. Er war beratungsresistent gegenüber Ärzten, hat Therapien abgebrochen und wollte ewig anderen Leuten helfen, die ähnliche Probleme hatten wie er. Mit seinem Buch oder indem er Betroffenen seine Visitenkarte gegeben hat.
Ein Depressiver kann weder sich selbst ohne Unterstützung "heilen" und schon gar nicht andere Depressive. Was er tun kann, ist Unterstützung von Therapeuten annehmen, damit es ihm selbst irgendwann besser geht.
Mir scheint es jedenfalls gesellschaftlicher Konsens, dass man eben nicht nach Schuldigen sucht. Damit tut man dem Toten keinen Gefallen und schon gar nicht denjenigen, die er zurück gelassen hat.