SC Preußen Münster
Rückblick
Keine Ahnung, ob Carsten Schulte schon das nächste Buch zu Preußen Münster plant - es wäre sein Viertes - aber wenn, dann kann das eigentlich nur "Der lange Weg zurück in Liga 2" heißen. Nach zig Millionen Jahren (ok, ganz so lang war es dann doch nicht) gelang Preußen Münster in der vergangenen Saison die Rückkehr in die zweithöchste Spielklasse. Nicht nur das, man schaffte es in Form eines direkten Durchmarsches von der Regionalliga West in die zweite Liga.
Insbesondere nachdem der Start eher suboptimal verlief, war damit nicht zu rechnen. Einem torlosen Auftakt im Heimspiel gegen Dortmund II folgte eine deutliche Niederlage im Derby in Bielefeld. Zwar sollte man am 3. Spieltag den ersten Dreier der Saison einfahren, aber nach zwei weiteren Niederlagen befand man sich nach fünf Spieltagen auf Platz 18 im Tabellenkeller. Danach konnte man sich aber stabilisieren und kam in der Liga an. Gerade zuhause an der Hammer Straße lieferte man gut ab und verlor in der Hinrunde kein Spiel mehr. Das war die Basis für ein relativ entspanntes Weihnachtsfest im Tabellenmittelfeld. 25 Punkte in der ersten Halbserie waren für einen Aufsteiger eine mehr als zufriedenstellende Ausbeute und der Abstand nach unten betrug satte acht Punkte.
Aber ein Blick nach unten sollte in der Saison eh nicht mehr nötig sein. Preußen Münster kam exzellent aus der Winterpause und marschierte durch die Liga wie ein warmes Messer durch die Butter. Die ersten zwölf Spiele der Rückrunde blieb man ungeschlagen - darunter eine sechs Siege hintereinander. Damit war man unverhofft an den Aufstiegsplätzen dran. Daran änderten auch die beiden Niederlagen gegen die direkte Konkurrenz aus Regensburg und Ulm nichts. Regensburg schwächelte abgesehen von dem Sieg in Münster weiter und Preußen blieb weitestgehend stabil. Am letzten Spieltag machte man durch einen 2:0 Sieg den Sack zu und machte die Rückkehr nach 33 Jahren perfekt.
Noch nicht ganz perfekt ist das Stadion, aber man arbeitet daran, ein zweitligataugliches Stadion auf die Beine zu stellen. Bis 2027 soll der angelaufene Umbau abgeschlossen sein und dann sollen etwa 20.000 Fans Platz an der Hammer Straße finden. Die nächsten Jahre wird man aber erstmal weiterhin mit einer Baustelle Vorlieb nehmen müssen.
Kommen und Gehen - Wer ist weg? Wer ist neu?
Mit Maximilian Schulze Niehues verabschiedete sich eine Vereinslegende in den Ruhestand. 307mal stand der Warendorfer für Preußen zwischen den Pfosten und verbrachte abgesehen von einer dreijährigen Zwischenstation in Düsseldorf seine gesamte Karriere dort. Momentan ist der 35jährige der Spieler mit den meisten Einsätzen im Trikot der Münsteraner, allerdings könnte er in der kommenden Saison diesen Titel schon verlieren. Simon Scherder benötigt 17 Spiele, um mit ihm gleichzuziehen. Das wird Schulze Niehues, der auch in seiner letzten Saison ein zuverlässiger Rückhalt war, aber herzlich egal sein, nachdem er sich seinen Traum vom Aufstieg erfüllen konnte.
Bei Dennis Grote endete mit dem Aufstieg ebenfalls die Zeit bei Preußen Münster. Der Routinier verletzte sich im vergangenen Sommer schwer und konnte bis auf drei Kurzeinsätze auf dem Platz nicht zum Erfolg beitragen. Allerdings spielte er mannschaftsintern eine wichtige Rolle und war auch bei jedem Auswärtsspiel dabei. Im fortgeschrittenen Fußballalter wechselt er von einem Verein, wo er schon in der Jugend spielte, zu einem anderen und wird beim VfL Bochum ab sofort Teil der zweiten Mannschaft. Dort soll er mit seiner Erfahrung bei der Ausbildung der Nachwuchskräfte helfen.
Linksfuß Benjamin Böckle kam erst Anfang September per Leihgeschäft von Düsseldorf nach Münster. Dort überzeugte er sofort und war auf der linken Seite Stammkraft. Nach Ablauf der Leihe wechselte er im Sommer für 250.000 Euro in sein Heimatland Österreich, wo er zukünfitg für Rapid Wien auflaufen wird. Gerrit Wegkamp kam zumeist von der Bank, weil vor ihm mit Malik Batmaz und Joel Grodowski zwei sehr treffsichere Stürmer (jeweils 17 Buden) vor ihm standen, aber Wegkamp konnte diese Rolle optimal ausfüllen und in etwas über 1150 Spielminuten zehn Scorerpunkte beisteuern. Zusammen mit Innenverteidiger Alexander Hahn, der auf immerhin zwanzig Einsätze kam, wechselte er ablösefrei zum MSV Duisburg und soll dort den Wiederaufstieg der Meidericher realisieren. Die weiteren Abgänge wie u.a. Dominik Steczyk (Verl) und Shaibou Oubeyapwa (noch vereinslos) spielten eher nur geringe Rollen in der Aufstiegssaison. Wobei Steczyk durch den Siegtreffer in Aue immerhin einen wichtigen Dreier sicherte. Sein Abgang war auch keinesfalls geräuschlos. Via Bild beklagte sich der Stürmer über das "amateurhafte Vorgehen" von Münster, da ihm gesagt wurde, dass man an einer Weiterarbeit interessiert gewesen sei.
Anyway, Blick auf die Nuezugänge. Wober der Erste gar nicht so neu ist. Johannes Schenk war in der vergangenen Saison schon ausgeliehen und wurde nun fest verpflichtet. Der 21jährige Torhüter durchlief die Jugend von Bayern München und vertrat Schulze Niehues insgesamt achtmal. Zusammen mit Morten Behrens (Darmstadt) und Marian Kirsch (BVB II), die in diesem Sommer ablösefrei zu den Preußen wechselten, bildet Schenk das Torwarttrio. Kirsch ist als klare Nummer 3 eingeplant. Behrens und Schenk machen den Stammtorwart unter sich aus.
Bevor man auf der Torwartposition den Kader auf Spur brachte, konzentrierte man sich auf die Position hinten links. Die ersten beiden Neuzugänge können beide dort spielen. Dabei könnten die Unterschiede kaum größer sein. Mikkel Kirkeskov bringt die Erfahrung aus hunderten von Erstligaspielen in Dänemark, Norwegen und Polen mit. Der 32 Jahre alte Däne war zuletzt von Holstein Kiel an Zaglebie Lubin ausgeliehen. Dagegen steht Luca Bolay (SV Waldhof Mannheim) noch am Anfang seiner Karriere. Bolay machte am Ende der letzten Saison seine ersten Spiele in der dritten Liga. Torge Paetow hat es nicht weit. Sein alter Arbeitgeber war der SC Verl, wo der 1,88m große Innenverteidiger Stamm- und Führungsspieler war. Jorrit Hendrix kennt vielleicht der ein oder andere noch aus seiner Zeit bei Fortuna Düsseldorf, wo er in der Saison 2022/23 spielte. Anschließend verschlug es den dreimaligen niederländischen Meister, U17-Europameister und 15fachen CL-Spieler nach Australien. Ab sofort wird er das Mittelfeld von Preußen Münster verstärken. Nicht zuletzt aufgrund der Verletzung von Sebastian Mrowca (Achillessehnenriss) in der Vorbereitung musste man hier auch tätig werden.
Mit Charalambos Makridis (Osnabrück), Joshua Mees (Holstein Kiel) und Etienne Amenyido (FC St. Pauli) hat man gleich drei Neuzugänge für den Angriff geholt. Alle drei können vorne alles spielen, wobei Amenyido mehr im Zentrum zuhause ist, während Makridis und Mees eher die Außenpositionen besetzen. Die letzte Saison lief für das Trio nicht so gut. Sie kamen bei ihren ehemaligen Vereinen häufig nur von der Bank und kamen dabei zusammen auf acht Scorerpunkte. Wichtiger als die Neuen war aber eh die Vertragsverlängerung von Joel Grodowski, der von Paderborn umworben wurde, sich aber für Preußen entschieden hat.
Der Trainer
Sascha Hildmann ist schon seit Neujahr 2020 Trainer bei Preußen Münster und damit der zweitdienstälteste Trainer der Vereinsgeschichte. Nur Richard Schneider in den 1960ern war länger im Amt. Sollte Hildmann die kommende Saison als Coach von Preußen Münster beenden, wäre er der neue Rekordmann. Dabei verlief sein Start gar nicht mal so gut. Angetreten, um den Abstieg in die Regionalliga zu verhindern, scheiterte Hildmann an dieser Aufgabe. Allerdings machte Preußen unter seiner Ägide eine deutlich bessere Figur, so dass er trotz des Abstiegs bleiben konnte. Auch nachdem man zweimal am Wiederaufstieg in die dritte Liga scheiterte (einmal deutlich, einmal denkbar knapp aufgrund des Torverhältnisses), hielt man an ihm fest, was sich - wie man nun sehen konnte - auszahlen sollte. Hildmann ist taktisch durchaus flexibel. Während man in der Hinrunde noch Dreier- bzw. Fünferkette spielte, entpuppte sich der Wechsel zu einem 4-4-2 mit Malik Batmaz und Joel Grodowski als Stürmerduo und einer Doppelsechs als Erfolgsrezept in der Rückrunde.
Ausblick/Prognose
Man verliert zwar mit Schulze Niehues und Grote, der sportlich keine Rolle mehr spielte, zwei Führungsfiguren, aber insgesamt steht das Gerüst der Mannschaft. Schenk hat Schulze Niehues in seinen Einsätzen gut vertreten. Ganz wichtig, dass das erfolgreiche Duo vorne geblieben ist. Auch wenn die letzte Saison jeweils eher enttäuschend war, hat man Makridis, Amenyido und Mees Leute dazu geholt, die ordentliche Zweitligaspieler sind. Mit der Verpflichtung von Jorrit Hendrix ist Preußen Münster sogar ein kleiner Coup auf dem Transfermarkt gelungen. Preußen Münster ist gekommen, um zu bleiben. Der Klassenerhalt gelingt.