Ich glaube, dass es bei den Japanern nicht so sehr um Träume geht, sondern vielmehr um den unbedingten WILLEN, ohne den man nichts erreicht. Es geht um die Philosophie, dass wer nicht den Sieg WILL, auch ein gutes Ergebnis nicht erreicht. Funaki hat, nach seinen Zielen gefragt, stets gesagt, dass er jeden Wettkampf gewinnen will, auch noch in einer Zeit, da er längst nicht mehr die Form dafür hatte.
Es ist sicher auch eine Menge Stolz dabei und wahrscheinlich auch en wenig Trotz, wenn die japanischen Springer ihre Siegabsichten postulieren. Stolz darüber, als Mitglied des Nationalteams ihre Heimat bei dem größten Sportereignis der Welt - denn als das gelten Olympische Spiele in Japan - vertreten zu dürfen. (Als ich in seinem Blog gelesen habe, wie der Takeuchi sich über seine Nominierung gefreut hat, sind mir vor Rührung fast die Tränen gekommen.)
Der Trotz rührt daher, dass sich die japanischen Springer stets mit Bedingungen konfrontiert sehen, die sie benachteiligen. Der gesamte Weltcupzirkus ist so gestaltet, dass er in allererster Linie den Mannschaften Mittel- und Nordeuropas entgegenkommt. Das betrifft die Auswahl der Wettkampforte, vor allem den Ablaufplan und Teile des Regelwerks. Aus japanischer Sicht ist es unbegreiflich, dass von europäischen Springern eine einmalige Reise im Jahr nach Japan und zurück als zu stressig und kraftraubend betrachtet wird. Die Japaner können, weil Skispringen fast ausschließlich in Europa stattfindet, nicht mal eben Springer austauschen, sie können zwischendurch nicht ihre Familien sehen, sie können sich nicht wie gewohnt ernähren (ein nicht unwichtiger Punkt für das Wohlbefinden!) und nicht wie gewohnt schlafen. Dazu kommt - und das haben sie so oft geäußert - dass sie nicht wie andere Teams angefeuert werden. Auch wenn nicht so viele Zuschauer bei den Japan-Springen da sind, sie genießen es, auch einmal in der Saison Unterstützung zu bekommen. Die Mannschaften der europäischen Länder wie auch die Fans mögen sich nur einmal vorstellen, wie es wäre, bis auf ein einziges Wochenende während der Saison ausschließlich in Ostasien oder Nordamerika starten zu müssen.
Was die Regeln angeht, so sind eben im Laufe der Jahre einige Änderungen so erfolgt, dass sie Japaner benachteiligt haben (Zahl der Starter, 57%-Regel, Änderung der Skilänge nach Nagano 98).
Kein Wunder, dass sich der Wille bei ihnen ausprägt, diesen Widrigkeiten zum Trotz andere, die unter besseren Bedingungen ihren Sport betreiben, zu übertrumpfen.
Die Chancen für eine Einzelmedaille oder gar einen Olympiasieg sehe auch ich nicht so rosig, aber in der Mannschaft sind sie immer für eine Überraschung gut, siehe Liberec.
Die WC-Resultate bisher würde ich nicht auf die Goldwaage legen, denn erstens läuft das gesamte Training dieses Jahr auf Vancouver hinaus und zweitens wissen sie, dass, weil sie etliche Springen aus diesem Grunde auslassen, vordere Plätze im WC ohnehin nicht drin sind.