🇯🇵 An die Japanfans


Thun1

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Vielen lieben Dank!!! Ich hab es auch so übersetzt, konnte aber nicht glauben, dass ein Mensch so unsensibel und ehrlich gesagt unverschämt ist.

Ist das immer noch dieser uralte Mann, der schon früher mit sehr merkwürdigen Ansichten aufgefallen ist oder wurde er inzwischen ersetzt?

Wie kann man da jetzt noch mehr Stress reinbringen als ohnehin schon gegeben ist? Habe diese Woche auf 3Sat noch einen Bericht über die Kamikaze-Flieger im 2. Weltkrieg gesehen. Die armen Burschen, die (wohl nicht wirklich alle freiwillig) in den Tod gingen und vor dem Abflug noch ein Schälchen Sake bekamen und dann die Order ja nicht wieder zu kommen. Ätzend. Ich kam nach dem Artikel über Ito und seinem Ausraster nicht umhin, mir Kasai, Ito, Tochimoto, Takeuchi und Okabe bei ihrer Abreise vorzustellen. Schälchen Sake in der Hand und der Spruch, wenn sie nicht mit einer Gold-Plakette wieder kommen, können sie sich auch gleich von der Schanze stürzen.

Kasai hat jetzt 3 Springen gewonnen. Was soll er denn noch machen, um diesen Mann zufrieden zu stellen? Wenn er schon bei einem zweiten Platz nicht mehr schlafen kann, dann ist das doch sehr arg....

Ito war jedesmal knapp dran und ich bin sicher, keiner von den Herren springt da nur aus Lust und Laune. Und wenn man sie in Ruhe lassen würde und sie nicht von einem öffentlichen Termin zu nächsten hetzen würde, dann könnten sie vielleicht noch was an verbessern. Aber nein, mal zur Firma, dann zum Sponsoren, dann zu diversen Interviews oder "wichtigen" Leuten und dann noch Stress durch einen Mann, der jegliches Maß verloren hat. Warum sparte er eigentlich Goldjunge Okabe aus? Dessen Ergebnisse lassen wirklich kaum Hoffnung aufkommen und obwohl ich es ihm von Herzen gegönnt habe, dass er noch nach Vancouver darf, ist die Entscheidung nicht wirklich überzeugend. Er wird sich niemals in der kurzen verbleibenden Zeit soweit verbessern, dass er gute Ergebnisse bringt. Team Japan ist nicht zu beneiden...

Sorry, aber bei so einem Verhalten vergeht mir die gute Laune....
 

yukijorou1

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*grrr* Diesen alten Itô könnt ich echt... :barb:

Artikel von heute

Kasai nach dem heutigen Sringen: "Ich stand heute ziemlich unter Druck wegen Itô. Bei Olympia werde ich wohl ähnlich oder noch mehr angespannt sein, aber ich kann hoffentlich gute/schöne Erfahrungen sammeln" fasst er es Kasai-typisch konstruktiv auf und nutzte den Wettkampf als imaginäres Training.

Das Ergebnis war passabel. Nach dem 1. Dg. mit 130m an der Spitze, im 2. Dg. sogar 136m. Kasai: "Es tut gut, gewonnen zu haben". Auch Präsident Ito ist nach dem gestrigen Tag "erleichtert".

Kasais aktuelle Trainingsaufgabe ist das Timing beim Absprung. Seine Anlaufposition ist nicht stabil, wodurch er beim Absprung immer einen Tick zu spät ist. So auch in den heutigen beiden Durchgängen. Ideal wäre es, noch 50cm eher abzuspringen: "Kraft und Richtung beim Absprung stimmen, wenn jetzt noch das Timing stimmt, kann ich noch weiter springen." [...]

Auch Daiki Itô, der heute seinen 2. Sieg in dieser Saison vor Augen hatte, findet nur selbstkritische Worte. Bei den 129,5m im ersten Durchgang "konnte ich meinen Sprung nicht durchziehen". Über die 135m im 2. Dg. sagt er: "Mit Aufwind komme ich auf Weite. Mein Sprung an sich war nicht gut." In einer Saison, in der er von Erkältungen und Magenentzündung heimgesucht wurde und seine Formkurve auch mal nach unten zeigte, hat er den Gipfel der Erschöpfung erreicht. Bis zu den Olympischen Spielen sind es noch 20 Tage und Itô "möchte [sich] zunächst ausruhen. Auch mental möchte ich mich in aller Ruhe erholen."

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hmmm... ich hoffe mal, Olympia wird wegen dem ganzen Druck kein großer Reinfall... :schaem:

@Thun

Es ist immer noch dieser alte Kna... Mann... :hmpf: Mal sehen ob er in 4 Jahren immer noch da ist.
 

Hakuba

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Ich habe das Gefühl, der alte Herr will sich ein Denkmal setzen und will dafür die Sportler einspannen.

Er scheint den Eindruck gehabt zu haben, dass die Springer sich ihrem Auftrag verweigern. Wer unter solchem, wohl altersbedingten Realitätsverlust leidet, sollte an Rücktritt denken und nicht Sportler, die trotz eines enormen Drucks und eines übertrieben engen Zeitplans gute Leistungen zeigen, in der Öffentlichkeit unsachlich und unhöflich angehen. Was für eine Anmaßung!:evil:
Kasai und Itô hat er sich auch nur als Zielscheibe genommen, weil die gerade greifbar waren. Welch ein Widersinn; die waren doch die besten der fünf. Schon daran sieht man, wie wenig der Ausraster ernst zu nehmen ist.

Zum Glück sehen die Trainer das anders und scheinen wohl die Ruhe zu bewahren.

Mal sehen, was die japanischen Meisterschaften am nächsten WE bringen. Yumoto und Higashi sind ja nicht dabei ...
 

Hakuba

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Der alte Itô war einen Tag später besser gelaunt und ließ verlauten, dass im Falle eines Medaillengewinns er einen der Springer als Fahnenträger für die Abschlussfeier in Vancouver befürworten wolle: "Wenn die Springer eine Medaille holen, werde ich sie empfehlen. Viele von ihnen sähen gut aus und würden gut rüberkommen". Damit gäbe es einen Rivalen der Eiskunstläuferin Asada Mao, die bereits vorgeschlagen wurde. Kasai: "Fahnenträger? Das würde ich gern machen."

http://vancouver2010.nikkansports.com/skijumping/news/p-sp-tp0-20100125-589069.html

Übrigens war mein spontaner Gedanke, dass Itô sich mit "seinen" Sportlern in Vancouver ein Denkmal setzen wolle, wohl gar nicht so falsch; er wird im Juli das Amt abgeben.
 

Thun1

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Stimmt, Deine Vermutung liegt wohl sehr nah an der Wahrheit.... Ich hoffe, sein Nachfolger stammt nicht auch noch aus der Zeit der Shogune und Samurais...

Letzte Woche war auf 3Sat ja jeden Abend was zu Japan und anscheinend tut sich dort auch so langsam etwas. Es wird nicht mehr alles akzeptiert und plötzlich trauen sich Leute auch mal was zu sagen. Beeindruckend fand ich die Frauen die die Firmen verklagt haben, in denen sich ihre Männer zu Tode geschuftet haben. Und dass jetzt (wenn sie Glück haben) sogar positiv vor Gericht entschieden wird. Ich hab mich immer gewundert, warum Japaner anscheinend immer und überall sofort in Tiefschlaf verfallen können, aber wenn man so überarbeitet und keine Möglichkeit zur Regeneration hat, dann ist das wohl normal.

@ You: Könnest Du noch mal.... Ich hab hier ein aktuelles Interview mit Kasai gefunden. Ist (was ich übersetzen kann) sehr interessant.... Danke!!!

http://www.asahi.com/sports/column/TKY201001260215.html
 

Hakuba

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Hier mein Übersetzungsversuch. Ich hoffe, die Aussagen und Nuancen richtig im Deutschen getroffen zu haben.

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1. Teil

Bis zum Olympischen Gold

Sieg beim UHB-Cup im Skispringen am 24. Die Spiele von Vancouver, die für ihn die meisten Olympiateilnahmen eines Japaners in Folge bedeuten, scheinen ihm so viel Selbstvertrauen zu geben, wie nie ein Großereignis zuvor.

(Das Interview führt E. Takeuchi, Journalistin von Asahi TV)

T: Ich habe lange nichts von mir hören lassen. Vor etwa zehn Jahren haben Sie mir einmal ein Interview gegeben.

K: Ist das schon so lange her? Dann haben wir uns lange nicht gesehen.

(Beim Händeschütteln)
T: Sie haben wirklich große Hände. Und warme. Lange Finger, die sich weit öffnen.

K: Eben Affenhände. Neuerdings springe ich mit gespreizten Fingern.

T: Ihre sechsten Olympischen Spiele rücken näher.

K: In den letzten Tagen häufen sich die Verabschiedungsfeiern und somit ist mir plötzlich Olympia ins Bewusstsein gekommen. Und weil ich gut in Form bin, könnte es möglichst bald losgehen.

T: Gibt es einen Unterschied zu früheren Spielen?

K: Den gibt es schon. Seit dem Saisonbeginn läuft es mit den Ergebnissen im WC gut. Ich habe das sichere Gefühl, eine Medaille ins Visier nehmen zu können. Bisher war ich immer mit dem Gefühl reingegangen, es mit den anderen nicht aufnehmen zu können, diesmal aber sind meine Erwartungen hoch.

T: Worauf legen Sie bei der Vorbereitung Wert?

K: Weil ansonsten alles gut läuft, (achte ich darauf) keine Erschöpfung anzusammeln. Es war immer normal für mich, instabil zu werden, wenn ich mich nicht bewege, aber jetzt traue ich mir zu, mich auszuruhen.

T: Sie haben Ihre Haltung (beim Sprung) geändert.

K: Jetzt ist mir der Absprung das wichtigste. Früher hatte ich dabei den Kopf etwas hoch und den Po unten. Wenn man das so macht, greift der Luftwiderstand an, deshalb nahm ich den Kopf runter und den Po nach oben, so dass der Erdboden und der Oberkörper parallel liegen. Und auch den Winkel des Fußgelenks halte ich so, dass die Kraft höchstmöglich übertragen wird und der Schwerpunkt nicht nach vorn oder hinten verrutscht. Dann sind noch die Knie. Die öffne ich jetzt, so dass sich Brust und Knie berühren. Bisher hielt ich die Knie geschlossen. Dabei schloss das Becken mit den Knien und zwischen Brust und Knien war es offen so dass der Luftwiderstand leichter einwirkte. Als ich die kleine Itô Yûki gesehen habe, dachte ich: Das ist es! So konnte ich meine Anlaufgeschwindigkeit um etwa 1km/h erhöhen und stabilisieren. Wenn die ausländischen Springer 90 km/h erreichten, war ich immer etwa 1 km/h langsamer gewesen. Nun komme ich auf die gleiche Geschwindigkeit wie sie.

T: Leicht zuzunehmen, hat das einen Einfluss auf die Sprungweiten?

K: Vor drei Jahren etwa habe ich einmal eine Zeitlang etwas zugenommen. Damals sagte mir ein finnischer Trainer, dass ein Kilo mehr an Gewicht ungefähr zwei Meter an Weite kosten würde. Da habe ich dann vor einem Wettkampf drei Tage lang gefastet und, wie ein Boxer, durch Beschränkung des Essens abgenommen. Jetzt mache ich es so, dass ich mir nach einem Springen am Sonntag abends den Bauch vollschlage. Auch am Montag esse ich. Dadurch entsteht in mir der Wille, mich dann wieder zusammenzureißen, weil ich ja tüchtig gegessen hatte, und ich bekomme wegen des Essens Schuldgefühle. Dienstags esse ich weniger, ab Mittwoch gibts mittags nur eine Suppe und abends nur Gemüse oder so. So wiederholt sich das immer. Um genügend Nahrhaftes zu mir zu nehmen, esse ich viel Obst und achte darauf, gesund zu bleiben. Okabe und Itô Daiki machen das genaue Gegenteil. Weil sie von Natur aus leicht sind, kommen sie ohne Essen nicht aus. Wenn wir zusammen zu Abend essen gehen, und sie vor meinen Augen richtig reinhauen, dann beneide ich sie immer.

T: Übrigens, wann haben Sie Ihren ersten Sprung gemacht?

K: Mit neun Jahren. Ein Freund hatte mich mitgenommen. Zuerst bin ich nur Hänge runtergefahren, aber neben der Piste war eine Sprungschanze. Die hatte ich erst überhaupt nicht beachtet, aber dann meinte der Freund: 'Komm, wir springen mal von der Schanze!' Einmal damit angefangen, reizte es mich. Der Reiz, dem ich nicht entkam, lag darin, mit Freunden zu wetteifern und weiter zu springen als die anderen. Beim Skiwettkampf der Stadt errang ich eine Silbermedaille. An Wettkämpfen teilnehmen, mit Kameraden konkurrieren und gewinnen. Da dachte ich: 'Ich kann Medaillen gewinnen. Das ist aber toll.'

T: Was geht Ihnen während eines Wettkampfs durch den Kopf?

K: Vom Lift aus sehe ich auf die Windpropeller neben der Schanze und denke: 'Ob ich wohl guten Wind bekomme?' Oben am Start schaue ich wieder auf den Wind und denke daran, wie ich das Timing gut anpassen kann. Während des Anlaufs blicke ich auf die Spur und achte auf gutes Gleiten.

T: Und im Moment des Absprungs?

K: Den Blick auf das Tischende gerichtet, gehts nur um den richtigen Punkt für den Absprung. Danach bin ich absolut gelassen und schaue auf die Stelle für die Landung.

T: Wann ist der Moment, an dem Sie merken, dass der Sprung geht?

K: Gleich nach dem Absprung. Wenn der genau getroffen ist und die Skier sich nach oben gerichtet haben, wird es klar.
 
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Hakuba

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2. Teil:

T: 37 Jahre. Hat sich Ihr Körper verändert?

K: Wenn ich trainiere, wie ich es in jüngeren Jahren getan habe, dann nehmen Hüften und Knie Schaden. Vor acht, neun Jahren konnte ich im Schlusssprung Hürden von 1,40 m Überqueren. So hoch kann ich jetzt nicht mehr springen, und auch beim Aufsprung erleiden die Knie einen Stoß. Ich lege mir dabei Matten unter.

T: Welches sind die Sachen, die Sie noch gut machen können?

K: Wir spielen gemeinsam Badminton, Squash, Basketball oder Volleyball, dabei gewinnt niemand gegen mich.

T: War Ihre Physis vor acht, neun Jahren auf dem Höhepunkt?

K: Mhm. Beim Krafttraining machen wir Kniebeugen mit Hanteln. Damals schaffte ich 200 Kilogramm. Beim Seilspringen beherrschte ich einen Viererdurchschlag. Heute kann ich das alles noch zu etwa 80 Prozent.

T: Dennoch, Sie haben derzeit ein gutes Gefühl.

K: Ich erhalte mir meine Kraft. Früher hatte ich zuviel Power, ich konnte meine Kräfte nicht in die Sprünge umsetzen. Es passte nicht zusammen, so dass ich sogar einmal absichtlich Muskelkraft abbaute. Danach verbesserten sich meine Resultate. Damals hatte ich das stolze Gefühl, im physischen Bereich die Nummer eins in der Welt zu sein.

T: Warum machen Sie noch immer weiter?

K: Ich mag nicht verlieren. Bei Olympia noch keine Goldmedaille gewonnen zu haben, ist meine stärkste Motivation. Beim WC gibt es jährlich 30 Springen, wenn man in Form ist, hat man die Chance zu einem Sieg. Zusammengenommen habe ich 15 Siege, aber es gab Wettkämpfe, die ich hätte gewinnen können, aber nicht gewonnen habe. Und wenn diese einmal in vier Jahren kommen, dann muss ich diese ins Visier nehmen und mich in Form bringen. Daneben gibt es dann die äußeren Bedingungen wie Wind etc. Dazu kommt die Ungeduld, an den besten Springern der Welt dran bleiben zu müssen. Mir ist klar, dass der Gewinn einer olympischen Goldmedaille etwas wirklich Schwieriges ist, aber weil ich dieses Mal so gut in Fahrt bin, habe ich hohe Erwartungen.

T: Sie greifen auf die Vergangenheit zurück.

K: Meine ersten Spiele waren die von Albertville 1992, als ich zum V-Stil gewechselt war, aber ihn mir noch nicht richtig angeeignet hatte. Für Lillehammer 1994 war ich gut in Form und nahm mit der Absicht zu siegen an allen Wettkämpfen teil, aber am Ende fühlte ich mich bei den Spielen selbst müde und die Vorbereitung gelang nicht gut. Und Nagano 98 die Verletzung ... Das sind meine Erfahrungen, aber diesmal ist alles auf einem guten Weg.

T: Ihre Tränen der Enttäuschung in Nagano (nicht Teil der siegreichen Mannschaft zu sein) können Sie nicht vergessen?

K: Ich habe das Gefühl, dass mich das bis heute verfolgt. Ich glaube, die seelische Wunde, die ich damals erlitten habe, wird nur durch den Gewinn einer olympischen Medaille geheilt werden.

T: Gibt es Schwachstellen bei Ihnen?

K: Dass ich innerlich angespannt bin. Das ist so schlimm, dass ich auf dem Startbalken meinen Puls höre. Es gibt Methoden, zur Ruhe zu kommen, aber manchmal hilft das nichts.

T: Methoden, sich zu beruhigen?

K: Sind geheim. Ha, ha, ha. Man macht etwas, aber das ist von außen nicht zu sehen.

T: Und Sie verraten das nicht?

K: Wenn Olympia vorbei ist. Ha, ha, ha. Wenn ich nicht in Form bin und ein Großereignis näherrückt und dann meine Form ansteigt, gerate ich in gewaltige Anspannung. Und wenn der erste Sprung misslungen, aber noch eine gute Plazierung möglich ist, dann verliere ich diese Angespanntheit völlig. Und in dieser Situation geht dann im Moment des Absprung alles daneben. Das ist mir zweimal passiert. Letztes Jahr im März bei der Weltmeisterschaft in Liberec auf der Normalschanze und bei den Olympischen Spielen in Turin 2006 auf der Normalschanze. Immer war es gleich. Weil es also nicht funktioniert, wenn ich zu wenig Anspannung spüre, will ich Vancouver in einem angemessenen Stressgefühl entgegengehen. Wie dem auch sei, diesmal geht meine Formkurve stetig nach oben. Beim Weltcup letzte Woche hatte ich auch Patzer, aber es war eine gute Erfahrung. Bei den nationalen Wettkämpfen konnte ich gewinnen, ich bin also auf einer Siegschiene, diesmal wird alles klappen!

T: Darf man eine Goldmedaille erwarten?

K: Ja!
---------
Nachsatz
Mit der Erfahrung von fünf Olympischen Spielen, kennt er mehr als andere Furcht, Schwierigkeit und Bitterkeit. Seine Augen jedoch, wenn er in freudiger Erregung über Vancouver spricht, strahlen und leuchten wie die eines Kindes, das gerade den Spaß am Skispringen entdeckt hat. Der schelmenhafte Blick, als er sein Gesicht durch die einen Spalt geöffnete Tür unseres Interviewraums steckt. Mit seiner Art, jungenhaft und an allem Spaß habend, scheint er uns anzudeuten,wieso er so lange in der Welt mitkämpfen kann.
 
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yukijorou1

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Mist... You war schneller ;) aber ich werfe meine ÜS trotzdem mal in den Raum :)


Asahi: Lange nicht gesehen! Ich durfte Sie schon vor ca. 10 Jahren interviewen.
Kasai: Oh, ist es schon so langer her? (Händeschütteln)
Asahi: Sie haben ja große Hände, und so warm! Die Finger sind so lang und die ganze Hand öffnet sich.
Kasai: Das sind Affenhände. In letzter Zeit springe ich immer mit geöffneten Händen.
Asahi: Ihre 6. olympischen Spiele rücken näher.
Kasai: In letzter Zeit gibt es viele Veranstaltungen und plötzlich wurde das Gefühl „es ist Olympia“ immer stärker. Ich bin gut in Form und kann kaum erwarten, dass es los geht.
Asahi: Gibt es einen Unterschied zu den bisherigen Spielen?
Kasai: Ja. Seit Saisonbeginn ist es bei mir gut gelaufen und ich hatte im Weltcup gute Ergebnisse. Ich habe das starke Gefühl, eine Medaille gewinnen zu können. Bis jetzt hatte ich immer das Gefühl, nicht mit den anderen mithalten zu können, aber dieses Mal habe ich wirklich ein erwartungsvolles Gefühl.
Asahi: Worauf legen Sie bei der Vorbereitung besonderen Wert?
Kasai: Ich komme gerade gut in Form, da versuche ich, mich immer genug auszuruhen. Normalerweise wenn ich nicht trainiere, werde ich unsicher, aber im Moment habe ich den Mut, mich einfach auszuruhen.

• Gleichstand mit ausländischen Sportlern

Asahi: Sie haben an Ihrer Anfahrtsposition gearbeitet, nicht wahr?
Kasai: Im Moment ist das Wichtigste für mich die Anfahrt[shocke]. Früher war mein Kopf immer etwas höher und mein Hintern etwas tiefer. Dadurch war der Luftwiderstand höher, also habe ich den Kopf nach unten und den Hintern nach oben genommen, sodass mein Oberkörper und die Anlaufspur parallel sind. Auch den Winkel meines Fußgelenks stelle ich so an, dass mein Schwerpunkt weder zu weit vorn noch zu weit hinten liegt, sodass ich meine Kraft [beim Absprung voll aus]nutzen kann. Dann sind da noch die Knie. Jetzt öffne ich die Knie, sodass ich sie mit der Brust berühren kann. Bisher waren sie eher geschlossen. Wenn sie geschlossen sind, dann ist das Becken geschlossen und Knie und Brust können sich nicht berühren, also wird leicht ein Luftwiderstand aufgebaut. Als ich die junge Itô (Skispringerin der Shimokawa Mittelschule) springen sah, dachte ich „Das ist es!“ Danach war ich im Anlauf ca. 1km/h schneller. Zuvor hatten die ausländischen Springer immer so um die 90km/h und ich bin 11km/h hinterher gefahren. Jetzt hat sich die Geschwindigkeit ungefähr angeglichen.
Asahi: Sie nehmen leicht zu. Hat das Einfluss auf Ihre Weite?
Kasai: Vor ca. 3 Jahren gab es eine Zeit, als ich an Gewicht zugenommen habe. Damals wurde mir von meinem finnischen Trainer gesagt, dass jedes Kilo mehr ca. 2 Meter Verlust bedeuten würde. Damals habe ich vor jedem Wettkampf 3 Tage lang gefastet und bin wie ein Boxer auf Mittelgewicht abgemagert. Jetzt esse ich sonntagabends nach dem Wettkampf wie ein Bekloppter. Montags esse ich auch. Und dann befällt mich dieses Schuldgefühl, dass ich mich so vollgestopft habe und ich nehme mir vor, ab morgen besser durchzuhalten [= weniger zu essen]. Ab Dienstags esse ich weniger, ab Mittwoch gibt es zu Mittag nur noch Suppe und abends etwas Gemüse oder so. Und das wiederholt sich immer wieder. Um mich nahrhaft zu ernähren, esse ich viel Obst, sodass mein Körper keinen Schaden nimmt. Okabe und Itô sind das genaue Gegenteil von mir. Sie sind seit jeher Leichtgewichte, also geht es einfach nicht, dass sie nichts essen. Deswegen denke ich mir immer, wenn wir zusammen essen und sie vor meinen Augen das Essen in sich reinschaufeln „Mann, die haben es gut.“
Asahi: Wann haben Sie eigentlich Ihren ersten Sprung gemacht?
Kasai: Mit 9 Jahren. Ein Freund hat mich gefragt. Am Anfang habe ich Abfahrt gemacht, aber gleich neben dem Abfahrtsgelände stand eine Skisprungschanze. Erst habe ich sie gar nicht beachtet, aber mein Freund sagte „Lass uns doch mal springen.“ Es hat viel Spaß gemacht. Mit meinem Freund zu wetteifern – wer weiter springt – ich wurde süchtig danach. Bei der Stadtmeisterschaft gewann ich Silber. Beim Wettkampf wetteiferte ich mit meinem Freund und dachte mir „Ich habe eine Medaille gewonnen, das ist ja lustig.“
Asahi: Woran denken Sie während eines Wettkampfes?
Kasai: Im Lift nach oben beobachte ich die Windfähnchen und denke mir „ob ich wohl guten Wind haben werde?“ Auch am Ablauf beobachte ich den Wind und versuche ein gutes Timing hinzubekommen. In der Anlaufspur schaue ich zwischen die beiden Spuren und denke „hoffentlich laufen meine Ski gut.“
Asahi: Und beim Absprung?
Kasai: Wenn ich die Kante sehe, denke ich nur noch „jetzt!“ Während dem Sprung ist mein Kopf leer. Ich schaue auf den Punkt wo ich lande.
Asahi: Und wann merken Sie, dass es gut läuft?
Kasai: Kurz nach dem Absprung, wenn das Timing stimmt und die Ski mir entgegen kommen, dann merke ich es.
Asahi: 37 Jahre. Hat sich Ihr Körper verändert?
Kasai: Wenn ich jetzt trainieren würde wie früher, würde ich mir Hüfte und Knie kaputt machen. Vor 8, 9 Jahren konnte ich mit beiden Beinen noch Hürden mit 1,40m Höhe überspringen. Das kann ich heute nicht mehr. Außerdem lande ich jetzt auf einer Matte, da sonst bei der Landung die Knie ziemlich gestaucht werden.
Asahi: Und was denken Sie, können Sie weiterhin machen?
Kasai: Mit den anderen zusammen Badminton, Squash, Basketball oder Volleyball spielen, denn da gewinnt keiner gegen mich.
Asahi: Ihre körperliche Form / Ihr Körper hatte vor 8, 9 Jahren die beste Zeit?
Kasai: Ja. Damals konnte ich beim Krafttraining noch mit einer 200kg Hantel in die Kniebeuge gehen. Beim Seilhüpfen konnte ich 4x soviel springen. Jetzt bin ich bei ca. 80%.
Asahi: Wie kommt es, dass Sie immer noch so selbstsicher sind?
Kasai: Weil ich jetzt mit meiner Kraft besser umgehen kann. Früher hatte ich zu viel Power, sodass ich meine Kraft im Sprung nicht rüberbringen konnte. Es hat nicht gepasst, manchmal habe ich sogar extra Muskelkraft verloren. Dann wurde meine Leistung besser. Damals hatte ich das Selbstvertrauen, körperlich/physikalisch der Beste zu sein.
Asahi: Warum, glauben Sie, können Sie immer noch mitmischen?
Kasai: Ich hasse es zu verlieren. Meine größte Motivation ist es, dass ich bei Olympischen Spielen bisher noch keine Medaille erringen konnte. Im Jahr gibt es ca. 30 Weltcup Springen und wenn man in Form ist, hat man eine gute Chance dort zu gewinnen. Ich habe insgesamt 15 Siege errungen, aber in allen anderen zu gewinnenden Wettkämpfen habe ich noch nicht gewonnen. Dazu muss man einmal in 4 Jahren seine Form gezielt auf den Punkt bringen. Und dann gibt es noch Windbedingungen usw. Ich bin auch ungeduldig und möchte die Weltbesten Athleten überholen. Ich glaube, es ist wirklich schwierig, bei den olympischen Spielen eine Goldmedaille zu erringen, aber da ich immer besser in Form komme, ist meine Erwartungshaltung groß.
Asahi: Die Vergangenheit lebt wieder auf.
Kasai: Bei meinen ersten Spielen 1992 in Albertville kam der V-Stil zum ersten Mal zum Einsatz. Das war damals noch nicht so mein Ding. 1994 in Lillehammer war ich in guter Form und „wollte gewinnen“, also nahm ich an allen Wettkämpfen teil und war letztendlich zu den Spielen so erschöpft, dass ich mich nicht richtig vorbereiten konnte. 1998 war ich verletzt… Mit diesen Erfahrungen kann ich sagen, dass es jetzt gerade richtig gut aussieht.

• Tränen in Nagano

Asahi: Können Sie die Tränen der Trauer, als Sie in Nagano nicht im Gold-Team waren nicht vergessen?
Kasai: Ich glaube, das hat mich bis hierher gebracht. Die Wunde, die sich damals in mein Herz gebrannt hat, keine olympische Medaille bekommen zu haben, die lässt mich nicht aufhören.
Asahi: Ihr Schwachpunkt?
Kasai: Meine Anspannung. So stark, dass ich auf dem Turm meinen Herzschlag hören kann. Ich habe zwar eine Methode, um mich zu beruhigen, aber manchmal hilft mir nicht mal das.
Asahi: Methode zur Beruhigung?
Kasai: Das ist mein Geheimnis. Hahaha. Ich tue etwas, aber von außen betrachtet würde man es vielleicht nicht verstehen.
Asahi: Wollen Sie es uns nicht verraten?
Kasai: Nach den Olympischen Spielen. Hahaha. Wenn ein Wettkampf näher rückt, während ich nicht in Form bin, meine Form dann aber besser wird, werde ich verdammt nervös. Wenn ich dann den ersten Sprung in den Sand setze, ist die Spannung beim 2. Sprung komplett weg, wenn ich in einer Position bin, wo ich mich wieder nach vorne orientieren kann. Aber dann wird mein Absprung zum Supergau. Das ist mir 2x passiert. Letztes Jahr bei der WM in Liberec auf der Normalschanze und 2006 in Turin auf der Normalschanze. Es waren die gleichen Umstände. Deswegen ist es auch nicht gut, wenn ich gar nicht angespannt bin. Also möchte ich in Vancouver genau das richtige Maß an Spannung aufbauen. Aber diesmal war ich immer in guter Form. Letztes Wochenende beim WC gab es eine Niederlage, aber das war eine gute Erfahrung. Ich habe bei einem nationalen Springen gewonnen und mir angewöhnt, zu siegen, also ist diesmal alles ok!
Asahi: Darf man eine Goldmedaille von Ihnen erwarten?
Kasai: Ja!

• Wettkampunterstützende Neckerei

(Nachwort) Bei den vergangenen 5 Teilnahmen an olympischen Spielen hat er wie kein anderer Angst und Schwierigkeiten, sowie Traurigkeit erfahren. Aber wenn er über seine Aufregung von über die Spiele in Vancouver spricht, glänzen seine Augen wie die des Kindes, welches gerade erst den Spaß des Skispringens kennenlernt. Als er den Raum betrat, öffnete er erst die Tür einen Spalt und steckte schelmisch den Kopf herein. Ich glaube, der Grund warum er so lange an der Weltspitze mitmischen konnte ist der, dass er wie ein großer Junge ist, der alles genießt.
 
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Hakuba

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Wir sollten einen Übersetzerworkshop für Skisprungtexte aufmachen!:)

P.S.: Dem Kasai müssten inzwischen die Ohren klingen.
 

Mario

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Ich mag Kasai wirklich, aber als Ziel eine Goldmedaille, ich weiß ja nicht ^^
 

Mario

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Es ist ganz einfach: Er KANN kein anderes Ziel haben. Für sich selbst nicht und auch nicht nach außen. Sollte er sagen: "Ich will fünfter werden"?

Enormer Druckaufbau, Ganz Japan erwartet von ihm Gold. Naja wenn´s nicht klappt dann halt 2014 in Sotchi ;).
 

Hakuba

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Enormer Druckaufbau, Ganz Japan erwartet von ihm Gold. Naja wenn´s nicht klappt dann halt 2014 in Sotchi ;).

Klar, der Druck ist eine Gefahr. Aber irgendwie scheint er es zu genießen, im Mittelpunkt des Interesses der Fans und Medien am Skispringen zu stehen. Da muss er den Druck in Kauf nehmen.

Ab 5. Februar wird die Mannschaft dann abseits vom "Zugriff" der Medien in SLC trainieren und hoffentlich etwas Ruhe tanken können.
 

yukijorou1

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Wie wärs mit: "Mein Bestes geben und einen guten Wettkampf springen?"

Wenn er dieses Ziel hätte, dann würde ihm vermutlich der Ehrgeiz fehlen, um in seinem Alter überhaupt noch dabei zu sein ;) Er sagt ja selbst, dass seine größte Motivation die ist, dass er noch keine Goldmedaille hat, was also bedeutet, dass er diese noch holen will...
 

Hakuba

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Aber der hat bereits eine olympische Goldmedaille!

(Außerdem fühlt er sich noch nicht so gut in Form.)
 

Thun1

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Danke You! Was würden wir ohne Dich machen!!!

Ich hab ich am Anfang auch schwer getan mit Noris Aussagen und gedacht "Ist der unrealistisch". Aber im Laufe der Jahre hab ich festgestellt, dass solche Aussagen nicht so ganz mit Aussagen verglichen werden können die sagen wir mal ein deutscher Springer von sich gibt. Auf einer Seite sagt man, sie legen sich nie fest und vermeiden direkte Aussagen, andererseits wenn sie was sagen, dann kommt es für unsere Ohren krass und teilweise arrogant rüber.

Kasai ist aber trotzdem ein Extremfall. Ich kann ja nachvollziehen, wenn ein Sportler sein selbst gestecktes Ziel nicht erreicht und dann enttäuscht ist. Aber die Sache mit Nagano scheint bei ihm ja wirklich ein regelrechtes Trauma hinterlassen zu haben. Das ist so lange her und scheint immer noch sein ganzes Denken zu beeinflussen. Egal was er gewonnen hat, egal wie lange er dabei ist, egal dass er (wie man oft lesen kann) der beliebteste Springer aus Japan hier in Europa ist, für ihn zählt nur das Versagen vor etlichen Jahren.

Ivan Lendl hat nie Wimbledon gewonnen und ich denke, gerade das wollte er genau so extrem wie Nori die Goldplakette. Aber Lendl hat über das verpaßte Ziel nicht seine ganzen Siege vergessen und was er alles erreicht hat. Nori scheint alles nur an seinem Pech bei Olympia festzumachen.

Eine Goldene im Einzelspringen mag schwer werden, aber völlig unrealistisch finde ich das nicht. In diversen Springen hat er in den letzten Wochen gezeigt, dass er (bei gleichen Bedingungen) durchaus siegen kann und selbst mit Schlierenzauer und Ammann mithalten kann. Sollte der Windgott just an dem Tag dann wirklich EINMAL auf seiner Seite sein, kann er gewinnen! Im Team halte ich eine Medaille für kaum machbar. Es fehlt einfach der vierte Springer. Kasai, Ito und Tochimoto trau ich gute Sprünge zu, aber Takeuchi und Okabe zur Zeit leider nicht. Aber man kann ja hoffen und Daumendrücken.... :up:
 

Bertro

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Ich denke, bei Aufwind kann Okabe auch eine gute Figur abgeben. Bei Rückenwind würde ich da als Trainer eher auf Takeuchi setzen, da er zwar sehr durchschnittlich springt, aber zumindest nicht wie potentiell Okabe auf dem Vorbau landet.
 
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