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Jan Rokita
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Jan Maria Władysław Rokita (* 18. Juli 1959 in Krakau, Polen) ist ein konservativer polnischer Politiker und Fraktionsvorsitzender der zurzeit stärksten Oppositionspartei "Bürgerplattform" (Platforma Obywatelska) im polnischen Parlament (Sejm).
Rokita studierte Rechtswissenschaft an der Universität Krakau und war als Student in anti-kommunistischen Kreisen aktiv; u.a. war er Chef der Solidarność-Gruppe an der Universität Krakau. Bei den ersten halbfreien Wahlen 1989 wurde er für das der Solidarność nahestehende "Bürgerkomitee" (Komitet Obywatelski) als einer der jüngsten Abgeordneten in den Sejm gewählt und stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Er war außerdem Vorsitzender des Sejm-Ausschusses für die Aktenbestände des polnischen Stasi-Gegenstücks (Służba Bezpieczeństwa).
Als sich die Solidarność-Bewegung in verschiedene Strömungen zu spalten begann, schloss Rokita sich 1991 zunächst der liberalen "Demokratischen Union" (Unia Demokraticzna) um Premierminister Tadeusz Mazowiecki an, in der er dem konservativen Flügel angehörte. Unter Premierministerin Hanna Suchocka (1992-1993) war Rokita Chef des Amtes des Ministerrates (Urząd Rady Ministrów) - eine Funktion, die in etwa dem des deutschen Kanzleramtsministers entspricht. Als solcher hatte er großen informellen Einfluss auf die Regierungspolitik, sodass er auch als "heimlicher Premier" bezeichnet wurde.
Nachdem die UD 1994 in der Nachfolgepartei "Freiheitsunion" (Unia Wolności) aufgegangen war, gehörte er dieser zunächst weiterhin an, profilierte sich jedoch innerhalb dieser stark von liberalen Intellektuellen geprägten Partei als Vertreter des konservativen Flügels. Insbesondere sprach er sich gegen die Präsidentschaftkandidatur des linksliberalen Jacek Kuroń für die Freiheitsunion aus.
Zum endgültigen Bruch mit der Freiheitsunion kam es jedoch erst 1997. Rokita trat dann der Konservativen Volkspartei (Stronnictwo Konserwatywno-Ludowe/SKL) bei, die im selben Jahr als Teil des konservativen Parteienbündnisses AWS ("Wahlaktion Solidarność) die Sejm-Wahlen gewann. 2000 wurde Rokita Vorsitzender der SKL, die jedoch 2001 in der Anfang dieses Jahres vom konservativeren Teil der liberalen Freiheitsunion und vom liberaleren Teil der konservativen AWS gegründeten neuen bürgerlichen Partei PO aufging. 2001 zog Rokita als PO-Abgeordneter erneut in den Sejm ein. 2002 unterlag er knapp bei der Wahl zum Krakauer Oberbürgermeister.
2003/2004 erfuhr Rokita einen großen Popularitätsschub durch seine Rolle im Untersuchungsausschuss zu Rywin-Affäre, in dem er sich durch seinen aggressiven Befragungsstil als eine Art Volkstribun profilierte und innerhalb kurzer Zeit zum bekanntesten Politiker der PO aufstieg, deren Umfragewerte sich gleichzeitig stark verbesserten.
Als Führer der stärksten Oppositionsfraktion im Sejm prägte Rokita auch das populistische Schlagwort "Nizza oder der Tod". Damit provozierte er eine entsprechende Stimmung in der Bevölkerung, und die SLD-geführte Regierung bei den Verhandlungen über die Stimmengewichtung innerhalb der Europäischen Verfassung zu einem (letztlich gescheiterten) kompromisslosem Festhalten an der Stimmengewichtung des Vertrags von Nizza, der Polen eine überproportionale Machtposition in der EU gewährt hatte.
Derzeit gilt Rokita als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Premierministers nach einem erwarteten Wahlsieg der Opposition 2005. Er spricht sich für eine Koalition der PO mit der rechtskonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (Prawo i Sprawiedliwość/PiS) aus.
Rokita, der bis vor kurzem öffentlich die beiden Vornamen "Jan Maria" führte, nennt sich inzwischen nur noch "Jan Rokita" - angeblich, um sein neues Image als Hardliner nicht durch den weiblichen Namen "Maria" zu gefährden.
Rokita ist in zweiter Ehe mit der (Russland-)Deutschen Nelli Rokita-Arnold verheiratet, die 1977 aus Kasachstan in die BRD ausreiste und derzeit Vorsitzende der polnischen Sektion der "Europäischen Frauenunion" ist.