Mit Djokovic, aber ohne das Theater im Vorfeld, hätte ich diesen schon als den Top Favoriten gesehen. Am echten GS ist er ja nur knapp gescheitert, dieser immense Druck im Finale war neben dem wie entfesselt aufspielenden Medvedev dann doch zu viel. Aber wir alle wissen ja, Niederlagen machen Djokovic nur noch stärker! Und best-of-5 auf Hartplatz ist er eben kaum zu schlagen. Aber nach all dem, was die letzten Tage passiert ist ... das kann körperlich und mental nicht spurlos an Djokovic vorbeigehen. Wenn er denn teilnehmen darf und die 1. Woche schadlos übersteht, dann könnte man ihn wieder als DEN Spieler sehen, den es zu schlagen gilt. Aber aktuell habe ich da große Zweifel, weil er die letzten Tage zu viele andere Dinge im Kopf gehabt haben wird ...
Danach auf einer Stufe sehe ich Medvedev und Zverev. Erstgenannter ist bereits GS Champion, Hartplatz ist sein mit Abstand bester Belag und die Form stimmt seit Monaten. Was gegen ihn spricht: Die Pause zwischen 2021 und 2022 war denkbar kurz, er hat nach den Finals noch DC gespielt und war auch beim ATP Cup schon wieder dabei. Mental runterkommen kann da gar nicht viel gewesen sein. Und auch körperlich wird er nur ein paar Tage mal gar nichts gemacht haben, um nicht wieder neu aufbauen zu müssen. Ob der Akku bei 100% ist, da habe ich durchaus Zweifel. Besser hat es da Zverev gemacht, der den DC ausgelassen hat und so wenigstens 2 Wochen mal nichts mit Tennis am Hut hatte. Spielerisch ist variabler als Medvedev, hat auch noch mehr Power. Aber der große Sieg auf GS Ebene fehlt halt. Man kann von der Statistik ja halten, was man will, aber die 0!! Top 10 Siege haben schon ihre Aussagekraft. Nach seinem 2 Titel bei den Finals, mit Siegen über Djokovic und Medvedev, da kann man schon erwarten, dass auch auf Major Ebene die letzte Blockade fällt.
Hinter den beiden kommt dann eigentlich erstmal länger nichts. Vor ein paar Monaten hätte ich Tsitsipas genannt, der mMn spielerisch mit Abstand beste Spieler dieser Generation. Aber seit dem Finale in Paris ging nicht mehr viel, dazu körperliche Probleme zuletzt. Ob er schon in Melbourne in Top Form ist, dahinter sind große Fragezeichen. Der nächste Name wäre dann Nadal. Lange Pause, dann direkt ein Titel beim Vorbereitungsturnier, auch wenn dieses ziemlich unspektakulär besetzt war. Im Worstcase würde er ab Runde 2 auf jüngere Spieler treffen, die allesamt verdammt hart schlagen können und auch gut servieren. Auf Sand würde ich ihm das ohne Zweifel zutrauen, auch mit Mitte 30, aber auf Hartplatz?! Spätestens im VF sehe ich eine 3 oder 4 Satz Niederlage gegen Zverev.
Und das war es eigentlich mit den Favoriten ....
Beinahe wäre ich geneigt, nun schon den jungen Alcaraz zu nennen. Im Vergleich zu Nadal ist er in dem jungen Alter schon extrem stark auf Hartplatz, die Power eines austrainierten Top Spielers ist längst vorhanden. Und mental hat er das gewisse Extra. Respekt, aber keine Angst vor großen Namen. Verletzt er sich nicht, steht er Ende des Jahres in den Top 10. Klar ist ein Major Titel noch zu hoch gegriffen, gerade auch mit seiner Weltranglistenposition kann er zu früh auf Topspieler treffen. Aber er ist mit 18 weiter als manch anderer mit 22 oder älter ...
z.B. die beiden Kanadier. Shapovalov hat zwar auch eine unfassbare Power, ist aber viel zu unkonstant. Und FAA, der noch nicht mal ein 250er gewinnen konnte, der ist von einem GS Titel noch weit entfernt. 2019 hat man gedacht, er geht unaufhaltsam seinen Weg, aber da ist doch seitdem etwas Sand im Getriebe ...
Rublev, immerhin die Nr. 5 der Welt, ist mMn noch kein GS Titel Anwärter. Noch kein Satzgewinn in einem GS VF, dazu stimmte in den letzten Monaten die Form überhaupt nicht. Und sein Tennis ist mir einfach viel zu simpel. Platt gesagt reicht es nicht, nur mit aller Kraft auf Bälle zu dreschen. Null Variation, wenn er mal keinen Sahnetag erwischt, ist er gegen starke Gegner auf verlorenem Posten. Weil eben Plan B völlig inexistent ist.
Berrettini ist eine ähnliche Kategorie. Völlig überbewertet. Dass er in WIM im Finale stand, spricht nicht gerade für die Stärke der aktuellen Weltspitze. Sein Spiel lebt vom Aufschlag, die RH ist eine Katastrophe für einen Top 10 Spieler. Gegen jemanden wie Djokovic, Zverev oder Medvedev kann er auf GS Ebene (noch) nicht gewinnen.
Dafür müssten sich die Gegner Nadals aber wohl reihenweise die Beine brechen oder covidbedingt in einem australischen Corona Gulag landen.
