Dann wollen wir Mal. Hier mein umfassender Jahresblick.
Boxer des Jahres:
Dimitrii Bivol
Bivol hat mit dem Canelo-Punktsieg vielleicht den besten Sieg aller Boxer eingefahren. Zudem dann noch Gilberto Ramirez bezungen, das war sein Jahr. Naoya Inoue und Kenshiro Teraji hatten natürlich auch ein überragendes Jahr. Insbesondere Teraji finde ich extrem beeindruckend, von Inoue ist man das ja inzwischen gewohnt. William Zepeda fällt mir im Nachgang auch noch ein.
Boxerin des Jahres national: Ramona Graeff
Ein männlicher Kollege hat sich für mich in diesem Jahr nicht aufgedrängt. Baraou hätte mit der Europameisterschaft in Frankreich das verdient, der Kampf fiel aus. Slawa Spomer gehört sicherlich zu den erfolgreichsten Boxer des Jahres 2022, auch Yusuf Kanguel muss man da mit dem Yildirim-Erfolg in der Türkei aufzählen. Zu Arsumanjan und Schicke kommen wir noch später.
Graeff hat mich am meisten überzeugt. Im vorletzten August erst die Profikarriere begonnen, in diesem Jahr zwei starke Siege eingefahren. Den Kampf gegen Alys Sanchez durfte ich sogar am Ring begutachten, das war eine überragende Performance. Sie hat das Zeug für die ganz großen Kämpfe, sie ist die Boxerin des Jahres für mich in Deutschland.
Kampf des Jahres: Kosuke Saka vs. Tsubasa Narai
Unfassbarer Kampf, einer der wildesten Kämpfe die ich jemals sah. Ich habe den Kampf noch in der Vorschau gelobt, anhand der Kampfrekorde davon geschrieben, dass es auf dem Papier kein schlechter Kampf werden kann - dann hat dieser noch alles übertroffen.
Wood vs. Conlan hat natürlich auch massives Drama beinhaltet. Auch Sivenathi Nontshinga vs. Hector Flores Calixto war extrem stark. Das sind meine besten 3 Kämpfe des Jahres, am Ende würde ich mich aber für die Japaner entscheiden.
Schwergewichtskampf des Jahres:
Justis Huni vs. Kiki Toa Leutele
Das war so ein richtiger oldschool-Fight. Kein Klammern, keine Pausen, beide traden durchgehend, schleudern Bomben gegenseitig an den Schädel. Ein Kampf, den man im Vorfeld nicht so auf dem Schirm hatte - ein Kampf, der einfach nur bezaubernd und hart gewesen ist.
Mehr Action gab es sicherlich bei Viktor Faust vs. Iago Kiladze, der Kampf ging aber nur 4 Minuten und der Abbruch war unglücklich. Ansonsten wusste auch Hrgovic vs. Zhang zu gefallen. Ich habe selten einen Boxer so fertig gesehen wie Zhang zum Finish
Kampf des Jahres bei den Damen:
Katie Taylor vs. Amanda Serrano
Der erste Frauenhauptkampf im MSG, etwas Historisches wurde somit geschaffen. Jake Paul wettet um eine Millionen $ mit Eddie Hearn, das zog auch sehr viel Aufmerksamkeit auf die Damen, was positiv gewesen ist. Selten halten dann Kämpfe was sie im Vorfeld versprechen, hier gelang es jedoch tatsächlich. Taylor schwer hurt, kämpft sich zurück. Auch über das Urteil wurde im Nachgang fleißig gesprochen, der Kampf hat polarisiert. Der Kampf war groß, der Kampf ging in die Geschichte ein.
Kampf des Jahres national Marten Arsumanjan vs. Björn Schicke ll
Das war mit Abstand der beste Kampf des Jahres hier. Von solche Kämpfen hätte ich gerne deutlich mehr, leider zeigt man das viel zu selten. Man kann einfach auf dem Papier schon im Vorfeld erkennen, dass das zwingend gut werden muss. Ansonsten war es ein enttäuschendes nationales Jahr.
KO des Jahres:
Caleb Plant WKO Anthony Dirrell
Hier kann man immer viele Kandidaten über ein Jahr finden. Auch in diesem Jahr gab es zahlreiche große KOs. John Ramirez hat Jan Salvatierra mit einem KO aus dem Ring geschlagen. Joe Cordina hat einen absoluten Volltreffer gegen Kenichi Ogawa früh um die Weltmeisterschaft ausgepackt. Auch Wood vs. Conlan muss man da natürlich nennen, das war aber kein one-punch KO. Jordan Gill sah ich noch nie.
Plant hat eine schulbuchmäßige Aktionen gelandet, Körper und dann zum Kopf hochgezogen. Wie man einen perfekten Schlag verfilmen würde im Kino, so sah das aus. Der Kampf plätscherte so vor sich her, dann dieser Volltreffer inkl. der Kontroverse im Nachgang mit dem Schippen von Plant. Mein KO des Jahres.
KO des Jahres national:
Marten Arsumanjan WKO Marcos Nader
Es ging um den EBU-EU Titel. Es war ein Fernsehkampf im ORF. Es war zudem auch ein großer Auswärtsefolg für Arsumanjan, obwohl der gebürtige Bayer es nach Österreich nicht weit hat. Und dann packt er wirklich einen massiven KO aus gegen Nader. Insgesamt war Arsumanjan vielleich der aufregendste Kämpfer des Jahres in Deutschland. Dieser KO Erfolg + der enge Kampf im Nachgang mit Schicke, mehr Action lieferte hier gewiss keiner.
Ansonsten ist die KO-Niederlage von Peter Kadiru auch ein Anwärter. Aber es handelte sich nicht um ein one-punch KO, es war eher ein extrem starker KD wovon er sich nicht mehr erholt hat.
Upset des Jahres:
Peter Kadiru vs. Marcos Antonio Aumada
Sicherlich hat Peter nicht den besten Eindruck im Profibereich hinterlassen, da waren Niederlagen in der Zukunft durchaus denkbar. Er unterschrieb dann bei einer neuen Promotion, sollte einen lockeren Kampf machen sozusagen zur Einweihung der neuen Promotion und ist krachend baden gegangen. Das ist in sämtlichen Bereichen einfach nur heftig gewesen.
Neulich besiegte Femke Hermans Mary Spencer in Kanada, was quotentechnisch so ziemlich das upset des Jahres ist. Aber abseits von irgendwelchen Buchmacherquoten muss ich an Vlasov vs. Satybaldiev denken, der ja absolute Weltklasse gewesen ist. Gut, nach dem Kampf hat er die Karriere aufgehört, vielleicht war er nicht mehr motiviert? Aber auf dem Papier war das ein heftiges upset. Im Nachgang bezwang Mikhalkin Satybaldiev und Leute sprachen von einem großen Upset, weil Satybaldiev die Nummer 6 im Halbschwergewicht auf Boxrec war. Aber der Algorithmus spielte eben durch das vorherige Vlasov-Upset verrückt. Dennoch würde ich mich bei den Vorzeichen für Kadiru entscheiden.
Rookie des Jahres:
Osleys Iglesias
Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten. An Gary Cullen dachte ich, er hatte aber die Jahre zuvor auch schon starke Siege vorzuweisen. David Morrell könnte man benennen. Vincent Astrolabio hat 2 starke Siege einfahren können, zuvor war er mir kein Begriff. Ich würde mich aber am Ende für Iglesias entscheiden. Er hat 4 bzw. seit Dezember 5 Kämpfe bestritten, sich zuletzt den IBO-Titel gesichert. Schaute währenddessen auch wirklich stark aus.
Veranstaltung des Jahres: Paul Gallen gegen den Rest der Welt
Das PPV-Event vom 15.09 in Australien ist für mich als Gesamtcard am meisten überzeugend gewesen. Da hat No Limit Boxing Promotions wirklich eine tolle Veranstaltung auf die Beine gestellt. Wir hatten 2 absolute Schlachten an einem Abend von Paul Gallen. Zusätzlich 2 krachende Upsets und ansonsten auch viele kurzründige Action-Kämpfe.
Ansonsten war auch die Matchroom-Mexiko Veranstaltung mit Estrada vs. Cortes sehr ansehnlich.
Schlechteste Veranstaltung:
Universum Boxpromotion mit Sinan G vs. Bözemann
Das ist wirklich ein Tiefpunkt für das deutsche Boxen, diese Universum-Veranstaltungen. Wir haben auf das nationale Boxen betrachtet einfach kaum Relevantes mehr vorzuweisen. Das ist betrüblich, gewiss. Nun versucht man mit irgendwelchen Influencer/Rapperfights die Aufmerksamkeit zu erhaschen. Das ist nun nicht mein Ding, aber es kann eben auch einen ordentlichen Push liefern. Wir hatten in Düsseldorf eine ausverkaufte Lanxess-Arena, wo sich irgendwelche Streamer geboxt haben. Das lief auf dem Streaming-Dienst Joyn, Drews hat kommentiert, Axel Schulz stand zur Seite. Man hatte scheinbar eine tolle Stimmung, unterhaltsame Kämpfe, warum nicht?
Und dann kommen diese Schmutzveranstaltungen von Universum, die man irgendwie mit echten Boxkämpfen zusammentut. Dann werden irgendwelche asozialen Rapper als Fighter verpflichtet, wo man Beefs im Vorfeld scriptet auf RTL2 Niveau.
Da geht es drunter und drüber. Es wird in der Halle geraucht, man platziert sich neben dem Ring und stürmt diesen. Kein Sicherheitskonzept, etliche Schlägereien. Der Kommentator fordert sogar während der Liveübertragung die Halle von der Polizei räumen zu lassen, weil die Zustände so untragbar sind. Ein Promoter, der keinen geraden Satz sprechen kann. Und wenn ich dann an Halloween in Südkorea denke, so eine Massenpanik kann dort jederzeit auch ausbrechen. Da sind teilweise Leute ohne Tickets, man kann es nicht kontrollieren, alles geht drunter und drüber. Es muss nur eine Panik bei einer Massenschlägerei ausbrechen, dann sind dort etliche Leute tot. Für mich eine tickende Zeitbombe, ein absoluter Tiefpunkt für die Sportart in Deutschland. Man kann sich als Außenstehender sogar nur noch schämen.
Übrigens sind für mich auch beide Fury-Events ein absoluter Reinfall gewesen. Die Whyte-Undercard war bodenlos, dazu dieser unglaubwürdige Rücktritt. Dann war der Chisora-Kampf vollkommen obsolet. Man veranstaltete im Stadion trotz Winterjahreszeit. Alles natürlich im PPV.
Canelo vs. Golovkin 3 war natürlich auch ein massiver Flop.
Schlechtester Kampf des Jahres:
Mary Romero vs. Maria Cecchi
Das war auf einer Matchroom Italia-Veranstaltung von OPI Since 82.
@Sakaro hat das Event sogar noch gelobt, teilweise auch zurecht. Da waren 2 sehr gute Kämpfe drauf, aber auch dieser unfassbare Kampf. Das war wirklich von der ersten - bis zur letzten Minute einfach nur grausam. Cecchi hätte man dann sogar noch disqualifizieren müssen usw.
Also wirklich, vielleicht der schrecklichste Kampf den ich jemals sah.
Verlierer des Jahres:
Eddy Reynoso
Er galt in den letzten Jahren als so ziemlich erfolgreichster Trainer, nun haben sich Ryan Garcia und Andy Ruiz Jr von Reynoso getrennt, Canelo verliert aktuell seine p4p-Stellung und Reynoso steht sicherlich auch in der Kritik. Da hat sich der mexikanische Trainer in diesem Jahr mächtig entzaubert.
Ansonsten ist für mich auch Eddie Hearn ein massiver Verlierer. Matchroom hat insbesondere im Heimatmarkt durch Boxxer seine Probleme. Zudem kommt das Conor Benn-Debakel, wo sich Hearn auch wirklich schrecklich im Nachgang zu geäußert hat. Auch bei der Montana Love-DQ hat er im Ring sofort dem Ref Worte mitgegeben. Es war nicht alles schlecht bei Matchroom, Hearn hat aber dennoch Schaden davon genommen. Auch diese ständigen Leaks von irgendwelchen PPV-Zahlen um die Konkurrenz zu diskreditieren, ich finde das irgendwie eklig.
Verlierer des Jahres national:
Senator Ludger Inholte
Hat sich an das Boxen mit Felix Sturm versucht. Felix hat den Kampf direkt verloren. Die Westfalenarena war keine geeignete Location bei der Größe, man musste etliche Tickets irgendwie kostenlos über die Bild verschleudern. Abseits des Ringes stand Oliver Pocher im Scheinwerfer.
Danach gab es massive Kritik am Senator, sein Waldmeisterplan ist hier doch krachend gescheitert. Ein kurzes und unerfolgreiches Intermezzo.
Robbery des Jahres: Josh Taylor WP Jack Catterall
Es gab, wie jeder Jahr leider, etliche Fehlurteile. Ich denke da an Probox im Juni zurück, wo Axel Aragon Vega ein klares Urteil gegen Angelino Cordova nicht erhalten hat. Aber von der Tragweite her, muss man Taylor vs. Catterall benennen. Hier ging es um sämtliche Gürtel, hier hat Catterall den Kampf gewonnen. Am Ende kamen 73 (Taylor) zu 120 (Catterall) Schläge ins Ziel. Dennoch gewinnt natürlich Taylor. Ein verdientes Rematch haben wir auch nicht gesehen, wozu auch? Insgesamt einfach eine schäbige Nummer.