Juventus-Bayern für mich ein instant classic. Das Spiel hatte all das, was man braucht: Taktik, Talent, Geschichte, Stolz...
Auf dem Papier schien Bayern in einem 4-2-4 aufzulaufen, aber in Wirklichkeit war Lahm(LV) halbrechts, Vidal(DM) altmodischer Libero und Thiago(ZM) halblinks. Jeder Spieler hatte zumindest zwei diagonalen Anspielstationen und der Ball wurde schnell weitergeleitet, weil es unmöglich ist, so viele Höhen zu verteidigen mit soviel Spiel zwischen den Linien. Und wenn der Ball verloren wurde war es jedem Bayernspieler durch die Raumaufteilung und der Erschöpfung Juves resultierend daraus, dass man immer wieder verschieben musste, möglich, mit einer drei Sekunden(oder weniger) andauernden Anstrengung den Ball wieder zu erobern. Der visuelle Effekt war krass. Frei nach Cruyff, wenn ich ein Restaurant verteidigen muss, krieg ich Probleme, wenn ich nur den Tisch verteidigen muss, kommt keiner durch. So ist auch ein Thiago, der einen Meter verteidigen muss, um ein vielfaches effektiver als ein Luiz Gustavo, der 20m verteidigt. Und Pep hat geschafft, dass Thiago genau nur diesen einen Meter verteidigen muss in einer Elf voll mit Stürmern und mit kaum Defensivspezialisten.
Und das System lief auch wie ein Schweizer Uhrwerk. Wenn, zum Beispiel, Thiago sich in Abschlussposition brachte, dann ließ sich ein gegnerischer Mittelfeldspieler auch in den 16er fallen und Cuadrado sicherte das Mittelfeld ab, wodurch Bernat keine Gefahr mehr in seinem Rücken hatte und somit die einstige Position von Thiago einnehmen konnte, wodurch er und der Kolumbianer nun praktisch das gleiche Duell führten wie zuvor Thiago und der eigentliche 6er. Das war Peps bisheriges Meisterwerk in München in der Königsklasse.
Aber(!) Juventus gab sich nicht auf. Nicht mal den Glauben verloren sie. Ich fand ihr Durchhaltevermögen bewundernswert, "typisch italienisch". Immer wenn sie den Ball wieder eroberten, versuchten sie es rauszuspielen. Sie haben nie mit oder ohne Ball irgendwelche Verzweiflungsaktionen gebracht, obwohl das sehr einfach gewesen wäre. Und dadurch und einigen Fügungen, haben sie noch ein Mal Leben erhalten. Die Einwechslung von Hernanes war der erste Schritt. Der Brasilianer kann den Ball besser halten und sah sich so nicht gezwungen den Ball sofort weiterzugeben. Diese eine Sekunde mehr Zeit macht den Unterschied aus. Der zweite, auf abstrakte Weise, Robbens Tor. Die Münchner waren 2-0 in Führung und es kam wieder dieser Moment, wo eine Mannschaft nichts mehr zu verlieren hat.
Die magischen Details von Pogba, die Beharrlichkeit von Cuadrado, die Abgebrühtheit von Dybala im wichtigen Moment, die ununterbrochene Reibung aka Mandzukic, und die starke Wirkung von Morata als Joker haben Peps Zauber aufgebrochen und der Welt gezeigt, dass hinten ein defensives System ohne Talent noch Klasse bestand. Logischerweise, selbstverständlich. Die Abwehr bestand aus drei offensiven Außenverteidiger und ein box-to-box.
Und so blieb die alte Dame am Leben. Was ein Spiel :love2: