Den Ball spiele ich gerne zurück, indem ich dich daran erinnere, dass Huck als blutjunger Mann bislang keiner Herausfordererung aus dem Weg gegangen ist. Auch das könnte ich als mentale Stärke auslegen.
Klar hat er das.
Du mussverstehst vielleicht meinen Gebrauch von Hype. Einen Boxer als Hype zu beschreiben, ist etwas, was im Regelfall retrospektiv geschieht; d.h. der Boxer enttäuscht in einem oder mehreren Kämpfen und unterläuft die hohe Erwartungshaltung der Zuschauer, die sich über einen gewissen Zeitraum aufgetürmt hat. Schließlich kommt man dann an den Punkt, an dem man die zu erwartende Leistungsfähigkeit eines Sportlers korrigierend herabsetzt.
Daneben gibt es aber auch das Phänomen, dass ein Sportler gehyped wird, weil er ein paar gute Siege eingefahren hat oder als Olympiasieger ins Profilager gewechselt ist. Das könnte man "Hype in progress" nennen. Das ist sozusagen die Stelle, an der die Erwartungshaltung der Fans kumuliert und mit fortschreitender Dauer solche grotesken Züge annimmt wie damals bei Alekseev (oder dutzenden anderen Boxern). Entscheidend ist: Die Leistungen des Sportlers sind, diagrammatisch betrachtet, schon jetzt nicht mehr deckungsgleich mit den Erwartungen, Vorstellungen oder Phantastereien der Fans.
Der Hype ist mit Wunsch- und Zerrbildern der Fans so aufgeladen, dass die bloße Nennung des Namens schon reicht, um sämtliche Argumente und Fakten vom Tisch zu wischen und sich nicht mehr um das zu kümmern, was wirklich Sache ist. Ich sehe hier, von ein paar Leerformeln abgesehen, keine schlüssige Argumentation, mittels derer die Favoritenrolle Lebedevs begründet werden kann. Man könnte auch sagen: Lebedev wird von einigen regelrecht beschworen, damit er Huck was auf die Zwölfe gibt. In der Tat ist es bei allen Hypes dasselbe: Wir reden nicht über die Fakten (5 gute Siege, davon 2 sehr gute gegen Top-20-Boxer), auch nicht über das, was sein könnte (im Sinne einer sachlichen, aufmerksamen Einschätzung der Boxer und der möglichen Kampfverläufe) - wir reden unentwegt über die strahlkräftigen Bildchen, die man sich von einem Boxer gemacht hat.
). Bei Alexeev z. B. war der Fall schon ein wenig anders, zumal - BEVOR er irgendwas Tolles im Cruiser geleistet hatte - bereits davon die Rede war, wie er im Schwergewicht als Klitschko-Konkurrent/Nachfolger aufräumen würde. Er kam ja auch mit vielbeachteten Vorschußlorbeeren bei den Amateuren ins Profi-Lager. Ähnlich lief es ja auch bei Audley Harrison.
