Ich hab mir jetzt mal in Ruhe alle Beiträge durchgelesen. Ich persönlich bin sportlich vielseitig interessiert und nicht ausschließlich auf Boxen fixiert. Diese Diskussion gibt es ja in vielen Sportarten, z.B. auch im Tennis. Hier sprechen nahezu alle sportlichen und statistischen Parameter dafür, dass Federer der ATG ist. Die Nadalanhänger argumentieren aber, dass Nadal im HtH gegen Federer deutlich führt und fast alle großen Matches gegen ihn gewonnen hat. Tja, was macht man nun daraus? Ist das eine klare Abwertung Federer´s Status oder kommen die Federer-Befürworter mit der These davon, dass ihm Nadal´s Spiel einfach nicht so liegt und das nicht primär mit einer qualitativen Überlegenheit Nadal´s zu tun hat?
Ich glaube man kann immer hin und her argumentieren und - wie hier jemand gesagt hat - Haare in der Suppe des jeweils anderen suchen und finden. Das einzige objektive Kriterium ist das des sportlichen Erfolges - und da ist Wladimir nun schon seit vielen Jahren sehr dominant und erfolgreich. Sicher hätte er es gegen stärkere Generationen wesentlich schwerer gehabt, aber niemand kann mit Bestimmtheit sagen, dass er da beherrscht worden wäre. Die These, dass Wladimir zu weich ist, könnte man auch umkehren: Er ist nach schweren Niederlagen zurückgekommen. Das ist ja gemeinhin das Argument, einem Sportler dann doch Herz und Kampfgeist zu bescheinigen. Hat jemand von Euch den Film "Klitschko" gesehen (find ich ganz interessant)? Da sagt Steward, dass Wladimir damals unbedingt gegen Peter ran wollte, obwohl Steward und Vitali ihm davon abgeraten hatten. Wladimir habe es sich aber selbst unbedingt beweisen wollen. Peter galt damals als gefürchteter Knockouter. Wladimir war zwar mehrfach am Boden (wobei 2 Niederschläge durch Peter illegal auf den Hinterkopf gingen), hat sich aber durchgebissen. Dann holte er sich gegen Byrd den Titel zurück und kämpfte dabei sehr aggressiv und attraktiv - der Sieg gegen Peter war für ihn wie eine Befreiung. Ja ja, mir ist schon bewusst, dass er das gegen Byrd leichter tun kann, als gegen schlagstarke Kontrahenten. Ich finde nur, dass Wladimir schon auch einige attraktive Kämpfe abgeliefert hat. Und es ist sicher so, dass es in der Vergangenheit nicht nur Kämpfe zum Zungeschnalzen gab, da kann ich mich auch an intensive Kuschelorgien ohne offenen Schlagabtausch erinnern.
Zustimmen möchte ich dem Argument, dass Wladimir früher sicher in größere Abnutzungsschlachten verwickelt worden wäre. Es scheint auch so, dass Wadimir etwas "Angst" vor schweren Treffern hat - nicht gerade das Attribut eines großen Fighters. Andererseits bringe ich ein Grundverständnis dafür auf, dass Boxer auch außerhalb des Rings ein gesundes Leben führen wollen. Wir mögen die Schlachten zwischen Ali und Frazier genossen haben, letztlich haben sie dafür einen hohen Preis gezahlt.