Das ist nich ganz von der Hand zu weisen, hat aber eine mindestens 40 Jahre lange Tradition (eher 50). Genauso sind die Deutschen aber auch Weltmeister darin, verdiente Sportler gnadenlos runterzumachen, wenn sich der Wind erstmal gedreht hat.Die Häme, die Kübelweise über nun wirklich verdienten Sporthelden wie Boris Becker, Klose, Podolski, Matthäus oder jetzt eben Müller ausgegossen wird, wäre in jedem anderen Land völlig unvorstellbar.
Die Deutschen lieben es, ihre Helden zu überhöhen, aber genauso lieben sie es, sich am Fall dieser zu weiden. Das ist so und das ist auch hier im Forum so. Das ist es, was mich bei den Diskussionen so massiv stört. Ich persönlich halte viel davon, Spieler nicht vorschnell abzuschreiben, Klose oder bei Bayern z.B. Robben sind gute Beispiele dafür, dass man damit oft falsch liegt - jdf, wenn die Spieler besondere Fähigkeiten haben, die nicht jeder hat.
Im Fall Müller z.B. denke ich, dass wir nicht so arg viele Spieler haben, die auch mal ein ungewöhnliches Tor machen können. Wir haben ja nicht mal genug Spieler, die die gewöhnlichen Tore machen, in Sachen Verwertungskompetenz sind wir leider auch perspektivisch alles andere als Weltklasse aufgestellt. Meiner Meinung nach sollten wir auf sowas nicht unnötig verzichten, genauso, wie wir eigentlich nicht auf die Spielintelligenz eines Özil verzichten können (aber nunmal leider müssen). Wir können nicht nur mit talentierten 8ern und Wingern spielen.
Dass Müllers Form und Leistungsstand keinen Stammplatz rechtfertigen, ist natürlich auch klar. Komplett auf ihn verzichten würde ich aber nicht. Ich würde aber grundsätzlich keinen Spieler komplett abschreiben, nicht einmal Khedira oder Höwedes. Wenn sie Leistung bringen und die Kadersituation es hergibt, dass sie dem Team helfen können - warum denn nicht? Vorrang muss natürlich haben, die jungen Spieler zu fördern und das geht nunmal am allerbesten über Spielzeit. Aber deshalb muss man niemanden rauswerfen, dafür haben wir gar nicht genügend gute Spieler. Drei bis fünf Offensivspieler werden als Auswahl für 2020 nicht reichen, wir brauchen locker an die zehn, um dann wirklich sinnvoll nominieren zu können. Und wenn dann vehement ein Brandt gefordert wird - sorry, aber der spielt in einem schwachen Leverkusener Team eine unfassbare Grottensaison, dass selbst Leverkusenfans schon einen Tribünenplatz im Verein fordern. Das heißt natürlich nicht, dass er nicht mehr eingeladen werden soll, aber es zeigt, wie dünn die Materialdecke ist. Oder nehmen wir Reus: im Verein überragend, aber in der NM waren alle Auftritte seit der WM richtiger Mist, auch beim Turnier selbst war nur ein Spiel gut.
Natürlich kann man das auch komplett anders sehen, kein Problem. Man kann einen radikalen Jugendkurs befürworten, man kann finden, dass z.B. Müllers Formkrise einfach schon zu lange dauert oder glauben, dass er seine frühere Form nicht mehr finden wird. Ich bin da als Bayernfan sicher nicht unvoreingenommenn, aber wer ist das schon? Dazu kommen unterschiedliche Geschmäcker bei Spielweisen - und schon bewertet man Gesehenes völlig unterschiedlich. Das ist ja auch ganz normal.
Ich habe kein Problem damit, wenn man meint, dass Müller nicht mehr in die NM gehört oder Löw nicht mehr BT sein soll. Dafür gibt es ja auch in der Tat gute Argumente. Meines Erachtens gibt es auch gute Gründe dagegen, aber dafür haben wir ja ein Diskussionsforum.
Wenn aber in Spieltagthreads seitenweise nur noch Häme gepostet wird, wenn es völlig egal ist, welche Leistung ein Spieler oder ein Trainer bringt, weil er eh nichts mehr richtig machen kann , wenn sich so ein "jetzt alle gegen XY" Korpsgeist entwickelt, der dann noch wirklich boshaft von einigen immer wieder mit kleinen, gemeinen Einzeilern befeuert wird (die sich dann diebisch freuen, dass aus dem Funken wieder mal ein Feuer wird - und ja, das sind auch immer dieselben)...dann hat das von der Dynamik her eine Menge von Schulhofmobbing und auf sowas kann ich grundsätzlich null. Ich finde sowas charakterlich höchst fragwürdig und finde auch nicht, dass das bei Millonengehältern irgendwie "drin" sein muss. Wo ist denn da die Untergrenze und wer bestimmt die?
Bei der Beurteilung von Spielern kann und muss es unterschiedliche Meinung geben. Respekt ist aber keine Meinung, sondern eine Haltung und damit ist es mMn in letzter Zeit hier im Forum nicht mehr weit her. Es geht da ja nicht nur um Müller, bei Klose und Podolski war es schon genauso, bei Özil, bei Schmelzer, bei Schürrle im letzten Jahr mMn ganz, ganz schlimm. So spricht man doch nicht über Menschen, die man a) gar nicht kennt und die b) keine Möglichkleit haben, darauf zu reagieren (was ja auch der hauptgrund dafür ist, dass manche so "aus der Deckung gehen"). Wenn man diejenigen dann aber direkt angeht, wird das sofort sanktioniert - was ok ist, aber ich finde die vorher beschriebene Art viel schlimmer, leider wird das aber nie sanktioniert. Personen/Sportler sind nach Meinung der Administration/Moderation offenbar Freiwild und keineswegs in gleicher Weise schützenswert wie User - finde ich schade und falsch, aber nun denn. Aber muss man das so ausnutzen und penetrieren, wie es seit Monaten immer mehr geschieht? Man fühlt sich mittlerweile ja schon als Störenfried, wenn man in Livethreads tatsächlich mal über das Spiel reden will, weil es irgendwie wohl geiler ist, auf das gerade ausgewählte Opfer einzudreschen. Das macht reichlich Unlust, muss ich sagen.
Und warum ist das im Fussball so, während sich die Community z.B. im Tennis mittlerweile problemlos selbst reguliert?