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"Offener Brief des 1. FC Magdeburg
Reaktion auf gestrige Pressemitteilung des DFB
Sehr geehrter Herr Dr. Koch,
im Anschluss an die gestrige Konferenz mit den Regional- und Landesverbandspräsidenten werden Sie in der vom DFB veröffentlichten Pressemeldung unter anderem wie folgt zitiert: „Ein Teil der Vereine der 3. Liga spielt seit Wochen ein für den Fußball in Deutschland unwürdiges Schauspiel, bei dem die Landes- und Regionalverbände, die den DFB gemeinsam mit der DFL bilden, nur Zuschauer sind. Dies ist unerträglich und nicht länger hinzunehmen. All jene, die vehement den Saisonabbruch fordern, müssen endlich Antworten liefern, was ihre konkreten Alternativen sind und ob sie bereit sind, die Verantwortung für die gravierenden wirtschaftlichen und strukturellen Folgen zu übernehmen [...].“ Für uns, den 1. FC Magdeburg, überschreiten Sie damit die Grenze eines demokratischen und gesellschaftlichen Miteinanders.
Mit Ihren Aussagen stellen Sie, unter anderem den 1. FC Magdeburg, neben vielen anderen Vereinen öffentlich in eine Ecke, in die wir nachweislich nicht gehören. In Kenntnis der Tatsache, dass die geltende behördliche Verfügung in Sachsen-Anhalt wie auch in anderen Bundesländern bis einschließlich zum 27.05.2020 keinen Wettkampfbetrieb ermöglicht, stellen Sie uns als Schauspieler dar. Weiterhin sprechen Sie uns dabei die Rolle zu, hier seit Wochen ein unwürdiges Schauspiel zu Lasten des deutschen Fußballs zu betreiben. Vereine, welche sich an geltende Gesetze und Verfügungen unseres Landes halten und diese im Sinne der Gesundheit Ihrer zahlreichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorschriftsmäßig umsetzen, als problemorientiert Denkende oder für Probleme sorgende Vereine darzustellen, sorgt für großes Unverständnis und lässt uns fassungslos zurück.
Es ist festzuhalten, sehr geehrter Herr Dr. Koch, dass es grundsätzlich in der Verantwortung des DFB selbst liegt, entsprechende Lösungen für einen potentiellen krisenbedingten Abbruch der Saison transparent aufzuzeigen. Bis auf eine zwingende Aussetzung der Spiele, um Regressansprüche des Verbandes zu vermeiden, wurden bisher keine anderweitigen Lösungswege vom DFB Präsidium selbst aufgezeigt und ernsthaft diskutiert. Der Verband, als verantwortlicher Träger der 3. Liga, sollte auf das Szenario Saisonabbruch ohnehin vorbereitet sein. Wenn aufgrund plötzlicher Neuinfektionen nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs ein Abbruch der Saison droht, muss bereits jetzt feststehen, wie dann zu verfahren ist. Oder ist die Fortsetzung der Meisterschaftsspiele für Sie tatsächlich alternativlos? Für diesen Fall müssten Sie sich allerdings fragen, warum in anderen Fußballligen und Sportarten ohne größeres Aufsehen ein Saisonabbruch möglich war und dort bereits jetzt eine neue Saison geplant und vorbereitet werden kann?
Dass der DFB bereits den Re-Starttermin für die 3. Liga für den 26.05.2020 öffentlich publiziert hat, ist eine weitere Bestätigung des unverantwortlichen Handelns gegenüber seinen Vereinen. Wohlwissend, dass die aktuelle behördliche Verfügungslage für Sachsen-Anhalt mit zwei teilnehmenden Drittligisten sowohl ein Mannschaftstraining als auch den Wettkampfbetrieb bis zum 27.05.2020 untersagt, wurde in der DFB Präsidiumssitzung vom 11.05.2020 ein entsprechender Rahmenterminkalender beschlossen. Offensichtlich scheint man sich demnach sehr sicher zu sein, dass man die verantwortlichen Politiker der jeweiligen Bundesländer bis dahin umgestimmt hat. Dieses Handeln widerspricht jeglicher gesellschaftspolitischer Vorbildwirkung und wird der Verantwortung des größten Fußballverbands der Welt nicht gerecht.
Den Vereinen wurde am 13.05.2020 vom Verband mitgeteilt, dass man das medizinische Konzept nun in die geltenden Durchführungsbestimmungen aufgenommen hat und somit bei Nichtumsetzung nun sportrechtliche Konsequenzen den jeweiligen Vereinen drohen. Obwohl Kenntnis darüber besteht, dass viele Vereine in der 3. Liga das umfangreiche Konzept aufgrund weitaus geringerer struktureller und personeller Voraussetzungen gegenüber den DFL-Vereinen zeitnah kaum umsetzen können, werden mittels oberflächlicher öffentlicher Darstellungen jene Vereine stigmatisiert, welche an den Problemen arbeiten.
Wir, der 1. FC Magdeburg, haben am 16.03.2020 der Aussetzung der Saison 2019/2020 bis zum 30.04.2020 zugestimmt unter der Annahme, dass wir danach mit dreiwöchiger Vorbereitungszeit in Form von Mannschaftstraining den Spielbetrieb wiederaufnehmen werden, unabhängig unseres Tabellenstands. Allerdings war aufgrund der pandemischen Entwicklung bereits Mitte April absehbar, dass eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs ohne Einhaltung gleicher Wettbewerbsregularien und ohne weitere erheblichen finanziellen Mehraufwendungen bis zum 30.06.2020 nicht möglich ist. Entsprechend haben wir uns mit unserer Auffassung zum weiteren Saisonverlauf gemeinsam mit sieben weiteren Vereinen am 17.04.2020 positioniert.
Wir erwarten von unserem Verband, dass der Ethik-Kodex des DFB auch gelebt wird. Mit Fair-Play, Integrität, Respekt, Vielfalt und Solidarität sollen die Grundlagen des Fußballs gestärkt werden. Gerade jetzt in der Ausnahmesituation der Corona-Krise dürfen wir vom DFB Respekt und Fair-Play erwarten. Die Inhalte des Ethik-Kodex sind wichtige Grundvoraussetzungen für ein gemeinnütziges Handeln, zu dem sich alle Fußballverbände satzungsmäßig verpflichtet haben."