David Graeber - Debt: The First 5.000 Years
Schulden sind das bestimmende Thema unserer Tage. Der Anthropologe David Graeber hat die Geschichte von Schuld und Verschuldung untersucht. Was sind Schulden genau? Wie entstehen sie? Wie sind die Menschen zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturkreisen damit umgegangen? Er beginnt bei den Sumerern vor fünftausend Jahren, die ihre Wirtschaft größtenteils über Kreditsysteme organisierten. Das führte von Zeit zu Zeit zu derart dramatischen Verschuldungskrisen, daß sich die Könige mehr oder weniger regelmäßig dazu gezwungen sahen, alle Schulden für ungültig zu erklären und wieder von vorne zu beginnen (wer damals seine Schulden nicht bezahlen konnte, dem wurden seine Kinder und seine Frau weggenommen, bei einer Streichung der Schulden kamen sie wieder frei).
Eng verflochten mit der Geschichte der Schulden ist die Geschichte des Geldes. Dabei wechseln sich virtuelles Geld und Metallgeld in großen Zyklen ab. Auf die erste Epoche des (virtuellen) Kreditgeldes (z.B. Mesopotamien, Ägypten) folgt mit der Erfindung der Münzen (etwas 600 bis 500 v. Chr.; praktisch zeitgleich in China, Indien und den Ländern rund um die Ägäis) die erste metallische Epoche, die etwa bis zum Jahr 600 dauert. Diese Epoche ist geprägt von extremer Gewalt. Kriege, riesige stehende Heere (für deren Bezahlung Münzen hauptsächlich verwendet werden) und Sklaverei in gigantischem Ausmaß sind die Regel. Graeber verwendet dafür den Ausdruck
military-coinage-slavery complex.
Nach 600 verschwinden die Münzen weitestgehend und es setzt sich wieder virtuelles Geld durch (z.B. tally-sticks). Hochinteressant dabei ist z.B. wie unterschiedlich das konfuzianische China und der islamische Nahe Osten ihre Wirtschaft gestalten und wie sie versuchen, übermäßige Verschuldung ihrer Bürger zu verhindern.
Um etwa 1450 beginnt das Zeitalter der großen kapitalistischen Weltreiche. Das Pendel schlägt wieder in Richtung Metallgeld aus. Mit den Münzen kommen auch die riesigen Armeen und die Sklaverei (die im Mittelalter kaum existent war) zurück. 1971 stellt den bisher letzten Wechsel dar. Nixon erklärt die Goldbindung des Dollar für beendet, es regiert wieder das virtuelle Geld.
Die bisherigen Epochen virtuellen Geldes waren auch dadurch geprägt, daß es Schutz für Kreditnehmer gab. Etwa indem Schulden gestrichen wurden, oder indem Maßnahmen gegen Wucher bzw. generell Zinsen gesetzt wurden (beeinflußt durch Christentum und - noch stärker - den Islam). Diesmal ist das jedoch völlig anders. Schutz erhalten in der heutigen Zeit vor allem die Kreditgeber, etwa in Form des IMF. Aber mal sehen wie sich das entwickelt, die Epoche ist ja erst ein paar Jahrzehnte alt.
Das Buch kann ich nur empfehlen. Vor allem historisch Interessierte werden damit ihre Freude haben.
Hier kann man ein Interview mit dem Autor lesen:
http://www.nakedcapitalism.com/2011...th-economic-anthropologist-david-graeber.html