Sterns Expansionspläne sind seit Jahren wage. Der hat da immer mal wieder was rausposaunt, aber gekommen ist seit Jahren nichts. Aber Stern ist sicher kein Dummer. Der ist kein Basketballpurist, sonst würde die Liga sicher anders aussehen. Dem geht es nicht um den Sport, dem geht's nicht um Europa, dem geht's um den wirtschaftlichen Erfolg - und der gibt ihm seit Jahren recht. Der wird schon genau checken, ob sich die Expansion rentiert. Aber noch ist gar nichts passiert.
Die Diskussion hier um die rechtlichen Voraussetzungen ist interessant. Ich bin kein Experte und halte mich da raus. Aber das ist nur ein schwieriger Punkt von mehreren.
Es gibt wie schon erwähnt zwei Szenarien: Entweder man stampft neue Franchises aus dem Boden, oder man gliedert bereits existierende Klubs in die Liga ein, nachdem man sie entsprechend umstrukturiert hat.
Eine neue Franchise wird sich mühevoll nach oben kämpfen müssen. Expansiondraft, schlechte Platzierungen, hohe Draftpicks, Free Agents an Land ziehen - das alles dauert, bis sich der Erfolg einstellt. Ausbleibender Erfolg gleich weniger Interesse. Das Problem mit den Free Agents sehe ich durchaus, vor allem in den ersten Jahren. Die Amerikaner haben doch eher merkwürdige Vorstellungen von Europa, zumindest bis sie selbst mal da waren. Ohne Frage sind das nur die Soft Facts, primär zählt die Asche. Aber sie geben oft genug eben doch den Ausschlag. Dass ein Adrei Kirilenko in Moskau oder ein Dirk Nowitzki als Zuschauermagnet fungieren würde, mag zwar stimmen, aber die Chancen darauf sind eher gering. Welcher Verein, ausser Berlin selbst, hätte ein Interesse daran, dass Dirk nach Berlin getradet würde? Sowieso, was die Zuschaer betrifft, so sind die Preise in der NBA horrend. Außerdem darf daran erinnert werden, dass die NBA Europe Live Tour in Köln 2006 bei ermäßigten Preisen nicht mal annähernd ausverkauft war, obwohl dies für viele hier die einzige Möglichkeit war, überhaupt mal NBA live zu sehen (es waren Leute aus dem ganzen Land da, die sicherlich nicht an einem Mittwochabend für ein Spiel gegen Atlanta kommen würden), und obwohl mit Steve Nash, Amare Stoudamire, Shawn Marion, Allen Iverson und Chris Webber einige hier durchaus vergötterte Akteure am Werk waren. Was lässt einen da glauben, dass in 41 Saisonspielen ein auch nur annähernd ähnlicher Schnitt erreicht werden soll?
Bestehende Klubs eingliedern? Wenn man glaubt, dadurch die komplette Historie und die ganze Fankultur einfach transplantieren zu können, dann hat man sich denke ich geschnitten. Was passiert mit dem Kader? Wenn eine aus dem Klub Panathinaikos hervorgehende Athener Franchise in der NBA startet, werden dann die Spieler einfach übernommen? Das bezweifle ich sehr. Es spricht einiges dagegen. Wenn z.B. ein Klub wie Real Madrid verschiedene bereits gedraftete Spieler besitzt, deren Rechte anderen NBA Franchises gehören, so werden diese nicht für die Madrider Franchise ausflaufen dürfen. Würde heissen: Expansion-Draft. Glaubt mir, wenn die aus Panathinaikos hervorgehende Franchise mit einem Haufen Amerikanern, für die der Klub nur einer von vielen ist, zwei Jahre lang am unteren Ende der Liga rumdümpelt, dann gehen die Fans, die nicht sowieso wegen der hohen Preise schon vergrault wurden, zusammen mit den anderen auf die Barrikaden. Das wird dann nicht teilnahmslos hingenommen wie in den USA oder Kanada, wo eine Franchise kommt und die andere geht, und es nur eine handvoll Leute interessiert. Desweitern ist die Zuschauerkultur hier eine andere, wobei das natürlich sehr stark abhängig von der Region ist. Aber in der Regel wesentlich fanatischer. Im positiven Sinne heisst das: lauter, ausgelassener, farbenfroh, aber im negativen Sinne auch: hostil. Die Liga hat ihre Regularien, die Vereine können in ihren Hallen nicht tun und lassen was sie wollen. Viel Spaß beim Zuschauen, wie sich Gate 13 da in irgendwelche Vorgaben pressen lässt. Mit anderen Worten könnte man auch sagen, dass viele Euroleagisten genau die Fans haben, die Stern nicht in der Halle sehen will.
Und wenn der unwahrscheinliche Fall eintritt, dass komplette Kader transplantiert werden, so werden sich die Fans im Falle der Erfolglosigkeit, was angesichts der den vollgepackten Zonen und dreipunktwurf-lastigen Teams eher wenig entgegenkommenden Regeln nicht ganz unwahrscheinlich ist, auch ganz schnell wieder die Klassiker gegen Olympiacos, Barcelona und co. zurückwünschen. Wie gesagt, die Zuschauer sind das Zünglein an der Waage. Und die sind in vielen Teilen Europas eben ganz etwas anderes, als in den USA.
Man sollte gut aufpassen, was man tut. Da gibt es viel zu zerstören. Auf beiden Seiten. Auf der einen Seite ist da eine souveräne, starke europäische Basketball-Kultur, die sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Und auf der anderen Seite das Image einer noch von den Jordan-Tagen zehrenden Liga, deren Zuschauer hier durch emotionslose Spiele in leeren Hallen zur Abkehr bewegt werden könnten.