Young Kaelin
merthyr matchstick
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Тюльпан Tulpan Kasachstan Tragikomödie (2008) 9,5/10
Der Film Tulpan von Regisseur und Drehbuchschreiber Sergey Dvortsevoy ist wohl einer der Bekannteren aus Kasachstan. Vermutlich trifft die Bezeichnung Tragikomödie das Werk am Besten.
Erzählt wird die Geschichte des entlassenen Matrosen Asa, der sich der Familie seiner Schwester Samal und seinem Schwager Ondas und deren drei Kindern anschliesst. Diese leben in kargen und unwirtlichen Verhältnissen irgendwo in Kasachstans Steppe von der Schafzucht. Asa träumt von einer eigenen Herde, einem eigenen Plätzchen für sich und seiner zukünftigen Frau. Er hat sich diesen Wunsch, den er sein Paradies nennt, auf die Rückseite seines Matrosenkragens gemalt.
Ohne Frau wird es Asa aber den Sitten folgend, nicht zu einer eigenen Herde und Land bringen können und so ist Tulpan die einzig verfügbare, heiratsfähige Frau in der Gegend, die Tochter der Nachbarn, Ziel seiner Wünsche. Es kommt zu Verhandlungen zwischen den zwei Familien und im Grunde ist man sich handelseinig, dass Tulpan für 10 Schafe und einen kitschigen Kronleuchter Asa heiraten soll. Die selbstbewusste Lady hat aber andere Pläne, und lehnt den Antrags Asas mit dem Hinweis ab, er gefalle ihr nicht und hätte viel zu grosse Ohren.
In der Folge scheitert Asa kläglich, Tulpans Herz zu erobern. Die Lage Ondas erscheint ebenso trist, als seine Lämmer sterben, weil offenbar schlicht nicht genug Nahrung vorhanden ist, wie der Tierarzt meint. Asa ist zunächst als Hirte ein passabler Ausfall, bis er bereits in fast hoffnungsloser Lage einem Schaf Geburtshilfe leistet. Die über Minuten dauernde Szene ist absolut kultig und eine Perle der Filmkunst. Nach einem Zerwürfnis mit Ondas beschliesst Asa gegen dem Willen seiner gutmütigen Schwester Samal, die Sippe zu verlassen, kehrt dann aber doch reumütig wieder zurück, ohne bei Tulpan je auch nur den Schimmer einer echten Chance erhalten zu haben.
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Fand es interessant, wie die Kritik diesen Film beurteilt. Bei IMDb wird der Film mit absurd mageren 7.1 bewertet. Die Sabidos und Filmfachleute fanden den Film durchwegs ganz ordentlich. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass viele der Kritiken diesen Film krass nicht verstanden haben. Ich kam, ob zu Recht oder nicht bleibe dahingestellt, zu anderen Schlüssen. Wenn ein Film wie Borat, der doch sehr cineastischer fast food ist, 7.3 erhält, hätte Tulpan mind. 1.5 Punkte mehr verdient gehabt. Tulpan ist kein Film, der nur so schnell locker flockig ein paar Gags raushaut, der hat schon viel mehr zu bieten und da haben viele Kritiker imo absurd daneben gelegen und den Film hinten und vorne nicht verstanden. Aber wie gesagt, das ist hier nur meine bescheidene Meinung.
Mir scheint, dass Meister Dvortsevoy seinen Film gleich auf 3 Ebenen inszeniert hat: a) einer Beschreibung des Lebens der Nomaden in der kasachischen Steppe. b) einer mit feinem Gespür für Witz und Absurditäten vorgetragenen Humoreske auf schelmische Art im Sinne eines Jose Maria Eca de Queiroz oder Francisco de Quevedo. c) eine ernste Auseinandersetzung mit Leben und Tod anhand der Geburt von Lämmern und dem Tod derselben. Als Geniestreich die unaufgeregte Integration dessen ins Leben der Protagonisten. Zudem die Erkenntnis, dass man Fische nicht mit Keksen fängt, oder Frauen eben nicht mit etwas, das sie nicht wollen, sondern dass eine Beziehung nur klappen kann, wenn die Bedürfnisse und Sehnsüchte kompatibel sind.
zu a)die Aufnahmen der kasachischen Steppe sind vom feinsten: karg, authentisch, nicht selten unwirtlich, die Bilder der kargen Jurte, die Nachrichten, welche der Junge aus dem Radio hört und seinem Vater Ondas auswendig berichtet. Die Schildkröte, welche dem Kind als Rennwagen dient.
b) der Kronleuter, welcher als Brautpreis in die Schlacht geworfen wird ist dermassen kitschig, dass er die Szene rausreisst. der Hinweis, dass Asas Ohren kleiner wären als jene vom Prinzen (gemeint sind die wohl bekanntesten Ohren eines Adeligen, jene von Prinz Charles). Asas Kumpel, Boni, ist zwar mit seltenem Humor ausgestattet, trotzdem wirkt er völlig desillusioniert mit seinen schäbigen Pornoheften. Er hat sichtbar resigniert und ginge glatt als kasachischer Al Bundy durch. Dass er trotzdem der Lustigste von allen ist, geht wohl unter Ironie des Schicksals.
c) die Szene von der Geburt des Lammes und der zunächst absoluten Hilflosigkeit von Asa sind imo der Höhepunkt des Filmes. Vor allem auch in Kontakt zu den früheren Todesfällen der Lämmer und der Labelung von Schwager Ondas, dass er als Hirte nicht wirklich zu gebrauchen sei.
Der Zuschauer hofft bis zum Schluss, die umworbene Tulpan irgendwann zu Gesicht zu bekommen. Sie werden nicht auf ihre Rechnung kommen. Regisseur Dvortsevoy wird wahrscheinlich viel über diese Pointe gegrinst haben. Ich könnte ihn verstehen.
Tulpan - Trailer auf deutsch
Der Film Tulpan von Regisseur und Drehbuchschreiber Sergey Dvortsevoy ist wohl einer der Bekannteren aus Kasachstan. Vermutlich trifft die Bezeichnung Tragikomödie das Werk am Besten.
Erzählt wird die Geschichte des entlassenen Matrosen Asa, der sich der Familie seiner Schwester Samal und seinem Schwager Ondas und deren drei Kindern anschliesst. Diese leben in kargen und unwirtlichen Verhältnissen irgendwo in Kasachstans Steppe von der Schafzucht. Asa träumt von einer eigenen Herde, einem eigenen Plätzchen für sich und seiner zukünftigen Frau. Er hat sich diesen Wunsch, den er sein Paradies nennt, auf die Rückseite seines Matrosenkragens gemalt.
Ohne Frau wird es Asa aber den Sitten folgend, nicht zu einer eigenen Herde und Land bringen können und so ist Tulpan die einzig verfügbare, heiratsfähige Frau in der Gegend, die Tochter der Nachbarn, Ziel seiner Wünsche. Es kommt zu Verhandlungen zwischen den zwei Familien und im Grunde ist man sich handelseinig, dass Tulpan für 10 Schafe und einen kitschigen Kronleuchter Asa heiraten soll. Die selbstbewusste Lady hat aber andere Pläne, und lehnt den Antrags Asas mit dem Hinweis ab, er gefalle ihr nicht und hätte viel zu grosse Ohren.
In der Folge scheitert Asa kläglich, Tulpans Herz zu erobern. Die Lage Ondas erscheint ebenso trist, als seine Lämmer sterben, weil offenbar schlicht nicht genug Nahrung vorhanden ist, wie der Tierarzt meint. Asa ist zunächst als Hirte ein passabler Ausfall, bis er bereits in fast hoffnungsloser Lage einem Schaf Geburtshilfe leistet. Die über Minuten dauernde Szene ist absolut kultig und eine Perle der Filmkunst. Nach einem Zerwürfnis mit Ondas beschliesst Asa gegen dem Willen seiner gutmütigen Schwester Samal, die Sippe zu verlassen, kehrt dann aber doch reumütig wieder zurück, ohne bei Tulpan je auch nur den Schimmer einer echten Chance erhalten zu haben.
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Fand es interessant, wie die Kritik diesen Film beurteilt. Bei IMDb wird der Film mit absurd mageren 7.1 bewertet. Die Sabidos und Filmfachleute fanden den Film durchwegs ganz ordentlich. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass viele der Kritiken diesen Film krass nicht verstanden haben. Ich kam, ob zu Recht oder nicht bleibe dahingestellt, zu anderen Schlüssen. Wenn ein Film wie Borat, der doch sehr cineastischer fast food ist, 7.3 erhält, hätte Tulpan mind. 1.5 Punkte mehr verdient gehabt. Tulpan ist kein Film, der nur so schnell locker flockig ein paar Gags raushaut, der hat schon viel mehr zu bieten und da haben viele Kritiker imo absurd daneben gelegen und den Film hinten und vorne nicht verstanden. Aber wie gesagt, das ist hier nur meine bescheidene Meinung.
Mir scheint, dass Meister Dvortsevoy seinen Film gleich auf 3 Ebenen inszeniert hat: a) einer Beschreibung des Lebens der Nomaden in der kasachischen Steppe. b) einer mit feinem Gespür für Witz und Absurditäten vorgetragenen Humoreske auf schelmische Art im Sinne eines Jose Maria Eca de Queiroz oder Francisco de Quevedo. c) eine ernste Auseinandersetzung mit Leben und Tod anhand der Geburt von Lämmern und dem Tod derselben. Als Geniestreich die unaufgeregte Integration dessen ins Leben der Protagonisten. Zudem die Erkenntnis, dass man Fische nicht mit Keksen fängt, oder Frauen eben nicht mit etwas, das sie nicht wollen, sondern dass eine Beziehung nur klappen kann, wenn die Bedürfnisse und Sehnsüchte kompatibel sind.
zu a)die Aufnahmen der kasachischen Steppe sind vom feinsten: karg, authentisch, nicht selten unwirtlich, die Bilder der kargen Jurte, die Nachrichten, welche der Junge aus dem Radio hört und seinem Vater Ondas auswendig berichtet. Die Schildkröte, welche dem Kind als Rennwagen dient.
b) der Kronleuter, welcher als Brautpreis in die Schlacht geworfen wird ist dermassen kitschig, dass er die Szene rausreisst. der Hinweis, dass Asas Ohren kleiner wären als jene vom Prinzen (gemeint sind die wohl bekanntesten Ohren eines Adeligen, jene von Prinz Charles). Asas Kumpel, Boni, ist zwar mit seltenem Humor ausgestattet, trotzdem wirkt er völlig desillusioniert mit seinen schäbigen Pornoheften. Er hat sichtbar resigniert und ginge glatt als kasachischer Al Bundy durch. Dass er trotzdem der Lustigste von allen ist, geht wohl unter Ironie des Schicksals.
c) die Szene von der Geburt des Lammes und der zunächst absoluten Hilflosigkeit von Asa sind imo der Höhepunkt des Filmes. Vor allem auch in Kontakt zu den früheren Todesfällen der Lämmer und der Labelung von Schwager Ondas, dass er als Hirte nicht wirklich zu gebrauchen sei.
Der Zuschauer hofft bis zum Schluss, die umworbene Tulpan irgendwann zu Gesicht zu bekommen. Sie werden nicht auf ihre Rechnung kommen. Regisseur Dvortsevoy wird wahrscheinlich viel über diese Pointe gegrinst haben. Ich könnte ihn verstehen.
Tulpan - Trailer auf deutsch