Risiko oder Pech? Ach ich fand den Gedanken von Ferrari nicht verkehrt Vettel reinzuholen. Die Strecke sah schon sehr gut aus und unterm Strich darf man auch bemerken, dass Sainz' Taktik nicht verkehrt war. Klar, er kam beim Start nicht gut von der Stelle (die anderen hatten einfach mehr Grip) und es dauerte, bis er die Trockenreifen auf Touren hatte ... aber er verlor weniger Zeit in den ersten Runden als die Konkurrenz ihm gegenüber durch den zusätzlichen Boxenstop.
Es war eine VSC-Phase (durch den Stroll-Perez-Unfall **), also der Zeitverlust durch den Boxenstop war geringer als bei einem Boxenstop während dem das Feld im Renntempo über die Strecke fliegt. Ergo kompensierte sich das etwas mit dem Zeitverlust der vielleicht 1, 2 oder 3 zu früh gewechselten Reifen.
Die Mehrheit des Feldes schloss sich der Ansicht an, dass es ein guter Zeitpunkt wäre, um auf Trockenreifen zu wechseln. Mercedes ... nunja ... die sind in den letzten Jahren ohnehin eher "vorsichtig" gewesen und haben lieber ne Runde später gewechselt.
Man kann den Vettel-Stop als Risiko bezeichnen ... man kann es aber auch als Risiko bezeichnen eben nicht reinzukommen, in der Hoffnung, dass die Performance der Intermediates noch möglichst lange den Trockenreifen ebenbürtig (oder besser) ist.
Hätte das Spitzenfeld nicht seine Reifenwechsel zum Beginn der SC-Phase wechseln können, als die Abstände noch groß waren und das ganze Feld durch die Boxengasse bummelte, dann hätte es Vettel und Sainz vielleicht ein gutes Stück nach vorne gespült.
** Ich war überrascht, dass Perez hier keinerlei Strafe bekommen hat. Gewiss, die Stewards wollen seit einer Weile nicht mehr ganz so hart durchgreifen wie noch 2015 oder so ... aber man stelle sich vor beispielsweise Hamilton und Vettel hätten sich in der ersten Runde derart berührt (unabhängig davon wer wen abgeschossen hätte) und dadurch hätte einer die Rennführung und das komplette Rennen verloren.
Kimi wurde heute endgültig in Rente geschickt.
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-langsam, richtig langsam
Räikkönen hatte wohl Probleme mit dem Motormapping und mit dem Reifenabbau an der Vorderachse. Räikkönen braucht nunmal eine stabile Front ... mit der pull-rod-Aufhängung (2013, 2014) hatte er die nicht (bzw. er kriegte da selten mit seinen Ingenieuren ein für ihn passendes Setup hin) ... 2016 sah das anders aus und er war mit Vettel zumeist gleichauf (unabhängig von den technischen Pannen bei Vettel).
Wenn ich das richtig überblicke ist Ferrari bei der Aufhängung einen leicht anderen Weg gegangen als die anderen Teams, wegen der Anströmung der bei ihnen sehr hohen Lufteinlässe der Seitenkästen. Vielleicht ein Grund, warum Räikkönen sich - wie auch schon in Melbourne - mit der Abstimmung der Front für den weicheren Reifensatz schwer tut.
Bei Vettel ist das halt anders ... ihm ist ein stabiles Heck wichtig ... wie von Emperor schon angesprochen. Gewiss, er ist nun auch ein starkes Rennen gefahren, besser als in China 2016. Damals war er noch über Kwjat in der Schneckenkurve derart überrascht, dass er vor Schreck in den Teamkollegen reinfuhr. Diesmal hat er die Linie bei der Einfahrt der Schneckenkurve im Vergleich zur Konkurrenz etwas variiert, um vielleicht nicht die allerschnellste Linie zu haben (wenn er freie Fahrt hätte), aber um aus Kurve 4 kommend besser beschleunigen zu können.
Währen Vettel und Räikkönen in einem anderen Jahrzehnt gegeneinander gefahren, dann könnte der Vergleich zueinander aufgrund der unterschiedlichen Vorlieben und Bedürfnisse (stabile Front, stabiles Heck) ganz anders aussehen.
Wenn Räikkönen wirklich 2017 so abliefert wie 2015, dann wird man sich bei Ferrari auch irgendwann fragen, warum der Finne einer des bestverdienenden Piloten im Feld ist und ob nicht der Fahrstil eines anderen Piloten besser zu ihrer Design-Philosophie passt.