gemessen an der diesjährigen Konstrukteurs-WM:
1. McLaren
In den letzten Jahren haben wir drei größere Regeländerungen gesehen.
2014 als sich die Aerodynamik und die Antriebe stark geändert haben. Mit etwas Glück fuhr McLaren beim Saisonstart zu einem Doppel-Podium danach war man von den 4 Mercedes-befeuerten Teams das viertstärkste.
2017 wurden die Boliden deutlich größer und McLaren rutschte ab auf den vorletzten Platz in der Konstruktions-WM
2022 kamen die Ground-Effect-Boliden zurück. Ein mageres Podium kam dabei für McLaren heraus, in den Jahren zuvor lief es besser.
Die Truppe ist gut aus ihrer jeweiligen Basis etwas rauszuholen (siehe z.B. die zweite Saisonhälfte 2023 und 2024 im Vergleich zum Saisonstart), aber meistens war man zu Beginn einer größeren Änderung an den Boliden nicht vorne mit dabei.
Ob man diesen Trend brechen kann, nachdem man dieses Jahr vermeintlich früher das Augenmerk auf die kommende Saison richtete als manch andere Teams?
Ich habe meine Zweifel.
2. Mercedes
Die Ground-Effect-Autos waren nicht so recht Mercedes' Ding, daher ist die Vermutung durchaus gegeben, dass man nächstes Jahr besser dastehen wird. Gerüchte um den Antrieb kann man viele haben ... es bleibt ein Ratespiel. Insgesamt wirkt die Truppe relativ stabil aufgestellt und hat zwei talentierte Piloten. Die Vermutung liegt durchaus nahe, dass Mercedes schon länger in 2026 investiert hat als manch andere Teams. Die Favoriten-Rolle ist verständlich.
3. Red Bull
Ein paar wichtige Köpfe sind über die vielen Jahre hier und da hin gezogen. Aber so wie man z.B. mal den Abgang von Peter Prodromou verkraftet hat, so hat man beispielsweise auch den Abgang von Dan Fallows und Rob Marshall verkraftet. Da liegt die Vermutung nahe, dass man auch ohne Newey klar kommt. Und die letzten Rennen legten auch nicht die Vermutung nahe, dass man Horner braucht, um Erfolg zu haben.
Dennoch, Red-Bull-Fans fürchten um einen gewissen "brain drain". Dass RB vor den Ground-Effect-Autos und ab der Einführung der Hybrid-Motoren keinen Konstrukteurs-Titel holte fällt auch ein wenig auf. Klar, nichtsdestotrotz war man 2020 und 2021 im Kampf um den Fahrer-Titel.
Das große Fragezeichen steht jedoch auch hinter dem Antrieb. Die letzten Jahre war die Entwicklung der Motoren "eingefroren" und man konnte mit den Honda-Antrieben weitermachen, obgleich sich jene Truppe vorrübergehend aus der F1 zurückzog.
Nun muss man mit Ford-Unterstützung einen neuen Antrieb selbst entwickeln ... und ich bin mir nicht sicher, wieviel Ford an Erfahrung mit High-Performance-Turbo-Motoren mit Hybrid-Komponente hat...
Ob die Neigung, dass der RB ein recht schwierig zu fahrendes Fahrzeug sei, bestehen bleibt ist abzuwarten.
4. Ferrari
"Nächste Saison wird unsere Saison" ist zum Leitspruch der Tifosi geworden. Und tatsächlich hatte Ferrari auch mal gute Zeiten, wenn an den Regeln kräftig geschraubt wurde. 2017 und 2018 fuhr Vettel um den Fahrer-Titel. 2022 war Leclerc der Mann, der zu Saison-Beginn den Ton angab.
Aber auch wenn man zumeist in der oberen Hälfte unterwegs ist, schwimmt doch immer ein gewisses Maß an Enttäuschung mit. In letzter Zeit wurde dieses besonders deutlich, wenn Hamilton einmal mehr ratlos im hinteren Bereich des Feldes unterwegs war, während die Haas um Punkte fahren.
Letztlich darf man Ferrari nicht unterschätzen, auch wenn sie - wie McLaren - dazu neigen manches zu verbocken.
Das "Hopium" bleibt stark, die Tifosi sind gespannt.
Nunja, Lewis Hamilton ist schon einmal zu einem neuen Team gewechselt, bevor es im Jahr darauf große Regeländerungen gibt.
5. Williams
Zuletzt lief es nicht so glänzend wie in der ersten Saison-Hälfte aber es bleibt dennoch festzuhalten, dass sich Williams dieses Jahr deutlich gesteigert hat und erstmals seit 2017 wieder in den Top 6 rangiert (genau genommen sogar in den Top 5).
Nichtsdestotrotz rechnet man irgendwie doch eher damit, dass es beim Mittelfeld bleibt.
6. VCARB
Wie auch immer es für VCARB laufen wird, man braucht nicht damit zu rechnen, dass die kleine Faenza-Truppe die große Schwester aus Milton Keyes hinter sich lässt.
7. Aston Martin
Die Silverstone-Truppe war schon öfter mal für Überraschungen gut. Viele Jahre war man fest im Mittelfeld etabliert und holte einige Punkte aus dem schmalen Budget. 2020 überraschte man mit der pinken Kopie eines Mercedes W10. 2023 war man eine ganze Weile zweite Kraft, bevor Mercedes, Ferrari und McLaren vorbei zogen.
Lawrence Stroll und seine Kollegen haben viel Geld in den Ausbau der Infrastruktur in Silverstone gesteckt ... das erinnert fast ein wenig daran, dass Mercedes das BAR/Honda/Brawn-Werk in Brackley stark vergrößerte und somit ein Fundament für den Erfolg ab 2014 hatte.
Während Lance Stroll halb motiviert wirkend seinen Platz im Team sicher hat, engagiert man seit mehreren Jahren (nach dem Abgang von Perez) frühere Mehrfach-Weltmeister, die woanders keine langfristigen Verträge mehr bekommen haben. Und diese fahren dann Stroll mehr oder weniger davon.
Aston Martin hat aufgestockt. Beim Personal (wie z.B. Newey), bei der Fabrik ... und natürlich beim Anspruch. Man will die Früchte sehen für die Arbeit die man investiert hat. Die Erwartungen an 2026 sind hoch.
Ein Newey kann natürlich auch nicht zaubern. Von 2000 bis 2008 waren seine Boliden mal mehr, mal weniger erfolgreich. Ebenso von 2014 bis 2019.
Nichtsdestotrotz, man will wieder Podien wie 2023. Man möchte wieder siegreich sein wie 2020. Man träumt gar von mehr. Gerade auch Alonso träumt von seinem ersten WM-Kampf seit 2012.
Im Rücken hat man dabei Honda, die Aston Martin quasi als neues "Werksteam" ansehen. Exklusive Partnerschaften mit Honda können auch daneben gehen (siehe 2015) ... aber diesmal hängen die Kollegen aus Sakura den anderen Motorherstellern zeitlich nicht hinterher.
8. Haas
Haas tauscht den Titelsponsor aus und intensiviert die technische Partnerschaft mit Toyota. Gleichzeitig wird man weiter auf den Windkanal in Maranello setzen und nicht auf den in Köln. Auch weiterhin wird Haas alles bei Ferrari kaufen was geht (Motor, Getriebe, Aufhängung, Hydraulik, Bremssystem, ...). Gewiss, Gerüchte werden bleiben, dass Toyota irgendwann Haas übernehmen wird, wenn deren Vertrag mit Ferrari ausläuft (läuft, glaube ich, bis Ende 2028). Zugleich intensiviert Toyota das TPC-Testprogramm mit älteren Haas-Boliden und verschafft den diversen Toyota-Piloten aus SuperGT und Super Formula Einsätze in F1-Boliden.
Zudem wird in Banbury mit Toyota-Unterstützung ein neuer Simulator gebaut.
Wie dem auch sei, auch wenn es die letzten beiden Jahre mit Haas deutlich bergauf ging, ist man doch klar entfernt von einem soliden Mittelfeld-Platz wie 2018 (als man gewissermaßen von der Ferrari-Stärke profitierte).
Gefühlt hängt der Erfolg von Haas immer ein Stück weit von Ferrari ab, während man letztlich mit der kleinsten Mannschaft im F1-Zirkus keine Bäume ausreißen kann.
9. Audi (ehemals Sauber)
Nachdem Peter Sauber in Abu Dabhi beim (abermals) letzten Rennen des Sauber-Rennstalls zu Besuch war, geht es nächste Saison ganz offiziell als Audi weiter.
Ob nun Gruppe B, oder DTM, oder Le Mans oder Dakar ... was Audi anfasste wurde früher oder später erfolgreich bestritten. Auch wenn Audi als neuer Motoren-Hersteller in die F1 kommt, Hybrid-Motoren sind für die Leute in Neuburg kein Hexenwerk. Und während man zum einen die Fabrik in Hinwil weiter nutzt, setzt man noch auf ein Technik-Center in Bicester, um besser Zugriff auf die personellen Kompetenzen im Motorsport-Valley in Großbritannien zu haben.
Erfolg kann man nicht erzwingen, das durfte z.B. auch Toyota erkennen. Dennoch bei Audi grübelt man viel ... und es gab auch schon so manch personelle Rochaden, wie z.B. dass Seidl durch Binotto ersetzt wurde.
So bleibt letztlich die Erwartungshaltung, dass Audi erneut in einer Motorsport-Serie früher oder später erfolgreich sein wird.
Bei der Dakar brauchte man 3 Jahre bis man oben stand.
Der 1999 von Dallara entwickelte Audi R8R kam in Le Mans direkt aufs Podium, bevor ein Jahr später die Audi-Dominanz begann.
Nun ist die Konkurrenz in der Formel 1 erkennbar größer und aufgrund der Budget-Obergrenzen nicht finanziell unterlegen, wie es einige Konkurrenten im Rally-Raid oder bei dem LMP sein mochten.
Dennoch, die Erwartungen bleiben hoch ... und Hülkenberg träumt vielleicht nach dem Rekord für die meisten Rennen ohne Podium irgendwann auch den Rekord für die meisten Rennen ohne Sieg los zu werden.
Es ist unwahrscheinlich, dass dies schon in naher Zukunft gelingt.
10. Alpine
Einst saß man in vorderster Reihe, als es darum ging von den Saugmotoren auf Turbo-Motoren zu wechseln. Gewiss, Renault hatte sich damals den Reihen-Vierzylinder gewünscht, welcher bei vergleichbarer Leistung deutlich kompakter ausfällt als ein V6.
Und immerhin ist doch der leistungsstärkste Motor der F1-Geschichte auch ein Vierzylinder.
Wie dem auch sei, jahrelang hatte man bei Renault/Alpine für den eigenen Antrieb nicht die besten Schlagzeilen abbekommen, auch wenn McLaren einst glücklich war, nachdem man von Honda zu Renault wechselte. Obgleich die Aggregate in ihrer Leistungsfähigkeit nahe beieinander liegen, galt irgendwann der Honda-Verbrennungsmotor dann doch als leistungsstärker als jener aus Viry-Chatillon. Dass man in manchen Jahren (z.B. 2022) auch mit der Zuverlässigkeit zu kämpfen hatte und Alonso fleißig Gridstrafen sammelte ... das kam dem Ruf des Renault-Antriebes auch nie entgegen.
Nachdem jahrelang kein anderes Team einen Renault/Alpine-Antrieb wollte (bzw. Andretti nicht mitmachen darf) hat man sich schließlich zum Rückzug entschlossen. So werden die Boliden aus Enstone künftig mit Mercedes-Motoren bestückt.
Was das Chassis drauf haben wird, das wird sich zeigen. In manchen Jahren fiel man mit Übergewicht auf, zuweilen waren die Leistungen auch sehr schwankend ... je nach dem ob man den eigenen Boliden gut verstand, oder ob man doch lieber am Ende des Feldes unterwegs war.
Vom 5-Jahres-Plan, den man einst 2016 präsentierte, hat man sich lange verabschiedet. Und setzte man damals noch auf teure Top-Fahrer wie Ricciardo, so setzt man nun auf die Gelder die Colapinto anzieht.
Manchmal bleibt dann doch der Eindruck, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Renault/Alpine keinen Bock mehr hat, zumal das Wiederbeleben der PKW-Marke Alpine mehr oder weniger gescheitert ist.
Man kriegt nicht den Eindruck, dass man bei Renault so richtig gewillt ist, stark in die F1 zu investieren.
11. Cadillac
Haas konnte beim Einstieg in die F1 29 Punkte in der ersten Saison holen. Für Cadillac wäre das sicher eine erstrebenswerte Marke. Nach 10 Jahren fährt Haas weiterhin dem ersten Podium hinterher und die drei neuen Teams die vorher in die Formel 1 dazu kamen (am ehesten bekannt als Manor, Caterham, HRT), haben nicht unbedingt viel Ruhm hinterlassen.
Toyota verabschiedete sich sieglos und so ist der jüngste Rennstall der irgendwann (wenngleich mittlerweile unter anderem Namen) einen Sieg holte und nicht aus dem Kauf eines anderen Teams hervor gegangen war, dann wohl doch der Stewart-Rennstall, welcher heute als Red Bull unterwegs ist.
Insofern sollte man von Cadillac auch nicht allzu viel erwarten, denke ich.
Gewiss, die FOM hat die General-Motors-Gruppe mit weitaus offeneren Armen empfangen, als man es bei Andretti tat ... aber ein Erfolgsgarant ist da nicht vorhanden.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Cadillac erstmal weiter hintem im Feld unterwegs sein wird.