Halbfinale Deutschland - Italien am 28.06.2012


Wer kommt ins Finale?


  • Umfrageteilnehmer
    0

L-X

Human Intelligence (pre-Alpha)
Beiträge
4.222
Punkte
113
Was führt ein Khedira denn? Da ist doch kein Ausdruck nichts dahinter.. Hat der Typ eigentlich schon 1x auf dem Platz geschrien?! Andere Spieler zurechtgewiesen oder sonstige Menschenführung bewiesen?
Genau, es gibt einfach viel zu wenig Kasernenhofbrüllerei und Oberfeldgehabe. Wahrscheinlich kontrolliert Khedira morgens noch nicht einmal den Zustand der Betten. Kann kein Führungsspieler sein.
 

Tony Jaa

Bankspieler
Beiträge
22.464
Punkte
113
Katalanische Fußballer sind ja vor allem auch allesamt so überzeugte Spanier... Kommt mal runter von dem Pferd, dass Fußballer nur hundertprozentige Leistung bringen, wenn sie sich mit einer Nation identifizieren und dies auch zur Schau stellen. (Gut, das fällt bei einer Hymne ohne Text eh schon mal schwer... :D)
Ich lasse da allenfalls gelten, dass die Italiener eben gestern schon bei der Hymne ein anderes Bild von sich gegeben haben, also dass sie diesen Auftritt nutzten, um Eindruck zu provozieren, aber da kann man auch dieses Prozedere vor dem Spiel weglassen, und das wäre trotzdem genau das gleiche geblieben.


Die Italiener haben auch gebrüllt, bevor sie bei der WM 2010 rausgeflogen sind.
In Deutschland hat das Singen der Hymne auch nicht viel Tradition. Ich verstehe es völlig, wenn man da nicht Mitsingen möchte.

Allerdings finde ich es schon schade, dass von den Leuten mit Migrationshintergrund nur (glaube ich) Klose mitsingt. Boateng, Poldi, Khedira, Özil sind die Einzigen, die immer schweigen und das transportiert dann doch schon eine gewisse Aussage.
Niemand kackt sich an, wenn Sahin die türkische Hymne singt. Ich bin mir auch sicher, dass Özil die türkische Hymne mitsingen würde, wenn er sich den Text merken kann.
 

ne1

Nachwuchsspieler
Beiträge
13.294
Punkte
0
@ ne1
Was ich meine ist: Du feierst hier Italien ab und weist daraufhin, dass du total happy bist, dass D gerade rausgeflogen ist. Den Nationalismus findest du in vielen anderen Ländern genau so. Wieso also dem einen Land den Garaus wünschen un sich für das andere freuen. Das macht keinen Sinn.
Ach, ein bisschen Schadenfreude ist doch halb so wild angesichts der Kommentare hier. Ich freue mich auch nicht wirklich für Italien (warum auch), sondern eher darüber, wie diese Illusion vom "Partysportpatriotismus" immer schön zerbröckelt, wenn Deutschland verliert.
Wenn es nach mir ginge könnte ich übrigens auf das Singen der Nationalhymnen vor Spielbeginn bei allen Sportarten verzichten. Das ist überflüssiger, altertümlicher Quatsch in meinen Augen und bringt eine politische Dimension in den Sport, mit der ich nicht ganz einverstanden bin.
 

ne1

Nachwuchsspieler
Beiträge
13.294
Punkte
0
Allerdings finde ich es schon schade, dass von den Leuten mit Migrationshintergrund nur (glaube ich) Klose mitsingt. Boateng, Poldi, Khedira, Özil sind die Einzigen, die immer schweigen und das transportiert dann doch schon eine gewisse Aussage.

Hier im Forum, oder vorgestern bei Markus Lanz (mein Gott... dass ich das wirklich geguckt habe) findest du die perfekten Beispiele dafür, warum sie vielleicht nicht mitsingen: Weil sie genau wissen, wenn sie keine Profisportler wären, wären sie in vielen Fällen eben nicht als "normale Deutsche" in diesem Land akzeptiert, sondern sie wären eben "Deutsche mit Migrationshintergrund", in den Augen der meisten relativ kleingeistigen Fussballfans sogar wohl einfach nur "der Türke" oder "der Pole".

Ein wunderbares Beispiel dafür ist das Gerede von der "multikulturellen" deutschen Nationalmannschaft. Warum wird sie als multikulturell beschrieben, obwohl alle Spieler sind in Deutschland, also im deutschen Kulturkreis, aufgewachsen sind? Vielleicht weil sie anders aussehen und die meisten damit leider nach wie vor Fremdartigkeit (lies: ein anderer kultureller Hintergrund) assoziieren?

Dein Beitrag zeigt das wunderbar. Es singen nicht "einige deutsche Nationalspieler" die Hymne nicht mit, es singen "ausgerechnet diese bestimmten" deutschen Nationalspieler die Hymne nicht mit. Diese Unterscheidung sollten wir einfach nicht mehr machen. Aber das geht sicherlich zu weit für diesen Thread hier.

Bis in die 1980er hat übrigens kein deutscher Nationalspieler die Nationalhymne gesungen.
 

Deffid

Bankspieler
Beiträge
5.023
Punkte
113
Tja was soll man großartig sagen. Nach vorne zu einfallslos gewesen, Gomez und Podolski zu bringen war ein großer Fehler, hinten grobe Fehler...

Habe jetzt den Thread nicht gelesen, aber in der Öffentlichkeit sucht man für das 1-0 irgendwie einen Alleinschuldigen? Finde da haben in der Reihenfolge Boateng, Hummels und Badstuber gleichermaßen versagt. Boateng lässt sich verarschen, Hummels rückt raus und kann die Flanke auch nicht verhindern, Badstuber hat eigentlich eine gute Position im Kopfballduell und hängt dann an Balotellis Hüfte rum...glaube da bricht sich kein Vereinsfan einen Zacken aus der Krone, wenn er zugibt, dass alle drei versagt haben.

Beim zweiten Gegentor muss Lahm Balotelli ins Abseits stellen und nicht so dämlich das Abseits aufheben.

Italien hat verdient gewonnen und beeindruckt mich in diesem Turnier. Durchweg positiver Eindruck und ich hoffe sie packen das gegen Spanien.
 

KillerHornet

Bankspieler
Beiträge
4.959
Punkte
113
Die meiste Aufregung hier ist völlig übertrieben. Das ist Fußball und da spielt Glück/ Pech/ Zufall eine viel größere Rolle als der gemeine Fan bereit ist zuzugeben. Erfolg ist eben nicht immer planbar und ob Reus statt Podolski und Müller statt Kroos die Gegentore verhindert hätten, darf wohl auch angezweifelt werden.

Italien hat gestern vor allem im Mittelfeld sehr gut gespielt, ohne jedoch Deutschland chancenlos erscheinen zu lassen. Vor Italiens Tor kann es auch gut und gerne 3:0 für Deutschland stehen (Rettungstat Pirlo, Fast-Eigentor Barzagli, Distanzschüsse Kroos und Khedira). Balotelli macht dann auch einfach beide Tore überragend. Vor dem 1:0 orientiert er sich erst nach außen und macht dann im richtigen Moment den Haken in den Rücken von Badstuber. Den Kopfball macht auch nicht jeder. Beim 2:0 steht er allein vor Neuer und macht sich nicht wie Nani die Hosen voll, sondern haut das Ding unhaltbar in den Winkel. Das lief in der Summe also ziemlich unglücklich. Dass es dann gegen Italien schwer wird, ist klar und eigentlich muss man die Mannschaft dafür loben, nicht aufgesteckt zu haben.

Italien ist natürlich dennoch hoch verdient weiter und hätte mit besseren Kontern ein argentinisches Debakel bei uns auslösen können. Die spielerische und taktische Klasse der Italiener muss man jetzt einfach anerkennen, sollte aber auch nicht vergessen, dass eine erneutes Aufeinandertreffen ein offenes Spiel wäre.

Neuers Mittellinien-Libero-Leistung in den letzten fünf Minuten war übrigens der Wahnsinn. :ricardo:
 

Spree

Bankspieler
Beiträge
23.236
Punkte
113
kann man sich die nationalhymnen von gestern irgendwo nochmal anschauen?
 

mass

Bankspieler
Beiträge
8.739
Punkte
113
Die meiste Aufregung hier ist völlig übertrieben. Das ist Fußball und da spielt Glück/ Pech/ Zufall eine viel größere Rolle als der gemeine Fan bereit ist zuzugeben. Erfolg ist eben nicht immer planbar und ob Reus statt Podolski und Müller statt Kroos die Gegentore verhindert hätten, darf wohl auch angezweifelt werden.

Italien hat gestern vor allem im Mittelfeld sehr gut gespielt, ohne jedoch Deutschland chancenlos erscheinen zu lassen. Vor Italiens Tor kann es auch gut und gerne 3:0 für Deutschland stehen (Rettungstat Pirlo, Fast-Eigentor Barzagli, Distanzschüsse Kroos und Khedira). Balotelli macht dann auch einfach beide Tore überragend. Vor dem 1:0 orientiert er sich erst nach außen und macht dann im richtigen Moment den Haken in den Rücken von Badstuber. Den Kopfball macht auch nicht jeder. Beim 2:0 steht er allein vor Neuer und macht sich nicht wie Nani die Hosen voll, sondern haut das Ding unhaltbar in den Winkel. Das lief in der Summe also ziemlich unglücklich. Dass es dann gegen Italien schwer wird, ist klar und eigentlich muss man die Mannschaft dafür loben, nicht aufgesteckt zu haben.

Italien ist natürlich dennoch hoch verdient weiter und hätte mit besseren Kontern ein argentinisches Debakel bei uns auslösen können. Die spielerische und taktische Klasse der Italiener muss man jetzt einfach anerkennen, sollte aber auch nicht vergessen, dass eine erneutes Aufeinandertreffen ein offenes Spiel wäre.
Neuers Mittellinien-Libero-Leistung in den letzten fünf Minuten war übrigens der Wahnsinn. :ricardo:

Ist alles ganz gut zu lesen und ich könnte da zustimmen. Nur fehlt mir ein wichtiger Punkt. Das Glück kann man im Sport schon auch ein wenig erzwingen. Und da sehe ich schon einen gewaltigen Unterschied zwischen dem italienischen und dem deutschen Team. Natürlich wäre die Chance bei einem erneuten Aufeinandertreffen theoretisch erst einmal 50:50. Und in allen anderen Spielen, seien es Freundschaftskicks oder auch mal ein Gruppenspiel in welchem es nicht um das direkte Ausscheiden geht, geht es ja dann auch Remis aus. Aber wen Du auf deutscher Seite bei einem erneuten KO-Spiel gegen Italien als Führungsfigur der ein Spiel drehen könnte sähest, würde mich schon intressieren!
 

Tony Jaa

Bankspieler
Beiträge
22.464
Punkte
113
Hier im Forum, oder vorgestern bei Markus Lanz (mein Gott... dass ich das wirklich geguckt habe) findest du die perfekten Beispiele dafür, warum sie vielleicht nicht mitsingen: Weil sie genau wissen, wenn sie keine Profisportler wären, wären sie in vielen Fällen eben nicht als "normale Deutsche" in diesem Land akzeptiert, sondern sie wären eben "Deutsche mit Migrationshintergrund", in den Augen der meisten relativ kleingeistigen Fussballfans sogar wohl einfach nur "der Türke" oder "der Pole".

Ja, das ist auch traurig. Ich sehe das ja auch von beiden Seiten.


Ein wunderbares Beispiel dafür ist das Gerede von der "multikulturellen" deutschen Nationalmannschaft. Warum wird sie als multikulturell beschrieben, obwohl alle Spieler sind in Deutschland, also im deutschen Kulturkreis, aufgewachsen sind? Vielleicht weil sie anders aussehen und die meisten damit leider nach wie vor Fremdartigkeit (lies: ein anderer kultureller Hintergrund) assoziieren?

Sorry, das ist doch Blödsinn.
Warum schreibt Özil auf seiner HP und Facebook-Seite auch auf Türkisch.


Dein Beitrag zeigt das wunderbar. Es singen nicht "einige deutsche Nationalspieler" die Hymne nicht mit, es singen "ausgerechnet diese bestimmten" deutschen Nationalspieler die Hymne nicht mit. Diese Unterscheidung sollten wir einfach nicht mehr machen. Aber das geht sicherlich zu weit für diesen Thread hier.

Bis in die 1980er hat übrigens kein deutscher Nationalspieler die Nationalhymne gesungen.


Was soll das bitte aussagen?
Ich kenne genug Türken oder Leute vom Balkan, die sehr wohl auf einen Unterschied zwischen ihnen und Deutschen wie Stefan Schmidt bestehen. Die Herkunft ist nun mal ein Teil der Identität.
Wenn ich das nächste Mal einen türkischen Kumpel besuche und die Mutter dann extra in der Nacht aufsteht um uns Tee und Süßigkeiten zuzubereiten, werde ich mir denken: Jaja, typische deutsch.

Ich respektiere die Unterschiede in unserer Gemeinschaft, aber ich würde lügen, wenn ich so tun würde, als würde es sie nicht geben.

Ich finde so eine Einstellung wie die von Cacau einfach schön. "Ich bin 100% Brasilianer und 100% Deutscher."
 

ne1

Nachwuchsspieler
Beiträge
13.294
Punkte
0
Sorry, das ist doch Blödsinn.
Warum schreibt Özil auf seiner HP und Facebook-Seite auch auf Türkisch.
Warum sollte er das nicht tun? Und viel wichtiger: Warum hat das für dich Auswirkungen auf sein "Deutschsein"?

Ich finde so eine Einstellung wie die von Cacau einfach schön. "Ich bin 100% Brasilianer und 100% Deutscher."
Ja, das gefällt mir auch. Das zeigt aber doch auch, worauf ich hinaus will: Er ist 100% beides, während die Diskussion in Deutschland uns immer weiß machen will, das ginge nicht wirklich. Siehe dein Beitrag: Özil ist deutsch, schreibt ABER auch mal auf türkisch auf seiner Homepage...
 

Spielberg1

Nachwuchsspieler
Beiträge
7.808
Punkte
0
Die Italiener haben auch gebrüllt, bevor sie bei der WM 2010 rausgeflogen sind.
In Deutschland hat das Singen der Hymne auch nicht viel Tradition. Ich verstehe es völlig, wenn man da nicht Mitsingen möchte.

Allerdings finde ich es schon schade, dass von den Leuten mit Migrationshintergrund nur (glaube ich) Klose mitsingt. Boateng, Poldi, Khedira, Özil sind die Einzigen, die immer schweigen und das transportiert dann doch schon eine gewisse Aussage.
Niemand kackt sich an, wenn Sahin die türkische Hymne singt. Ich bin mir auch sicher, dass Özil die türkische Hymne mitsingen würde, wenn er sich den Text merken kann.

Da scheint sich allerdings ein Wandel zu vollziehen. Ich schaue gerade auf Eurosport die U17-EM der Damen. Alle Mädels, wirklich ALLE, standen da mit Hand auf der Brust und sangen lauthals die deutsche Nationalhymne. War sehr beeindruckend, hab ich noch nie bei einer deutschen Nationalmannschaft gesehen, egal welche Sportart.
 

Dorian Gray

Bankspieler
Beiträge
4.778
Punkte
113
Ich persönlich war gestern schon ein wenig enttäuscht. Als Deutscher. Als Fan der deutschen Nationalmannschaft, aber diese Enttäuschung hielt sich bei mir persönlich nach den vergangenen Wochen arg in Grenzen.

Was gestern passiert ist, war für mich wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Löw adaptierte die bayrische Arroganz und ließ vor dem Turnier erst mal mit einem vergifteten Pfeil in Richtung BVB aufwarten. Alle Aussagen trieften nur vor Arroganz, Selbstherrlichkeit und Ignoranz. Das zog sich vom Trainerteam, über die Spieler hinweg bis zu den Medien wie ein roter Faden durch das Turnier.
Man vernahm Aussagen wie "Trainer ist keine Idiot", "Wir werden Italien schlagen" und schließlich gehe der Turniersieg ja nur über Deutschland.

Letztendlich was das prätentiös und geheucheltes Selbstbewusstsein, das dann auf dem Spielfeld platzte wie eine Seifenblase. Auch die Medien stimmten mit ein. Da war von den Deutschen die Rede, die besser als Spanien seien. Da war vom Bundestrainer mit dem goldenen Händchen die Rede und Rethy erklärte Gomez zu einem Spieler mit "herausragenden fußballerischen Fähigkeiten". Ich glaube nicht, dass er das selbst glaubte. Das war Masche, das war das Konzept. Angelegt auf Hype, Hype, Hype, hurra, Trallala. Man wollte den gemeinen ZDF-Fernsehgartenzuschauer nicht verprellen, indem man realitätsnahe Analysen liefert, die den Resultaten widersprechen. Das hätte Verwirrung ausgelöst. Braucht keiner. Passt nicht rein.

Von daher für mich komplett verständlich, dass MS darauf rumreitet. Ich nehme es ihm auch ab, dass das ein Grund für seine Missgunst gegenüber der deutschen Nationalmannschaft ist. Man hat doch vollkommen vergessen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auf das Spiel selbst. Man wurde das Gefühl nicht los, dass Spieler und Trainerteam in Gedanken schon lange beim Finale waren. Zumindest teilweise. Besonders fatal, dass dann ein Reus, von dem ich sehr viel halte, der ungleich talentierter als Podolski ist, aber international noch nichts gerissen hat, plötzlich große Töne spuckt.
Das spricht Bände und steht für das Konstrukt DFB und DFB-Team. Ein gigantischer Bayernblock, Überheblichkeit noch und nöcher und dann ein Hauch von nichts, als es darauf ankam. Reus muss man in Dortmund auch erst mal wieder einfangen.

Als Sahnehäubchen mischt sich der DFB in den Kleidungsstil von Frau Khedira ein. Das ist alles nicht immer so wichtig, alles nicht immer entscheidend. Aber es steht symbolisch für das Ganze. Und da finde ich mich überhaupt nicht mehr wieder. Sind lediglich meine persönlichen Eindrücke und kann MS komplett verstehen. Damit will ich überhaupt nicht sagen, dass in Dortmund alles besser ist oder ich alles besser weiß. In Dortmund gibt es auch noch viel Luft nach oben, aber die Conentance, der Demut und der Blick auf die elementaren Dinge gefällt mir einfach besser. Es ist ja nicht so ganz abwegig, wenn man sich davon einfach mal eine Scheibe abschneidet.

Richtig und wichtig, dass es da gestern zur rechten Zeit einen Schuss vor den Bug gab. Hätte man sich zum Titel gerumpelt, wäre die ganze Chose auch noch gnadenlos abgefeiert worden.

Jetzt der Knackpunkt. Man muss jetzt nicht alles an fehlenden Leitwölfen festmachen. Es ist nicht an den Haaren herbeigezogen, wenn man sagt, einigen fehle das Siegergen. Manche sind zudem zu grün hinter den Ohren und Schweinsteiger hat einfach auch gar nicht das Talent, um das Spiel aus der Zentrale zu mit Geistesblitzen zu delegieren. Fitnesszustand hin oder her.
Es war eine Mischung aus einem nicht ganz passenden Offensivkonzept, einem legendären Taktikfauxpas und der fehlenden Abgezockheit. Pech kam auch noch hinzu, was im Fußball einfach immer ein Faktor ist.

Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass Löw bis zum gestrigen Spiel alles richtig machte und ihm gestern ein einmaliger Aussetzer unterlaufen ist. Dieser Aussetzer hat sich angedeutet und war die logische Folge. In der Vorrunde hatte man gegen Portugal vorne große Probleme. Aus der Retrospektive heraus muss man sagen, dass man gegen desaströse Niederländer wenig gezeigt hat. Gegen Dänemark war auch vieles fragil und das Spiel gegen Griechenland darf man nicht zu hoch hängen, auch wenn hier endlich mal Rochade und Kombinationsspiel stattgefunden hat. Ein guter Griff von Löw, den man letzten Endes nicht überbewerten darf.

Positiv muss man sicherlich das Defensivkonzept in den ersten vier Spielen und einige Personalentscheidungen sehen. Bender hat überzeugt, Gomez passte auch gegen Portugal und die Niederlande. Dass die Maschine in ihrer Gesamtheit vorne nicht läuft, hat sich in der Vorrunde allerdings abgezeichnet. Man kann es auf den Punkt bringen: Löw will Kombinationsfußball spielen, stellt partiell aber gar nicht das Spielermaterial dafür auf. Das muss man ihm ankreiden. Für mich ist das Kind schon vorher in den Brunnen gefallen, weil es klar war, dass Löw in seiner Betriebsblindheit an falschen Säulen nicht rütteln würde.
Die rechte Seite ist gestern verwaist, Özil konnte mit Gomez und Poldi gar nicht kombinieren. Kroos ist technisch hoch veranlagt, bringt aber sonst nichts mit, was ihn für so ein Spiel prädestiniert. Er besitzt kein Tempo und ist am Strafraum oft hilflos. Ein Defensivkönner, der Pirlo ausschalten kann, ist er auch nicht und dazu hat er noch die Ausstrahlung einer Ikealampe.

Es kam dann eins zum anderen. Die Mannschaft spürte, dass vorne und hinten nichts passt, verweigerte die Bewegung in der Arbeit nach hinten und Hummels, Badstuber und Boateng kamen zwischenzeitlich gar nicht mehr in Zweikämpfe. Beim 1:0 waren sie alle überfordert. Aber die Fehlerkette fing schon vorne an, als Pirlo Platz hatte ohne Ende und alle die Verteidigung verweigerten. Wenn ich mich richtig erinnere. Wie viel Schuld Löw daran trägt, weiß ich nicht genau. Man kann das sicher aber besser einstellen.
Als Reus und Poldi gekommen sind, war es zu spät. Sie hätten besser gepasst, als die Italiener den Deutschen anfangs noch mehr Platz ließen und kein mentales Oberwasser hatten. Was falsch gemacht wurde, konnte nicht mehr korrigiert werden. Dass Reus bei tiefstehenden Mannschaften noch nicht alle Schlüssel parat hat, hat auch jeder gesehen. Er kann das aber lernen.

Es ist jetzt nicht alles schlecht. Ich fordere auch nicht Löws Kopf. Wenn man 4 x in Serie in ein Halbfinale einzieht, muss Qualität vorhanden sein und auch das Trainerteam kann nicht alles falsch gemacht haben. Bloß ist auch längst nicht alles so rosarot, wie es die Medien uns suggerieren wollten. Will man in den entscheidenden Spielen endlich einige Schippen draufpacken, muss vieles hinterfragt werden. Talent ist auf den meisten Positionen noch und nöcher da. Löw muss bei sich selbst anfangen, bei den Personalentscheidungen weitermachen. Bei den Spielern selbst muss es sich fortsetzen. Wenn ein Gomez meint, er sei am Ende seiner Entwicklung, ist das kein Signal, das mich optimistisch stimmt. Er ist ein guter Stürmer, mit Bombenabschluss, aber keiner, der Technik oder Beweglichkeit besitzt. Ein weiteres Beispiel für das momentan deutsche herrschende Selbstverständnis, das ich schon an Reus illustriert habe.
Podolski wird Probleme kommen in seinem Alter als ein Spieler, der vom Antritt lebt. Schweinsteiger darf auch keinen Persilschein bekommen. Die Kombination Özil, Götze/Reus oder Müller muss mal länger eine Chance erhalten, sich zu erweisen und das einem passenden System. Das sind Spieler für Kombinationsfußball. Wenn Gündogan seine Leistungen bestätigt, könnte er von der Sechs mehr Input bringen. Aufgrund seiner fehlenden internationalen Erfahrung darf man natürlich ein Fragezeichen dahintersetzen.

En bloc hat Löw zu wenig einspielen lassen, zu viele durchgewürfelte Mannschaften im Vorfeld der EM auf den Platz geschickt, um sie dann mit scheinbaren Finessen im Halbfinale zu überfordern. Dass die unbeweglichen Gomez, Kroos und Poldi kein Kombinationsfeuerwerk abliefern, war klar. Es war kein Feuerwerk, sondern nur Nebelkerzen. Die chirurgische deutsche Präzision war keine, weil man vielleicht in zu vielen Videoanalysen und dem Festhalten an den alten Stammkräften am Ende den Überblick verlor. Im Gefühl, man wäre so gut, dass man mit allen anderen Katz und Maus spielen könnte, ging man unter. Löw erlebte sein taktisches Waterloo und zeigte, dass deutsche Akkuratesse und Ingieneurskunst nicht auf allen Feldern funktioniert.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

masula

Nachwuchsspieler
Beiträge
4.183
Punkte
63
Ort
Auch
Hier wird immer von Ermüdung und weniger Zeit zur Erholung gesprochen, niemand spricht aber davon, daß solche Siege wie Doping für die Muskulatur sind und eine Mannschaft noch stärker zusammenschweißt. Psychologie ist nunmal ein unglaublich wichtiger Faktor, glaubt doch niemand daran, daß die Engländer ausgeschieden sind, weil Sie pech hatten.
Die haben das Spiel im Kopf verloren. Deshalb muss man sich gegen Italien mental perfekt vorbereiten, denn Deutschlands Schlüsselspieler kennen dieses Gefühl. Das wird Sie gegen Italien lähmen, wenn es nicht sofort so funktioniert wie Sie es sich wünschen.
Die Skills werden dieses Spiel nicht entscheiden. Italien ist nicht Griechenland.
Scholl hat es doch schon angedeutet, als er nicht auf die Frage von Obdi einging, ob die Italiener reif sind.


Mit Pirlo steht ein unglaublich erfahrener und lässiger Virtuose im Mittelfeld von Italien. Da kann weder Schweinsteiger-auch in topform nicht- noch Khedira mithalten. Montolivo ist natürlich nicht auf diesem Niveau. Muss er aber auch nicht. Trotzdem sollte Deutschland ihn nicht unterschätzen.
Stört man die Kreise von Pirlo, dann kontrolliert man Italien.

Mit Ballotelli hat er seit langer Zeit einen athletischen Abnehmer für seine langen Pässe - auch wenn dieser nichts daraus machte - zumindest hält er den Ball und ermöglicht das Nachrücken seiner Kollegen.

Gegen Deutschland wird sich Italien so präsentieren wie gegen Spanien, schnelle Konterattacken aus einer 5er Abwehrkette heraus, die tief stehen wird. Das liegt den Italiener eher als selber das Spiel machen zu müssen.
Prandelli hin Prandelli her.


So, jetzt könnt Ihr mich steinigen.

Gute Analyse im nachhinein. :thumb:
 

Tony Jaa

Bankspieler
Beiträge
22.464
Punkte
113
@beautifulworld

Die Geschichte mit Reus würde ich nicht überinterpretieren. Der Junge ist, ähnlich wie Özil, die Ineloquenz in Person und ansonsten keiner, der das Mikro sucht. Diese PKs sind dann halt Pflichtveranstaltungen und solche pseudo-selbstbewussten Aussagen werden dann halt gerne genommen, wenn man sich nicht anders zu helfen weiß.
 

Buster D

Bankspieler
Beiträge
24.860
Punkte
113
Ein wunderbares Beispiel dafür ist das Gerede von der "multikulturellen" deutschen Nationalmannschaft. Warum wird sie als multikulturell beschrieben, obwohl alle Spieler sind in Deutschland, also im deutschen Kulturkreis, aufgewachsen sind? Vielleicht weil sie anders aussehen und die meisten damit leider nach wie vor Fremdartigkeit (lies: ein anderer kultureller Hintergrund) assoziieren?

:confused:Es sind doch genau Leute wie du, die ständig mit diesem zwanghaften Gefasel von der "multikulti Truppe" und mit den Bezeichnungen wie "bunt" ankommen, um darauf zu verweisen wie erfrischend "undeutsch" diese Mannschaft doch ist. Das geht dann teilweise so weit, dass man Özil als technisch brillanten Spieler zujubelt und das darauf zurück führt, dass er türkisches Blut in den Adern hat. Mehr Blut und Boden geht doch kaum noch :crazy: Dieses zwanghafte wie peinliche herum reiten auf irgendwelchen Wurzeln, wo doch Spieler wie Boateng (meines Wissens sogar in Berlin bei seiner allein erziehenden dt. Mutter aufgewachsen, war hier mal dank Falko Götz ein großes Thema), Gomez oder Khedira sogar ein dt. Elternteil haben. Ich denke das Problem ist, dass Leute wie du insgesamt ein Problem mit einem gesunden Patriotismus haben und es in Deutschland leider zu viele davon gibt.

Dieser deutsche Selbsthass erschwert die Integration von Migranten mindestens genauso wie irgendwelche hohlen Glatzköpfe, die es überall gibt (ein Balotelli hat es z.B. in Italien sicher deutlich schwerer als ein Boateng oder Özil in Deutschland). Ich habe schon von vielen Migranten gehört (zumal ich einen Sport betreibe, der von Migranten dominiert wird), dass es ihnen schwer fällt, sich mit Deutschland zu identifizieren, wenn das nicht mal viele Deutsche schaffen und sofort das schlimmste wittern, wenn jemand die Hymne mitsingt oder eine Deutschland Fahne schwenkt.

Da identifizieren sich viele lieber mit der Heimat ihrer Eltern, obwohl der Bezug vielfach aufgrund der räumlichen Distanz und der fehlenden Sozialisation einfach fehlt, aber zu der man sich zumindest unverkrampft bekennen, die Hymne mitsingen und die Fahnen schwenken kann. Die diversen Flaggenpossen in Berlin Kreuzberg oder Neukölln, wo türkisch oder arabisch stämmige Deutsche zu solchen Großereignissen deutsche Flaggen hissen und irgendwelche linksalternativen Wirrköpfe diese herunter reissen, sprechen doch Bände über die Zustände in diesem Land.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Dorian Gray

Bankspieler
Beiträge
4.778
Punkte
113
@beautifulworld

Die Geschichte mit Reus würde ich nicht überinterpretieren. Der Junge ist, ähnlich wie Özil, die Ineloquenz in Person und ansonsten keiner, der das Mikro sucht. Diese PKs sind dann halt Pflichtveranstaltungen und solche pseudo-selbstbewussten Aussagen werden dann halt gerne genommen, wenn man sich nicht anders zu helfen weiß.

Ok, vielleicht seh ich das zu streng. Denke aber, dass das bei Löw und anderen schon anders aussieht. ;)
 

ne1

Nachwuchsspieler
Beiträge
13.294
Punkte
0
:confused:Es sind doch genau Leute wie du, die ständig mit diesem zwanghaften Gefasel von der "multikulti Truppe" und mit den Bezeichnungen wie "bunt" ankommen, um darauf zu verweisen wie erfrischend "undeutsch" diese Mannschaft doch ist.
Das ist falsch. Ich habe die deutsche Nationalmannschaft niemals als "undeutsch" bezeichnet. Genausowenig habe ich versucht das anzudeuten. Das weißt du natürlich auch, bist dir nur nicht zu schade mir irgendwie Dinge in den Mund zu legen.

Dieses zwanghafte wie peinliche herum reiten auf irgendwelchen Wurzeln, wo doch Spieler wie Boateng (meines Wissens sogar in Berlin bei seiner allein erziehenden dt. Mutter aufgewachsen, war hier mal dank Falko Götz ein großes Thema), Gomez oder Khedira sogar ein dt. Elternteil haben.
Mein Reden.

Ich denke das Problem ist, dass Leute wie du insgesamt ein Problem mit einem gesunden Patriotismus haben und es in Deutschland leider zu viele davon gibt.
Die Idee eines "gesunden" Patriotismus' ist ein Märchen. Die Grenze zwischen Patriotismus und Nationalismus, die die Medien in EM- und WM-Zeiten immer wieder heraufbeschwören, ist empirisch nicht erkennbar. Dazu gibt es etliche Studien, unter anderem auch auf Basis von Interviews mit deutschen Fans auf den Fanmeilen während dem "Sommermärchen". 2006 war beispielsweise damals ein Rekordjahr für rechte Gewalt. Auch der Nationalismus hat nach 2006 zugenommen (darüber hatte damals auch die SZ berichtet).

Dieser deutsche Selbsthass erschwert die Integration von Migranten mindestens genauso wie irgendwelche hohlen Glatzköpfe, die es überall gibt (ein Balotelli hat es z.B. in Italien sicher deutlich schwerer als ein Boateng oder Özil in Deutschland).
Interessante These, für die ich zwar überhaupt keine Hinweise erkenne (die meisten dieser neuen "Partypatrioten" zeichnen sich doch offenbar gerade durch ihr unverkrampfte Verhältnis zu Deutschland aus), aber über die es sich sicherlich nachzudenken lohnt.

Meine Ablehnung gegenüber Patriotismus hat übrigens nicht im Geringsten etwas mit meiner Nationalität als Deutscher zu tun. In meinen Augen ist es einfach ein überholtes, heute vollkommen überflüssiges Relikt aus der Geschichte. In Zeiten der Globalisierung, intra-, super-, und internationaler Kooperation usw. sehe ich einfach keinen Sinn darin, patriotisch zu sein. Im Gegenteil, es fördert eine mentale "wir-die"-Trennung, die einfach nicht mehr zeitgemäß ist und eher Konflikte verursacht.
 
Zuletzt bearbeitet:

kopfball

Nachwuchsspieler
Beiträge
1.090
Punkte
63
Ich persönlich war gestern schon ein wenig enttäuscht. Als Deutscher. Als Fan der deutschen Nationalmannschaft, aber diese Enttäuschung hielt sich bei mir persönlich nach den vergangenen Wochen arg in Grenzen.

Was gestern passiert ist, war für mich wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Löw adaptierte die bayrische Arroganz und ließ vor dem Turnier erst mal mit einem vergifteten Pfeil in Richtung BVB aufwarten. Alle Aussagen trieften nur vor Arroganz, Selbstherrlichkeit und Ignoranz. Das zog sich vom Trainerteam, über die Spieler hinweg bis zu den Medien wie ein roter Faden durch das Turnier.
Man vernahm Aussagen wie "Trainer ist keine Idiot", "Wir werden Italien schlagen" und schließlich gehe der Turniersieg ja nur über Deutschland.

Letztendlich was das prätentiös und geheucheltes Selbstbewusstsein, das dann auf dem Spielfeld platzte wie eine Seifenblase. Auch die Medien stimmten mit ein. Da war von den Deutschen die Rede, die besser als Spanien seien. Da war vom Bundestrainer mit dem goldenen Händchen die Rede und Rethy erklärte Gomez zu einem Spieler mit "herausragenden fußballerischen Fähigkeiten". Ich glaube nicht, dass er das selbst glaubte. Das war Masche, das war das Konzept. Angelegt auf Hype, Hype, Hype, hurra, Trallala. Man wollte den gemeinen ZDF-Fernsehgartenzuschauer nicht verprellen, indem man realitätsnahe Analysen liefert, die den Resultaten widersprechen. Das hätte Verwirrung ausgelöst. Braucht keiner. Passt nicht rein.

Von daher für mich komplett verständlich, dass MS darauf rumreitet. Ich nehme es ihm auch ab, dass das ein Grund für seine Missgunst gegenüber der deutschen Nationalmannschaft ist. Man hat doch vollkommen vergessen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auf das Spiel selbst. Man wurde das Gefühl nicht los, dass Spieler und Trainerteam in Gedanken schon lange beim Finale waren. Zumindest teilweise. Besonders fatal, dass dann ein Reus, von dem ich sehr viel halte, der ungleich talentierter als Podolski ist, aber international noch nichts gerissen hat, plötzlich große Töne spuckt.
Das spricht Bände und steht für das Konstrukt DFB und DFB-Team. Ein gigantischer Bayernblock, Überheblichkeit noch und nöcher und dann ein Hauch von nichts, als es darauf ankam. Reus muss man in Dortmund auch erst mal wieder einfangen.

Als Sahnehäubchen mischt sich der DFB in den Kleidungsstil von Frau Khedira ein. Das ist alles nicht immer so wichtig, alles nicht immer entscheidend. Aber es steht symbolisch für das Ganze. Und da finde ich mich überhaupt nicht mehr wieder. Sind lediglich meine persönlichen Eindrücke und kann MS komplett verstehen. Damit will ich überhaupt nicht sagen, dass in Dortmund alles besser ist oder ich alles besser weiß. In Dortmund gibt es auch noch viel Luft nach oben, aber die Conentance, der Demut und der Blick auf die elementaren Dinge gefällt mir einfach besser. Es ist ja nicht so ganz abwegig, wenn man sich davon einfach mal eine Scheibe abschneidet.

Richtig und wichtig, dass es da gestern zur rechten Zeit einen Schuss vor den Bug gab. Hätte man sich zum Titel gerumpelt, wäre die ganze Chose auch noch gnadenlos abgefeiert worden.

Jetzt der Knackpunkt. Man muss jetzt nicht alles an fehlenden Leitwölfen festmachen. Es ist nicht an den Haaren herbeigezogen, wenn man sagt, einigen fehle das Siegergen. Manche sind zudem zu grün hinter den Ohren und Schweinsteiger hat einfach auch gar nicht das Talent, um das Spiel aus der Zentrale zu mit Geistesblitzen zu delegieren. Fitnesszustand hin oder her.
Es war eine Mischung aus einem nicht ganz passenden Offensivkonzept, einem legendären Taktikfauxpas und der fehlenden Abgezockheit. Pech kam auch noch hinzu, was im Fußball einfach immer ein Faktor ist.

Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass Löw bis zum gestrigen Spiel alles richtig machte und ihm gestern ein einmaliger Aussetzer unterlaufen ist. Dieser Aussetzer hat sich angedeutet und war die logische Folge. In der Vorrunde hatte man gegen Portugal vorne große Probleme. Aus der Retrospektive heraus muss man sagen, dass man gegen desaströse Niederländer wenig gezeigt hat. Gegen Dänemark war auch vieles fragil und das Spiel gegen Griechenland darf man nicht zu hoch hängen, auch wenn hier endlich mal Rochade und Kombinationsspiel stattgefunden hat. Ein guter Griff von Löw, den man letzten Endes nicht überbewerten darf.

Positiv muss man sicherlich das Defensivkonzept in den ersten vier Spielen und einige Personalentscheidungen sehen. Bender hat überzeugt, Gomez passte auch gegen Portugal und die Niederlande. Dass die Maschine in ihrer Gesamtheit vorne nicht läuft, hat sich in der Vorrunde allerdings abgezeichnet. Man kann es auf den Punkt bringen: Löw will Kombinationsfußball spielen, stellt partiell aber gar nicht das Spielermaterial dafür auf. Das muss man ihm ankreiden. Für mich ist das Kind schon vorher in den Brunnen gefallen, weil es klar war, dass Löw in seiner Betriebsblindheit an falschen Säulen nicht rütteln würde.
Die rechte Seite ist gestern verwaist, Özil konnte mit Gomez und Poldi gar nicht kombinieren. Kroos ist technisch hoch veranlagt, bringt aber sonst nichts mit, was ihn für so ein Spiel prädestiniert. Er besitzt kein Tempo und ist am Strafraum oft hilflos. Ein Defensivkönner, der Pirlo ausschalten kann, ist er auch nicht und dazu hat er noch die Ausstrahlung einer Ikealampe.

Es kam dann eins zum anderen. Die Mannschaft spürte, dass vorne und hinten nichts passt, verweigerte die Bewegung in der Arbeit nach hinten und Hummels, Badstuber und Boateng kamen zwischenzeitlich gar nicht mehr in Zweikämpfe. Beim 1:0 waren sie alle überfordert. Aber die Fehlerkette fing schon vorne an, als Pirlo Platz hatte ohne Ende und alle die Verteidigung verweigerten. Wenn ich mich richtig erinnere. Wie viel Schuld Löw daran trägt, weiß ich nicht genau. Man kann das sicher aber besser einstellen.
Als Reus und Poldi gekommen sind, war es zu spät. Sie hätten besser gepasst, als die Italiener den Deutschen anfangs noch mehr Platz ließen und kein mentales Oberwasser hatten. Was falsch gemacht wurde, konnte nicht mehr korrigiert werden. Dass Reus bei tiefstehenden Mannschaften noch nicht alle Schlüssel parat hat, hat auch jeder gesehen. Er kann das aber lernen.

Es ist jetzt nicht alles schlecht. Ich fordere auch nicht Löws Kopf. Wenn man 4 x in Serie in ein Halbfinale einzieht, muss Qualität vorhanden sein und auch das Trainerteam kann nicht alles falsch gemacht haben. Bloß ist auch längst nicht alles so rosarot, wie es die Medien uns suggerieren wollten. Will man in den entscheidenden Spielen endlich einige Schippen draufpacken, muss vieles hinterfragt werden. Talent ist auf den meisten Positionen noch und nöcher da. Löw muss bei sich selbst anfangen, bei den Personalentscheidungen weitermachen. Bei den Spielern selbst muss es sich fortsetzen. Wenn ein Gomez meint, er sei am Ende seiner Entwicklung, ist das kein Signal, das mich optimistisch stimmt. Er ist ein guter Stürmer, mit Bombenabschluss, aber keiner, der Technik oder Beweglichkeit besitzt. Ein weiteres Beispiel für das momentan deutsche herrschende Selbstverständnis, das ich schon an Reus illustriert habe.
Podolski wird Probleme kommen in seinem Alter als ein Spieler, der vom Antritt lebt. Schweinsteiger darf auch keinen Persilschein bekommen. Die Kombination Özil, Götze/Reus oder Müller muss mal länger eine Chance erhalten, sich zu erweisen und das einem passenden System. Das sind Spieler für Kombinationsfußball. Wenn Gündogan seine Leistungen bestätigt, könnte er von der Sechs mehr Input bringen. Aufgrund seiner fehlenden internationalen Erfahrung darf man natürlich ein Fragezeichen dahintersetzen.

En bloc hat Löw zu wenig einspielen lassen, zu viele durchgewürfelte Mannschaften im Vorfeld der EM auf den Platz geschickt, um sie dann mit scheinbaren Finessen im Halbfinale zu überfordern. Dass die unbeweglichen Gomez, Kroos und Poldi kein Kombinationsfeuerwerk abliefern, war klar. Es war kein Feuerwerk, sondern nur Nebelkerzen. Die chirurgische deutsche Präzision war keine, weil man vielleicht in zu vielen Videoanalysen und dem Festhalten an den alten Stammkräften am Ende den Überblick verlor. Im Gefühl, man wäre so gut, dass man mit allen anderen Katz und Maus spielen könnte, ging man unter. Löw erlebte sein taktisches Waterloo und zeigte, dass deutsche Akkuratesse und Ingieneurskunst nicht auf allen Feldern funktioniert.

Zustimmung in fast allen Punkten. Wesentlich, aber hier noch kaum thematisiert: Die Erwartungshaltung und mediale Darstellung der NM. Da vermittelt - auch vom Trainer und von Spielern -, dass der Titelgewinn mit dem richtigen Masterplan ein Selbstläufer wäre. So wurde ein trügerisches Selbstbewusstsein geschaffen. Trainerteam und DFB sollten auch daraus ihre Lehren ziehen, sonst wird es 2014 wieder nichts mit dem Titel. Die erwarten an die WM werden ohnehin riesig sein ("letzte Chance für die Generation Schweinsteiger/Lahm/Podolski").

Bin trotzdem zuversichtlich, dass Löw seine Lehren aus der Niederlage ziehen wird. Neue Spieler müssen an die Mannschaft herangeführt werden und zugleich Lösungen für die beiden großen Baustellen gefunden werden: Linker Außenverteidiger (damit Lahm endlich auf rechts spielen kann wie bei den Bayern) und Stürmer (Klosenachfolge).

Bei aller berechtigen Kritik an Poldi sollte man nicht vergessen, dass er durchaus seine Stärken hat. Nur kann er die bei dem aktuellen Spielsystem und der zunehmend defensiveren Ausrichtung der Gegner kaum einbringen. Vielleicht schafft er unter Wenger noch mal einen Sprung nach vorn.
 

MS

Bankspieler
Beiträge
21.209
Punkte
113
Ach, was bin ich im nachhinein doch froh, das Deutschland verloren hat. Bezeichnend auch, dass solche Beiträge hier mehr oder weniger unkommentiert im Raum stehen gelassen werden...

:thumb:

Was soll man da auch groß zu sagen? Man muss sich nur mal durch lesen, welche Anfeindungen hier gepostet werden, nur weil man im Fußball nicht für Deutschland ist. Natürlich ohne Konsequenzen. Mich lässt das weitgehend kalt. Ich visualisiere diese Hass Postings meistens und kann mir ob des sich ergebenden Bildes des Users in entsprechenden Momenten meist nur müde lächeln. Leute wie "der alte Mann", "Schlonski", "domingo" oder "LeFreaque" sind entweder geistige Tiefflieger oder haben ein ernstes persönliches Problem. Was auch immer es ist, ich weiß das Ergebnis in Form eines Posts einzuordnen. Niemand von ihnen ist, war und wird je auf meinem Niveau sein. Insofern bleibt einem nicht viel mehr als Mitleid.

@beautifulworld
:thumb:

Selten so ein gutes Posting gelesen. Wenn es hart auf hart kommt kann ich mich auf meine BVB Kumpels verlassen!
 
Oben