Der DFB muss sich natürlich vorwerfen lassen, dass er bei der Instrumentalisierung der damaligen Diskussion durch Stammtischrechte nur zugesehen und nicht wirklich eingegriffen hat. Das hat Özil selbst (bzw sein Management) im Nachhinein aber nicht minder getan - also die "Affäre" zu instrumentalisieren.
Denn die Diskussion als solche, ob Özil und Gündogan nach aktiver Wahlkampfhilfe für einen Diktatoren, der eben das Land, für das sie wenige Wochen später eine WM spielen wollten und sollten, zu jener Zeit ständig ganz massiv angriff und diskreditierte, nicht eigentlich aus dem Kader gestrichen werden müssten, war nicht rassistisch, sondern völlig berechtigt.
Das war nun einmal gegenüber dem Land, das sie ja irgendwo mit seinen 80 Millionen Einwohnern auch bei der WM repräsentieren sollten, maximal unsensibel und gegenüber dem Team mitten in der WM-Vorbereitung eine ziemliche Sauerei, weil so etwas selbstredend die Vorbereitung stört. Sowas kann man einfach nicht bringen, Heimatverbundenheit hin oder her.
Und natürlich hat auch Özil die Debatte dann genutzt, um eine Rechtfertigung für sein Verhalten zu umgehen, damit er sich es mit Erdogan nicht öffentlich verscherzen musste. Der war dann später ja auch Trauzeuge bei Özils Hochzeit. Natürlich gab es damals rassistische Anfeindungen und natürlich hat sich der DFB unmöglich verhalten, als diese aufkamen. Und natürlich gibt es auch ganz generell einen ganz widerlichen Bodensatz in Deutschland, der alles nicht-arische in der NM sowieso ablehnt.
Aber in der breiten Mehrheitsöffentlichkeit ist bei Gündogan so gut wie nichts hängengeblieben, bei Özil aber schon. Und das liegt nicht nur an seinem Rücktritt als Maßnahme an sich, sondern zu großen Teilen eben auch an seinem fortgesetzem Verhalten als klarer Erdoganjünger und seiner Weigerung, der Öffentlichkeit oder auch nur dem Bundestrainer (der ihm auch in Zeiten der Kritik vorher jahrelang die Treue gehalten hat, wie kaum jemand sonst - Özil spielte auch 2014 schon kein gutes Turnier und war trotzdem immer gesetzt) auch nur irgendwie sein Verhalten oder seine Haltung nachvollziehbar zu erklären.
Alle Vorwürfe gegenüber dem DFB in dieser Causa sind zutreffend, aber mir missfällt ganz heftig, wie sehr Özil von manchen als armes, bedauernswertes Opfer dargestellt wird, der es Zeit seines Lebens beim DFB und im deutschen Fußball so unfassbar schwer gehabt hat und es nie jemandem Recht machen konnte. Das stimmt so ganz einfach nicht.