Es ist Donnerstagfrüh, circa 09.30 Uhr, und ich bin mir sicher: Wenn ich jetzt ins Olympiastadion fahre und auf den Rasen schaue, dann sehe ich dort Fabian Reese, der im Vollsprint die linke Außenbahn entlang fliegt, acht Gegenspieler ausdribbelt, auf dem Weg zum Tor per Armrudern die Zuschauer (mich) animiert, nebenher einem großen deutschen Wochenmagazin ein wohl überlegtes Interview gibt, in dem er sich für die Rechte von Minderheiten einsetzt und seine eigenen Privilegien reflektiert, dann auf Strafraumhöhe noch für ein renommiertes Modemagazin im Retro-Trikot posiert und dabei natürlich verboten gut aussieht, um schlussendlich gleichzeitig ein Tor zu schießen und eins vorzubereiten. Andererseits ist es auch gut möglich, dass er gerade in Hamburg unterwegs ist, schließlich hat er Schicht in den Albträumen der kompletten HSV-Verteidigung. Apropos: Was haben HSV-Verteidiger, die gestern durchs Olympiastadion geirrt sind, mit ehemaligen Straftätern, die ihre kriminelle Vergangenheit hinter sich gelassen haben, gemeinsam? Sie wurden erfolgreich Reesezialisiert. Mit anderen Worten: Was für eine atemberaubende Leistung des aktuell wohl besten Zweitligaspielers des Landes.