Brian Wilson "Lucky old sun" - 1,5
Bisher wurde das nächste Brian Wilson-Album nur live aufgeführt (u.a. Royal Albert Hall), die kritiker überschlagen sich. Jetzt sind (sehr weitgediehene) Demos des kompletten Albums kurzzeitig an die Öffentlichkeit gelangt (sind schon wieder verboten).
Ich bin schwer angetan, was ich nie geahnt hätte. Klar, Brian Wilson ist eine Legende, der nach Meilensteinen wie "Pet sounds" und "Smile" 25 Jahre depressiv im Bett lag und seit ein paar Jahren wieder Platten macht..aber die waren ja alle semi-peinlicher Altherrenpop. Das ist "Lucky old sun" nicht, in keinster Weise.
Lucky... ist ein Konzeptalbum im Geiste der grossen Brian Wilson, mit detailverliebten Zwischenspielen, Erzählpassagen und wirklich GROSSEN Popsongs, die den Hörer auf eine Zeitreise in die späten 60er mitnehmen. Das klingt dermassen authentisch, dass man kaum glauben mag, dass es sich hier wirklich um neue Songs handeln soll. Aber da in den letzten 30 Jahren wirklich jeder noch so miese Soundschnipsel Brian Wilsons veröffentlicht wurde, muss es wohl so sein. Anyway: Mr Wilson liefert hier sein Vermächtnis ab und reiht sich damit in die Reihe der Grössen seiner Generation ein, die sich ja (fast) alle in den letzten Jahren nochmal richtig Mühe gegeben haben, um mit einem guten Album in Rente zu gehen:
Elton John mit "The captain and the kid", Macca mit "Chaos and creation in the backyard", Ray Davies mit "Working man's cafe"...Wilson übernimmt da mindestens die zweite Position (nach dem tollen Davies-Album).
Es ist alles da: Cembalo, tolle Gesangsarrangements, Surfsounds...kleines Manko: Wilson selbst ist auf den Demos nicht immer gut bei Stimme (aber dafür sind es ja Demos). Dafür können es Songs wie "Forever she'll be my surfer girl", "Good kinda love" , "California role" oder "Oxygen to the brain" mit jedem Beach Boys/Wilson Klassiker aufnehmen, bis hin zu "Wouldn't it be nice".
Vorausgesetzt, dass er mit den tatsächlichen Aufnahmen nicht alles falsch macht, ist "Lucky old sun" das grosse Alterswerk eines der begabtesten Komponisten der Popgeschichte. Das hat er sich auch verdient.