Metric - Synthetica
Das (von mir) heiß erwartete neue Album von Metric ist da. War extrem gespannt, was sie dem Hitalbum "Fantasies" folgen lassen würden.
Meine ersten Eindrücke sind etwas verwirrend, bzw. verwirrt. Der Titel des Albums ist jedenfalls nicht ohne Bedacht gewählt, denn der elektronisch-synthetische Anteil des Metric-Spektrums steht hier sehr im Vordergrund und manches klingt mir leider vom Sound her viel zu steril.
Die uptempo-Songs mit höherem Gitarrenanteil leiden unter dieser Produktion m.E. ebenfalls, das artet dann sogar manchmal in U-2-Soundteppichen aus - so als Zugeständnis für ihren weiteren kommerziellen Erfolg?
Dann wiederum gleichzeitig findet man hinein, in diesen chillenden Sound, bemerkt ein Kleinod da, eine Wendung dort, eine geniale Melodie hier, eine schöne versteckte Idee ganz clever eingestreut - und ist ganz begeistert.
Sofort habe ich Parallelen zu den lokalen Mitstreitern "Stars" gesehen, die auf ähnlichem Gebiet und mit ähnlicher Musik unterwegs sind und die ebenfalls auf ein Überraschungs-Erfolgsalbum mit einem Elektronik-Album konterten.
Im Einzelnen und mit einer ersten Einschätzung:
(Die Einzellinks habe ich zur Stückelung aufgeführt, der Sound ist aber über den einleitenden Stream weitaus besser. Nur weiß ich nicht, wie lange der funktioniert.)
1. Artificial Nocturne
Mit den ersten Sounds wird recht deutlich gemacht, was sich hinter dem prätentiösen Art-Rock-Titel verbirgt. Es wabert wie bei Genesis und Pink Floyd und Coldplay gleichzeitig. Der Song nimmt Fahrt auf, über eine (natürlich) Coldplay-Oasis-Gitarre und dann folgt ein merkwürdiger von Pink-Floyd und Abba gleichzeitig geklauter Refrain, d.h. sehr poppig, trotz der komischen Dur-Moll-Dur-Moll-Harmonien. Zum Ende kommt ausnahmsweise nix wirklich Neues mehr und es klingelt wieder aus mit Gewaber. Verwirrend.
7/10
2. Youth without Youth
Die erste Single-Auskopplung knüpft an das vorige Erfolgsalbum an, bietet Tempo, Rhythmus (der gute alte Gary Glitter) und grobe Gitarren ausnahmsweise satt. Eine logische Wahl, aber ganz gewiss kein Fingerzeig auf das gesamte Album, auch wenn der elektronisch verfremdete ELO-Refrain einige Hinweise gibt. Toller Text nicht zuletzt, viele Wortspiele usw.
9/10
3. Speed the Collapse
Ein weiterer schneller Song, mit extrem weichgespültem Sound. Doch bevor er anfängt, mich zu langweilen, folgt ein Refrain nach dem anderen und dann ergibt auch der Sound wieder einen Sinn. Könnte entweder sein, dass dieser Song über oftmaliges Hören gewinnt oder irgendwann vielleicht langweilt. Bietet sich ziemlich als Single an.
5-8/10 Im Moment
9/10
4. Breathing Underwater
Ein U-2-Song, gesungen halt von einer Frau. Ist mir irgendwie zu gelackt und beliebig und zu plump auf billigen Erfolg getrimmt. Die Produktion gefällt mir hier überhaupt nicht; vielleicht ist das sowas, was Le Freaque als üblen Kompressor-Sound anprangert.
3/10
5. Dreams so real
Es folgt die Entschädigung über weniger anbiedernde brutale Elektro-Sounds (Bauhaus, Soft Cell), mit kontrastierendem tollem Gesang und U-2/Coldplay-Gitarre. Kurz und bündig, sowohl sperrig als auch sphärisch.
9/10
6. Lost Kitten
Hmm, ein ziemlicher Bruch. Klingt wie sowas wie Bananarama aus den 80ern. Aber dann kommen plötzlich ein paar nette hübsche Ideen (Pet Shop Boys?) und dann ist es wiederum sehr clever gemacht und ganz okay.
6/10
7. The Void
Da wiederum hätte ich mir einen weiteren Bruch gewünscht, anstatt Depeche Mode-mäßiger Flippergeräusche. Der Song ist mir irgendwie zu poplig, zu steril und überraschungsarm. Ob das so wie No Doubt klingen sollte? Für den Ohrwurm-Charakter könnte es 8/10 geben und so eine Single wäre evtl. auch erfolgreich. Mir gefällt das aber nicht.
3/10
8. Synthetica
Der Titeltrack wäre mir eine weit liebere denkbare Single-Auskopplung, denn hier gibt es das Tempo und den Pep, mit dem Metric bekannt geworden sind und es gibt noch einmal richtige Gitarren. Als Plus natürlich einen single-tauglichen Refrain (Blondie), zusammen mit dem nötigen Hinweis, dass man (nicht zuletzt bzw. unter anderem) eine Rockband ist. Metric sind als neue Blondie weitaus überzeugender als in einer Rolle als neue No Doubt.
10/10
9. Clone
Es folgt der konsequenteste Elektro-Pop-Ausflug, bei dem einfach alles funktioniert. Dafür ist der Sound gemacht, genau hierfür ist er gemacht. Schwelgen in himmlischer Schönheit.
10/10
10. Wanderlust
Was davor noch gut war, ist hier doof. Gewaber, mit überdeutlichen 80er-Reminiszenzen und einem überflüssigen Lou Reed-Gastauftritt.
2/10
11. Nothing but Time
Wieder ein elektronisch anmutender Titel, aber weitaus besser. Vom Sound vielleicht etwas zu sphärisch und dadurch ohne großen Eindruck.
5/10