21.04.2004
"Der Druck auf Vitali ist immens hoch"
Promoter Klaus-Peter Kohl will vollkommene Ruhe für Klitschko
ZDFonline: Herr Kohl, die Spekulationen über die Gründe für Waldimir Klitschkos Niederlage treiben bunte Blüten. Wann kann man mit handfesten Fakten rechnen?
Klaus-Peter Kohl: Man muss zunächst in Ruhe analysieren. Ich wehre mich immer gegen jede Form der Spekulation. Zuerst hieß es, es seien vierfach bis achtfach erhöhte Zuckerwerte gemessen worden. Das Ergebnis zeigte dann aber, dass es gerade mal der doppelte Wert war. Das ist fast schon normal, wenn man bedenkt, dass man nach dem Essen schon einen Wert von 150 Prozent aufweist, mit ein wenig Aufregung sind es dann schnell über 200 Prozent. Man sieht: Die Spekulationen sind umsonst. Man muss herausfinden, was der wahre Auslöser war. Da sind wir aber noch gar nicht tiefer eingestiegen. Wir konzentrieren uns auf den nächsten Kampf, in dem Vitali im Vordergrund steht. Alles andere geht jetzt erst einmal seinen Gang. Wladimir muss erst einmal abschalten, dann werden wir uns in aller Ruhe zusammensetzen.
ZDFonline: Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Wladimir angezählt wurde?
Klaus-Peter Kohl: Es war schon in der dritten Runde zu sehen, dass er nicht mehr frisch war, nachdem er einen Schlag abbekommen hatte. Man muss jetzt sehen, woher das kam. Ist der Druck zu hoch gewesen? War es etwas anderes? Aber im Moment kann man wirklich nichts dazu sagen. Nach dem Kampf war Wladimir leer und ist ins Krankenhaus gekommen. Dann war er aber schnell wieder fit. Wenn er ein paar Stunden später geboxt hätte, hätte er den Kampf voll durchgestanden.
ZDFonline: Hat die Niederlage Ihre Position bei den Vertragsverhandlungen mit den Klitschkos gestärkt?
Kohl: Darum geht es überhaupt nicht. Wir sind in den Kampf gegangen, um zu gewinnen, nicht um irgendwelche Positionen zu stärken oder zu schwächen. Das ist doch überhaupt nicht der Sinn des Sports. Mir wäre es wesentlich lieber, wenn beide Weltmeister wären. Danach hätte man weitersehen können.
ZDFonline: Wie stark beeindruckt Vitali Klitschko die Niederlage seines Bruders?
Kohl: Vitali ist ein sehr nervenstarker Boxer. Aber jetzt lastet auf ihm ein Druck, der doppelt hoch ist. Und gerade die Art und Weise der Niederlage macht es schwierig. Es war kein wirklich schwerer Treffer, der den Kampf entschieden hat. Vitali muss sich jetzt wirklich voll auf den Kampf konzentrieren. Deshalb möchte für er völlige Ruhe haben, damit er sich konzentrieren kann.
ZDFonline: Gehen Ihnen im Falle einer weiteren Niederlage die Weltklasse-Schwergewichtler aus?
Kohl: Nein. Wir haben sehr viele junge Schwergewichtler, die relativ schnell nach oben kommen können. Dimitrenko, Bidenko und Chagaev sind die jungen Talente, die Weltklasseformat haben und in nächster Zeit auf sich aufmerksam machen werden.
ZDFonline: Auch wenn Promoter nie an Niederlagen denken: Gibt es Notfallpläne im Falle einer Niederlage von Vitali Klitschko?
Kohl: Auf keinen Fall. Wir werden uns auf den Kampf konzentrieren, der sehr schwer werden wird. Es geht um Einiges. Corrie Sanders hat Wladimir geschlagen, Wladimir hat jetzt auch noch gegen Lamon Brewster verloren. Der Druck auf Vitali ist immens hoch. Aber man kann gar keine Pläne machen. Man geht in Kämpfe hinein und hofft, dass man sie gewinnt. Und mit dieser Prämisse treten wir auch dieses Mal an.
Quelle: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/24/0,1872,2120152,00.html