Young Kaelin
merthyr matchstick
- Beiträge
- 49.652
- Punkte
- 113
Schöne Geschichte.Weil ich zuletzt ältere "the Cure" - Sachen gehört habe, fiel mir eine Musikergeschichte von früher (1986) ein. Wir (das heißt unsere Band mit 2 Gitarren (plus Keyboard), Drums und Bass) bekamen von einem Musikverlag ein paar Tage Ton-Studio spendiert. Für 3 Songs, die dem spendablen Gönner gefallen haben. Wir selbst verfügten als Schüler und Studenten nicht das Geld für sowas, hatten bis dahin nur ein paar Demos auf 4-Spurgerät aufgenommen. Selbst das (und vernünftige Instrumente und Effektgeräte) hatten wir uns über Live-Einnahmen erst mit der Zeit leisten können.
Wir waren komplett unerfahren und auch keine besonders guten Musiker; nur unser Gitarrist war ziemlich gut.
Jedenfalls spielten wir in diesem Studio (unter Aufsicht eines Producers und Tontechniker in einer 24-Spur-Mischpultkabine) unsere 3 Stücke ein. Erstmal live, dann mit "Clicktrack" und dann jeder einzeln seinen Part.
Unser Drummer musste dabei richtig leiden. Der arme Kerl. Etliche Versuche, weil er nie wirklich exakt war. Heute würde man eine gelungene Sequenz kopieren und zusammenschneiden, aber damals (analog) war das noch zu kompliziert und Schnitte hörte man schnell heraus.
Nachdem 1 ganzer Tag für das Schlagzeug draufging, war ich dran mit meinem Bass. Ich stellte meine gewohnten Parameter ein (Ibanez E-Bass mit aktivem Tonabnehmer, Flanger, Ampeg Röhren-Amp) und war in circa einer Stunde fertig. Ich war nebenbei bzw. darüberhinaus einer von 2 Sängern und kein besonders guter Bassist, von daher hielt ich das Instrument bei den Liedern immer einfach, damit ich mich live nicht fatal verhaspele.
Im Studio konnte ich mich darum ganz auf meine simplen Parts konzentrieren und kam bis auf ein paar kleine Wiederholungen quasi in einem Rutsch fehlerfrei durch. Die Gesangsparts dauerten wiederum länger.
Einige Zeit später hatte der Musikverlag für dieses Studiodemo eine Plattenfirma (Rough Trade Deutschland) gefunden, die diese 3 Nummern als Maxi herausbringen wollte. Dazu sollten wir nochmal für 3 Tage in dieses Studio, zum Nachbearbeiten des Sounds der Originalbänder. Diesmal noch ein (englischer) Profi-Producer obendrauf und die A-Seite musste noch auf Maxi-Länge ausgedehnt werden. Letzteres vermittels Copy & Paste. Wieder war das Schlagzeug das Problem, weil auch der Beat nicht immer gleich laut war und sich darum manchmal entsprechenden unterstützenden Effekten und zum Zusammenschnippeln verweigerte.
Das war nachher ein ziemliches Gefrickel und mMn war die ursprüngliche Version besser. Das Maxi-Friemeln fällt auf und dann wurde mal da und dort noch was an den Gitarren und am Gesang verschlimmbessert.
Nur der Bass blieb genauso, wie er war. Der fette Simon Gallup - Sound. In einer zurecht belanglosen Indiepop-Trallala-Single.
Da brauchte niemand dran herumschrauben, denn dazu gab es keinen Grund.
Nun, hier sind doch recht beachtliche Musiker am Werk und das Können scheint mir wirklich gross zu sein. Kompliment.
Für die weniger Begabten habe ich dann auch ne Geschichte. Unsere Band bestand aus 2 Gitarristen und 1 Drummer, einer Anlage mit Mics, welche einer lokalen Pfadiorganisation gehörte und wir dankenswerterweise benutzen durften und einer Stätte, dem "sogenannten Bunker", wo wir so gut wie jedes Wochenende gratis auftraten.
Die Ortschaft war ein kleines Kaff und man war dankbar für alles, was kulturell irgendwas hergab.
Das Schönste war, dass wir 3 einen wirklich guten Zusammenhalt und grossen Spass am Spielen hatten. Gut waren wir mit Ausnahme des Drummers definitiv nicht.
Die kleine Schwester des Drummers war unser grösster Fan. Sie war total herzig und immer gut drauf und war auch manchmal bei den Proben dabei, welche wir in einem Zimmer in der Wohnung des Grossvaters des Drummers abhielten. Er begrüsste uns jeweils mit einem währschaften: "oh je, die Krachmacher kommen wieder" packte seinen Hut und ging dann jeweils in die Beiz.
Eines Tages eröffnete der Drummer, dass eine Bekannte von ihm Geburtstag hätte und sie ihn angefragt habe, ob wir nicht was spielen könnten. Der Ort war völlig abgelegen und die Geburtstagsparty sollte in einer Scheune statt finden. Der 2. Gitarrist konnte sich nicht frei machen und so bestritten der Drummer und ich alleine diesen einzigen ever Auftritt, der nicht im Bunker stattfand. Leider durften wir die Anlage nicht mitnehmen und so kam es, dass wir völlig "unplugged" auftraten. Am Nachmittag stellte der Drummer auf und wir spielten uns ein wenig ein. 2-3 Neugierige fanden sich ein und meinten, das Ganze töne "nicht schlecht".
Die Schwester des Drummers hatte bei ihrer Mutter nachgefragt, ob sie nicht mitkommen dürfe, aber diese meinte, sie wäre noch zu jung.
Am Abend kam es so, wies wohl Fachkundige erahnen: Der Stall war voller Gäste und insbesondere von meinem Gitarrenspiel und Gesang war besonders hinten kaum mehr was zu hören.
Kurz: unser gut gemeinter Auftritt war ein passabler Reinfall. Das Geburtstagskind tröstete uns und meinte, wir sollen es nicht tragisch nehmen und bot uns was zu trinken an.
Relativ zeitnah stellte sich bei der Schwester des Drummers ein Herzfehler heraus. Sie wurde operiert und alles schien gut verlaufen zu sein. Ca. 2 Wochen später klappte sie zusammen und war tot.
Das war echt n low blow und tat enorm weh und tuts noch heute. Dagegen war der verpatzte Auftritt von absolut anekdotischer Relevanz.