Zu ein paar Absätzen, die du aus den polnischen Medien zitiert hast, möchte ich mich auch nochmals äußern:
"Noch heftiger reagierte Piotr Zyla, der zum ersten Mal beschrieb, wie genau der Vorgang seiner Disqualifizierung aussah. Es stellte sich heraus, dass er anfangs in die Irre geführt wurde. - Ich war sauer auf Jukkara, dass er mir nichts von der Disqualifikation gesagt hat, sondern nur, dass alles okay ist - und im Hotel sagt Stefan, dass er mir ein DSQ gegeben hat.
Das kann ich natürlich absolut verstehen. Es ist weder für die Springer noch für den Wettbewerb gut, wenn erst längere Zeit nach Ende eines Wettkampfs Disqualifikationen ausgesprochen werden (übrigens auch nicht für Tippspiel-Auswerter!). Irgendwann muss es mal einen Zeitpunkt geben, zu dem das Ergebnis steht. Es wäre aber natürlich auch hier interessant, beispielsweise eine Aussage von Jukkara zu hören, in der er darlegt, warum er so gehandelt hat.
"Die von Sandro Pertile erwähnten weiteren Details sind jedoch nicht zu verstehen. Aber lassen Sie uns zunächst einen wichtigen Punkt klären: Die FIS hat damit begonnen, einen speziellen Katalog von "kleinen Verbesserungen" zu erstellen, die nicht als "große Verbesserungen" eingestuft werden, jedoch von einem Unterausschuss des Verbandes weiter geprüft werden müssen. Als die Polen fragten, ob ihre Schuhe in die Liste aufgenommen werden könnten, lehnte die FIS dies ab. Aber aus dem polnischen Lager ist zu hören, dass es ziemlich lächerlich ist, weil die Liste die Materialentwicklungen enthalten soll, die die deutschen Springer in dieser Weltcup-Saison verwenden."
(...)
Punkt [4] passt auch aktuell gut in die Diskussion, wie die FIS in Zukunft mit dem Thema Material umgehen soll.
Hat
@Skisprungschwester vielleicht schon etwas über diesen neuen Katalog gehört, der ja bald eingeführt werden soll?
Anscheinend werden die polnischen Schuhe aufgrund von Jukkaras Interpretation der Regeln nicht zugelassen. Vorteile werden bei der Aerodynamik vermutet. Ich hatte gelesen, dass die Schuhe jedoch samt Anzug im Luftkanal geprüft wurden und dass keine zusätzlichen Verbesserung der Aerodynamik nachgewiesen werden konnten. Die Polen wollten dieses Dokument der FIS vorlegenen, es wird jedoch nicht akzeptiert.
Wahrscheinlich um Jukkara nicht zu untergraben, da er die Entscheidung ja schon gefällt hat. Nur war es bei den Handschuhen ja auch so, dass er sich geirrt hat und die doch regelkonform waren.
Auch der Punkt, dass die Deutschen ihre Materialentwicklungen angeblich schon in diesem neuen oder angepassten Regel-Katalog, der noch nicht abgesegnet ist, eingetragen haben, dies den Polen aber verwehrt wurde, wirft einige Fragen auf.
Das hört sich auch zuerst nach einer Ungleichbehandlung an: Die deutschen Materialentwicklungen werden geprüft, die polnischen nicht. Aber der Teufel steckt eben im Detail: Man müsste schon genau wissen, um was für Materialentwicklungen es sich handelt. Martin Schmitt erklärt es ja in dem von
@Biathlon-Fan geposteten Link etwa so: Einige Zeit lang haben die Springer assymetrische Keile verwendet, die ihnen ermöglichen, die Ski beim Flug noch flacher zu stellen und so die Fläche maximal ausnutzen. Diese Entwicklung wurde nach zähem Ringen rückgängig gemacht, weil derartige Keile auch die Verletzungsgefahr erhöhen. Die Polen sind nun auf die Idee gekommen, stattdessen die Schuhe mit assymetrischen Polstern zu versehen, die im Wesentlichen denselben Effekt habe. Ist das nun eine wirklich neue Entwicklung - oder doch nur alter (verbotener!) Wein in neuen Schläuchen? Das könnte schon ein Grund sein, warum man diese Änderung nicht einmal in diese Liste mit aufnehmen will.
"Selbst die Athleten sprechen mutiger als Michal Dolezal, aber es liegt nicht in ihrer Hand, Protest einzulegen. Wir haben hier darüber geschrieben, welche Teile der Ausrüstung der deutschen Springer möglicherweise nicht legal sind. Aber die polnischen Veranwortlichen werden sich nicht mit Pertile oder Mika Jukkara streiten. Mit seiner passiven Haltung hat der polnische Stab die einzige Chance vertan, Horngacher zu zeigen, wie sehr die Skisprunggemeinschaft sein Verhalten missbilligt. Sie haben es im Grunde genommen akzeptiert. Nach allem, was wir gehört haben, könnte sie das nach den Spielen teuer zu stehen kommen."
Ich bezweifle, dass tatsächlich "die Skisprunggemeinschaft sein Verhalten missbilligt". Ich könnte mir sogar wesentlich eher vorstellen, dass einige sogar froh sind, dass Horngacher hier den Stein ins Rollen gebracht hat. Denn letztlich sind es nicht nur die deutschen Springer, die davon profitieren, dass die Polen ihre Schuhe nicht nutzen dürfen, sondern alle übrigen Nationen auch. Nur sind die anderen dann nicht die Buhmänner in den Medien.
Das Verhältnis zwischen Horngacher und den polnischen Medien bzw. der polnischen Verbandsführung scheint ja ohnehin alles andere als gut zu sein. Ich glaube ja, dass das immer noch daran liegt, dass Horngacher die Polen nach der Saison 2018/19 verlassen hat und wie das abgelaufen ist. Unter dem Strich denke ich aber, dass das polnische Skispringen enorm von der Zeit profitiert hat, in der Horngacher dort Cheftrainer war. Und ich glaube viel eher, dass man international aufmerksam registrieren wird, wie die polnischen Medien und die Verbandsoberen den Mann angehen, dem sie so viel zu verdanken haben (diese Diskussion führt natürlich weg vom Materialthema, wäre aber vielleicht mal etwas für den Polen-Thread). Das könnte durchaus dazu führen, dass sich gute Trainer aus anderen Ländern in Zukunft zweimal überlegen, ob sie in Polen eine Stelle annehmen wollen.
Keine Ahnung, wieso dies in einem Artikel steht, der doch eigentlich die Polen gut darstehen lassen soll. Dies zeigt doch ganz eindeutig, dass Malysz doch Einfluss auf die FIS/Jukkara hat (Herzlichen Gruß an
@Benjamin ). Einerseits hätte die FIS sich lächerlich gemacht, wenn man alle Polen wegen des Schuhs disqualifiziert hätte, da Dawid ja wie in dem Artikel angegeben mit Rass-Schuhen gesprungen ist. Aber andererseits heißt das doch, dass Stoch und Wasek auch mit Nagaba-Schuhen gesprungen sind? Wieso sind die dann nicht disqualifiziert worden?
Also entweder wird das Schuh-Modell Nagaba komplett verboten und 4 Polen sind DSQ oder es liegt wirklich nur an der Dicke der Rückwand der Schuhe, wie im Falle von Zyla und Hula, aber das würde doch auch heißen, dass man diese Rückwand dann nur anpassen müsste und der Schuh an sich regelkonform ist.
So sehr ich Malyszs Einsatz fürs Team schätze, aber dass dieses "Runterhandeln" auf 2 statt 4 DSQs wirft ein schlechtes Licht auf den polnischen Skiverband, wenn es wirklich so gewesen ist. Aber ich lese es zumindest so raus. Kann natürlich auch daran liegen, dass die Angelegenheit mit dem "Wunderschuh" eben nicht so eindeutig ist, wie die FIS, Horngacher und Stoeckl es darstellen wollen.
Tja, da siehst du mal.
Ich kann es auch nicht verstehen, warum man dann nicht alle Springer disqualifiziert, die mit diesen Schuhen gesprungen sind. Aber wahrscheinlich ist da jedes einzelne Modell eine Spezialanfertigung für den entsprechenden Athleten, und vielleicht war die Assymetrie bei den einen stärker ausgeprägt als bei den anderen?
Es kann dann natürlich auch sein, dass man die Rückwand bzw. die Polster dann anpassen könnte. Aber vielleicht geht dadurch dann gerade die Wirkung verloren, so dass es sich nicht mehr lohnt... wer weiß...
Sicher sind einige von euch schon müde von diesem Thema, aber ich finde es echt super interessant, dass man in den polnischen Medien so hinter die Kulissen blicken kann und mehr über die internen Abläufe erfährt.
Aber auch wenn ich es interessant finde, hoffe ich, dass nachdem jetzt zumindest das Thema mit den Schuhen und Handschuhen der Polen geklärt ist, etwas mehr Ruhe reinkommt und die Sportler sich aufs Springen konzentrieren können, was ja heute schon mit dem Training beginnt.
Hoffe nur, dass alle, die die Slatnar-Ski springen diese jetzt auch anpassen konnten und dass es da dann auch keine Probleme mehr mit gibt.
Ich finde das Thema auch nicht uninteressant. Es wäre eben nur so ein richtig schönes Frühlingsloch-Thema für April oder Mai. Wenige Tage vor den olympischen Medaillentscheidungen stört es mich tatsächlich eher, weil es natürlich die Sorge vergrößert hat, dass es tatsächlich zu einer Disqualifikation oder Klage kommen könnte. Und das kann ja keiner wollen; wenn ausgerechnet die Podestplätze bei Olympia durch Disqualifikationen zustande kommen würden, würde das auf der größten Bühne der Welt ein enorm schlechtes Licht auf die ganze Sportart werfen.
Und es wäre natürlich auch schön, wenn man das Ganze nicht nur zu großen Teilen aus polnischer Sicht mitbekommen würde. Ist selbstverständlich kein Vorwurf an dich, dir bin ich dankbar für den Einblick. Ist eher ein Vorwurf an die deutschen Medien, die sich mit der Thematik ruhig auch mal ein bisschen näher auseinander setzen könnten. Aber wenigstens gibt's ja inzwischen ein bisschen was von Martin.