Ich bin die Nummer eins“
ERSTELLT 06.10.05, 07:06h
Don King
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Im Gespräch mit Susanne Rohlfing lobt der 74-jährige US-Amerikaner den Mut der deutschen Kämpfer und kritisiert ihr Training als zu „europäisch“.
KÖLNER STADT-ANZEIGER: Mister King, was ist mit Ihrer Zigarre passiert? Sie sieht am Ende ziemlich zerfleddert aus.
DON KING: Ich habe sie gemolken. Das hilft mir in stressigen Momenten. Mit meinem Nuckel im Mund kann ich besser nachdenken.
Wie viele Ihrer Boxer haben bisher einen WM-Titel gewonnen?
KING: Ich bin jetzt bei etwa 600 Titelkämpfen. Im Moment habe ich im Schwergewicht drei der Weltmeister. Am 12. November, wenn Hasim Rahman Vitali Klitschko K. o. schlägt, werden es vier sein. Im Cruisergewicht habe ich Jean Marc Mormek, er hat zwei Titel, und bald gewinnt O'Neill Bell einen dritten. Im Halbschwergewicht habe ich mit Thomasz Adamek einen Weltmeister, der am 15. Oktober in Düsseldorf gegen Thomas Ullrich kämpfen wird. Und im Mittelgewicht hat mir Bernard Hopkins angetan, was Vitali und Wladimir Klitschko Klaus-Peter Kohl (deutscher Box-Promotor, d. Red.) angetan haben. Ich habe Bernard Hopkins aufgebaut. Und als er drei WM-Titel hatte, ist er gegangen. Aber es gibt einen Gott, jetzt ist Hopkins kein Champion mehr (er verlor seine Titel an Jermain Taylor, d. Red.) Ich liebe Deutschland, weil Deutschland Loyalität liebt. Das ist wichtiger als Geld.
Was war der aufregendste Kampf, den Sie jemals gesehen haben?
KING: Muhammad Ali in „Rumble in the jungle“ als er George Foreman geschlagen hat. Das war der Anfang.
Seither haben Sie keinen besseren Kampf mehr gesehen?
KING: Doch, es gab noch einen anderen. Den „Thriller of Manila“. (1975, ein Jahr später, verlor Ali gegen Joe Frazier, d. Red.)
Worin unterscheiden sich die deutsche und die amerikanische Box-Szene?
KING: Ihr habt einige großartige Boxer. Niemand ist so mutig wie die Deutschen. Mit dem richtigen Training wäre jemand wie Luan Krasniqi Weltmeister. Mit dem bloßen Auge sieht man das nicht, aber ich bin Profi, ich erkenne das.
Das Training in Deutschland ist nicht gut genug?
KING: Das ist europäisches Training. Die Boxer stehen aufrecht da. Es gibt keine Bewegung in den Schultern und Füßen. Wenn du richtig gut sein willst, musst du im Osten Krach machen und im Westen zuschlagen. Das können in Deutschland nicht viele. Aber Felix Sturm zum Beispiel, er ist ein großartiger Boxer. Er hat meinen Mann geschlagen, auch wenn die Kampfrichter anders entschieden haben. (Anspielung auf die umstrittene Niederlage des Leverkusener Mittelgewichtlers gegen Oscar de la Hoya in Las Vegas, d. Red.) Aber so ist das Geschäft. Wenn der Ochsenfrosch Flügel hätte, würde er sich nicht jedes Mal den Hintern stoßen, wenn er hüpft.
In Deutschland arbeiten die Box-Ställe zurzeit mit vielen Kämpfern aus Osteuropa. Ist das der richtige Weg, um erfolgreich zu sein?
KING: Ich glaube, dass das deutsche Boxen einen guten Einfluss auf die internationale Szene hat.
Aber es gibt nicht sehr viele deutsche Spitzenboxer.
KING: Es wird sie wieder geben. Aber sie müssen vernünftig vorbereitet werden, das Training ist ein wichtiger Teil des Erfolgs. Ihr seid mutig. Aber ihr müsst lernen, diesen Mut zu nutzen und ihn in Energie umzuwandeln. Ich habe viele deutsche Boxer gesehen, Krasniqi ist wirklich ungeheuerlich. Nicolai Walujew hat noch einen langen Weg vor sich, um ein wirklicher Weltklassekämpfer zu werden.
Immer mehr Boxer verzichten wie Oscar de la Hoya oder die Klitschkos auf die Hilfe eines Promoters. Ist Ihr Geschäft am Aussterben?
KING: Nein. Das ist ein Spiel. Sie können nicht Promoter und Manager sein. Aber, das habe ich im Getto gelernt: Wenn ein erfolgreiches Team auseinander bricht, versuche nicht, es zu reparieren. Dabei kommt nur heraus, dass der Boxer schlechter wird und der Promoter kein Geld mehr verdient. Mike Tyson zum Beispiel, mein lieber Tyson, wir hätten Milliarden Dollars gemacht. Aber dann ist ihm ein Rauch in den Kopf gestiegen, das- selbe Zeug, von dem sich die Klitschkos jetzt leiten lassen, und hat ihm das Gehirn vergiftet. Ich habe die Arbeit für ihn gemacht. Ich habe hunderte Millionen mobilisiert, er könnte nicht mal 20 Millionen besorgen. Er glaubt, ich hätte ihm zu wenig Geld bezahlt, aber er hat nicht verstanden, dass er das allein gar nicht geschafft hätte.