Ich bewerte den Trade durchweg positiv.
a) aus sportlicher Sicht:
Okafor ist der in meinen Augen deutlich bessere Offensiv-Spieler. Da kann mir x-exe erzählen, was er will. Er macht fünf PpG mehr als Chandler und wirft 56% aus dem Feld (im Vgl.: Chandler macht letztes Jahr 8 PpG und wirft 50% aus dem Feld) ... Dass er im Post möglicherweise nicht ganz überzeugt, ist nicht mal wirklich relevant. Denn wir brauchen offensiv keine Anspielstation unter dem Korb mit ausgefeilten Postmoves, sondern einen guten Verwerter. Und in dieser Rolle sehe ich Okafor. Er hat auf Grund seines bullig-muskulösen Körpers mehr Durchsetzungsvermögen als Chandler und ist ein dankbarer Rezipient für die Pässe von Paul und die gerissenen Räume von West, Butler, Peja & Co. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass sein Punkteschnitt und seine offensive Effizienz auf Grund eines Pauls steigen wird.
Defensiv ist er zwar kleiner als Chandler, aber eine absolute Präsenz unter dem Korb. Larry Brown wirft Okafor ja vor, dass er kein Feuer gehabt habe, aber davon will ich mich auch erst überzeugen lassen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein Okafor, der aus dem Brown'schen Doghouse befreit wird, zu Scott Vertrauen schöpft und die Chance sieht, in den Playoffs was zu erreichen - somit quasi einen vollkommenen Tapetenwechsel vollzieht - seine Einstellung (und somit Agressivität und Feuer) verbessert. War ja bei Brandon Bass in Dallas, JR Smith in Denver, Gerald Wallace in Charlotte oder Beno Udrih in Sacramento nicht anders. Sein Timing, seine Präsenz unter dem Korb, Helpside-Defense und Mann-Mann-Verteidigung nehmen sich mit Chandlers Fähigkeiten in den Bereichen nicht viel. Im Vergleich zum Chandler von letztem Jahr ist er wohl der minimal bessere Rebounder und Shotblocker.
Insgesamt also eine Verbesserung. Keine große (denn ein *gesunder* Chandler war wohlgemerkt ein perfekter Fit für unser System), aber immerhin eine. Okafor ist wohl nicht der ideale Abnehmer für die Alley-Oops von Paul und zwei-drei Inches kleiner, aber in den spielerischen Belangen Chandler hingegen überlegen. Dazu habe ich Okafor als ziemlich spielintelligent in Erinnerung. Aus sportlicher Sicht ist der Trade somit absolut nachvollziehbar.
b) Aus finanzieller Sicht
Beide Spieler sind 26, kommen also noch ins beste Basketball-Alter. Okafor hat letztes Jahr einen Max Contract unterschrieben, der noch fünf Jahre läuft. Chandlers Vertrag endet in zwei Jahren. Bedenken, man könnte einen der beiden ins späte Alter hin überbezahlen, gibt es also nicht. Auf den ersten Blick scheint der Vertrag Chandlers jedoch lukrativer, denn er läuft früher aus und ist im Schnitt gesehen niedriger dotiert. Bedenken gibt es insbesondere bezüglich der finanzieller Situation der Hornets, die keine Luxury Tax zahlen wollen.
Chandler: $11,850,000 - $12,750,000
Okafor: $10,538,937 - $11,540,375 - $12,541,812 - $13,543,250 - $14,544,687
Man sieht, dass der knausrige Jeff Bower in den ersten beiden Vertragsjahren an Okafor 2.5$ Millionen Dollar spart. Danach kommt man ebenfalls nicht in Gefahr Luxury Tax zu zahlen, denn in/nach ersten beiden Vertragsjahren laufen Verträge von Stojakovic, Daniels, Peterson, Butler, Armstrong und Brown auslaufen. Insgesamt im Wert von 37 Millionen. Rechnet man dazu zwei mal die MLE (etwa 2x5.5 Millionen), zwei mal die Bi-Annual-Exception (etwa 2x1.9 Millionen) und - sagen wir mal - drei Rookiegehälter (etwa 3x2 Millionen) dazu, ist man trotzdem weit unterhalb der Grenze, die Luxussteuer zahlen zu müssen.
Aus finanzieller Sicht besteht für die Hornets also kein Risiko. Dass der Vertrag von Okafor länger ist, juckt hier keinen.
c) Aus medizinischer Sicht:
Ergaben sich aus sportlicher und finanzieller Sicht Vorteile für die Hornets, war der Trade bis dahin trotzdem - angesichts der Tatsache, dass Brown Okafor nicht mochte und Chandler dem Spielstil der Bobcats entspricht - fair.
Betrachtet man jedoch die gesundheitliche Verfassung Chandlers, kann ich mir nicht ausmalen, was die Bobcats zu dem Trade geritten hat. Denn mag Okafors Krankenakte ebenfalls lang sein, so steht dennoch fest: In den letzten beiden Spielzeiten hat er alle 164 Spiele bestritten.
Chandler hingegen ist, so leid es mir tut, halber Sportinvalide. In den letzten beiden Spielzeiten kommt er auf 77 Spiele, im letzten Jahr wurde er für die Playoffs quasi fitgespritzt und humpelte beim Erstrunden-Aus gegen die Nuggets im Tandem mit Peja nur rum. Nach der Saison unterzog er sich zwei Operationen. Die Thunder waren nicht bereit, Wilcox und Collison für Chandler abzugeben, weil sich große gesundheitliche Bedenken auftaten. Vor drei Wochen war der Medical Staff der Suns (der wohl der beste der ganzen NBA ist) nicht bereit den auslaufenden Wallace-Vertrag für Chandler abzugeben, weil es große gesundheitliche Bedenken gab. Im medizinischen Bericht äußern sie sich zu Chandlers Wohlbefinden: sie nennen ihn "shot up", berichten, dass Chandler sich wie ein Rentner bewegt ("look like an old man") oder äußern Zweifel an seinem Einfluss in nächster Saison ("don't expect him to be any kind of force"). Weiterhin wird in jenem Bericht vermutet, dass er in der anstehenden Saison nicht mehr als der Back-Up für die Hornets wäre. Und dass Chandlers Wohlbefinden so skeptisch beurteilt wird, dass man ihn hinter Marks/Armstrong sieht, puh, das mag was heißen.
Nicht falsch verstehen: Ich liebe Chandler und wünsche ihm auch viel Gesundheit, aber ich zweifel stark, dass er zu alter Stärke, also zur 07-08-Saison, zurückfindet. Aus medizinischer Sicht macht der Trade für die Bobcats gar keinen Sinn, denn selbst wenn Chandler ein guter Fit fürs Team wäre, spielt man hier mit dem (Höllen)feuer. Ich kann verstehen, dass Brown Okafor traden will und ihn nicht mag, aber ihn dann gegen Chandler zu verscherbeln, ist doch arg bedenklich.
Alles in allem ist der Trade Profit für die Hornets. Man bekommt den besseren Spieler, den kurzfristig besseren Vertrag und vorallem entfernt man sich vom Risikoherd Chandler, von dessen Gesundheit anscheinend nur die Bobcats überzeugt sind. Denn selbst wenn Okafor hier und da Schwächen vorzeigt, ist er es allemal wert für Chandler ertradet zu werden. Hier fährt man viel kleineres Risiko und kann sogar darauf hoffen, dass er sich zu einer wirklichen Bereicherung entwickelt (insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass Okafor mal als Franchise Player gehandelt wurde und #2-Pick war). Low Risk, High Reward. Mehr hätte man für Chandler nicht herausholen können :thumb:
Schafft es Chandler entgegen meinen Bedenken zu alter Fitness zurückzufinden, ist der Trade fair und eine Win-Win-Situation. Dann bekommen die Bobcats nämlich einen genialen Spieler, der gut in ihr System passt.
mc.speech schrieb:
An dieser Stelle auch ein großes Danke an Chandler. Toller Spieler, toller Charakter und ich hoffe, er zeigt in Charlotte, dass er immer noch ein Top-Center und nicht "done" ist.
Dem schließe ich mich an.