Im persönlichen der seltenen Interviews, die Srdjan Djokovic ausländischen Medien gewährt, gibt er 2016 spannende Einblicke. "Er war unser erstes Kind und wurde mit grosser Liebe empfangen, sagt er dem Mgazin "Newsweek" über Novak. "Im Unterschied zu westlichen Ländern wollen wir bis zum Ende hundertprozentig an seinem Leben beteiligt sein, wenn wir ein Kind haben." Vier Jahre nach Novak kommt 1991 Marko zur Welt, weitere vier Jahre später Djordje.
Für ihn habe es aber nur Novak gegeben, eröffnet der Vater "Newsweek" in bemerkenswerter Offentheit. "Zum Leidwesen der ganzen Familie erhielten Marko und Djordje nicht ein Prozent meiner Begeisterung, meines Willens und meiner Kraft, die ich Novak gegeben habe. Das stimmt mich traurig. Aber das Problem war, dass Novak meine ganze Energie verbrauchte, daneben blieb nichts mehr übrig."
Mit vier kommt Novak in ein Tenniscamp in Novi Sad. "Zehn Jahre wich ich nicht von seiner Seite. Wir erhielten überhaupt keine Unterstützung, wohin wir auch gingen. Ich war Novaks Mutter, Vater, Coach, Physio - alles!" Dabei duldete er keine Halbheiten. "Seit er mit sechs zu trainieren begann, kümmerten wir uns um jeden Aspekt, planten alles durch, bis zum Essen und dem nächsten Mathetest. Wir alle - sogar seine eigene Familie und seine Coaches - waren unwichtig. Sobald etwas nicht unseren Plänen entsprach, suchte ich einen anderen Coach.
Diese Phase erklärt die innige Verbundenheit und Identifikation des Vaters und seiner Familie mit dem auserwählten Sohn. Novak ist sein Produkt, sein Herz und Blut; wer diesen beleidigt, beleidigt auch ihn.
Während Novak immer mehr Grand-Slam-Titel hamstert, 2011 erstmals die Nummer 1 wird und aus dem jahrelangen Schatten von Federer und Nadal tritt, wächst der Vater- (und Mutter-)stolz ins Grenzenlose. Die Verherrlichung hört längst nicht beim Tennis auf. Sein Novak werde "nicht nur der beste Spieler der Tennisgeschichte, sondern einer der besten Sportler aller Zeiten", sagt der Vater 2016.
Schon da, 2016, sieht der Vater sich und seine Familie auf einer göttlichen Mission: "Novak wurde von Gott gesandt. Als Familie versuchen wir, Gottes Wünsche wahr werden zu lassen." Sein Sohn sei "das Symbol Serbiens und ein Gott des neuen Serbiens. Das lebende Beispiel dafür, dass man das Unmögliche erreichen kann mit der Familie um sich herum."
Das tönte damals schon verschroben. Wie extrem die Ansichten dieser schrecklich netten Familie aber wirklich sind, wurde vergangene Woche klar, nachdem ihrem gottgesandten Sohn die Einreise in Australien verweigert worden war. Die Pressekonferenz, die sie in ihrem Restaurant in Belgrad kurzfristig anberaumte, spiegelte ihren ganzen Fanatismus wider, Respekt vor nichts und niemandem, nicht einmal vor Gott.
(Quelle: SonntagsZeitung.ch)