Ich finde man kann Wilder nicht mehr rein als techniklosen tumben Haudrauf darstellen. Klar schaut es bei ihm nicht "lehrbuchmäßig" aus und klar hat er boxerische Schwächen (z.B. Kampfkontrolle durch Jab und Reichweite). Aber als Nichtskönner schafft man es sicher nicht, in bisher jedem Kampf mindestens 1, 2 so harte Hände anzubringen, dass der Gegner schwer getroffen runter geht oder kurz davor ist.
Sein Aufbau dauerte sehr lange. Fand ich jetzt (eben auf Grund der ekennbaren Schwächen, wobei ich finde dass er sich da schon stark verbessert hat (- "Windmühlenschläge").) aber nicht verkehrt, eben weil man das erkannt hatte.
Seit seinem ersten WM-Kampf (er konnte nichts dafür, dass ein Stiverne im Vakuum WM war) finde ich seine Gegnerschaft jetzt auch nicht so viel schlechter, als die von Joshua. Spätestens seit Ortiz nicht. Wen hätte er auch boxen sollen? Joshuas Gegner sahen auf dem Papier besser aus. Aber Whyte hatte nichtmal ein so hohes Ansehen zum Zeitpunkt des Joshua-Kampfes und galt eher als eine schlechtere Variante von Chisora/"Prime-Peter", Takam war schon auf dem absteigenden Ast, Parker war eher ne Art "Paperchamp" ohne echte Steigerung seit Längerem, und Pove war eben schon etwas älter und nicht mehr der "Dopetkin", der mit spektakulären KO's glänzte. Außerdem hat Wilders Team damals auch bewußt kommuniziert, dass Wilder für manches eben noch nicht bereit wäre.
Komischerweise kann Wilders "Instinkt", bzw. seine Präzision bei harten entscheidenden Treffern so schlecht nicht sein. Eher im Gegenteil für mich. Er ist ja auch sehr schnell mitunter. Er kann eben einfach nicht so "schön" boxen, was Kombinationen und Bewegungsabläufe angeht. Obwohl er sich, wie ich finde, auch da stark verbessert hat. Und es reichte ja bisher immer irgendwie. Es gibt eben leider in keinem Lebensbereich die "eierlegende Wollmilchsau". Andererseits bin ich froh über einen Wilder. Zumindest versprechen seine Kämpfe immer Spannung. Und er geht immer aufs Ganze. Langweiliges Ausboxen mit Reichweitenvorteil und hinterher mit unsäglichem Geklammer selbst gegen völlig chancenlose Gegner "durfte" ich lange genug miterleben im HW. Wenigstens hat Joshua noch nicht das Klammern für sich entdeckt, auch wenn er sonst mitunter schon manchmal wirkt wie der kleine Bruder von Wladimir. Und Fury ist ne Klasse für sich abseits des Ringes. Aber mit seinem Gezappel an sich und seinen mitunter sehr langweiligen Kämpfen kann ich auch nicht immer soviel anfangen. Von daher ist für mich ein Wilder eine echte Wohltat.
Und man darf nicht vergessen, wie spät der Mann eher aus der beruflichen Not heraus mit dem Boxen angefangen hat.