Ich bin mir da nicht so sicher das Thompson dem Pulev boxerisch überlegen ist. An was machst du das fest?
Ich habe keinesfalls die Absicht Pulevs Leistung zu schmälern.
Aber das war nicht nur in den ersten 3-4 Runden dieses Kampfes erkennbar.
Der Übergang zwischen Angriff und Verteidigung verläuft bei Thompson praktisch fließend, er kann verteidigen und praktisch im selben Moment, Akzente setzen ohne zu offen zu sein und es dem Gegner schwer machen, ihn zu durchschauen und zu treffen. Sein Auge/Übersicht ist super und er hat ein sehr gutes Distanzgefühl und findet blitzartig lücken, während die meisten anderen noch am suchen sind.
Er hat ein sehr gutes Timing und Antizipation und kann damit sowohl den Aktionen des Gegners die Wucht und Präzision nehmen, als auch vorhersehen wo der Gegner sich hinbewegen könnte und ihn in einem möglichst günstigen Moment abfangen.
Zudem schlägt er Variabel zum Kopf und Körper, kann variieren und seine Schlagfolge ändern und behält auch hier eine gewisse Unberechenbarkeit.
Pulev boxt da schon wesentlich einfacher und unkomplizierter.
Er hat eine sehr gute Beinarbeit und kann sich schnell rein, raus bewegen. Er erkennt Lücken gut, kann aber praktisch nur aus der Distanz boxen und ist dabei eigentlich nur Vorwärts- Rückwärts programmiert. Er ist also vorhersehbar in seinen Bewegungen und während des Überbrückens der Distanz nicht sehr geschickt. Das ist auch zumeist nicht wirklich seine Absicht, da er den Infight und auch die Halbdistanz meidet und nur versucht den Gegner aus der Distanz mit dem Jab und dem Cross zu zermürben.
Er ist nicht sehr schwer auszurechnen, ist aber sehr fleißig, beständig, konsequent und unnachgiebig.
Man kann ruhigen Gewissens sagen, das er ein solider, Mental starker und harter Arbeiter ohne wirklich Überragende Fähigkeiten ist und das reicht schon um im HW oben mitzuboxen.
Thompsons Flexibilität bzw. Anpassungsfähigkeit, Vielschichtigkeit und Intelligenz bzw Übersicht sucht in dieser Kombination IMO seines gleichen.
Da kommt nicht nur Pulev nicht an ihn heran, sondern auch viele HW Größen, alter und neuer Zeit.
Nur leider bringt das alles nichts, wenn man diese Fähigkeiten nach wenigen Runden nicht mehr abrufen kann, weil die Luft weg ist.
Da kann man noch so gut sein. Ohne Kondition wird man in der Weltspitze irgendwann schnell auf verlorenem Posten stehen.
Ich finde es extrem schade, das er nicht schon viel früher mit dem Boxen beginnen konnte.
Dies hätte ihm möglicherweise eine gewisse Athletik und Grundkondition verliehen, womit er in Kombination mit seinen ganzen Fähigkeiten, wovon er einige möglicherweise auch noch perfektioniert hätte, IMO das HW über Jahre hätte dominieren können.
Er hat aus den Umständen, zwar viel gemacht und auch schon gutes Geld verdient, trotzdem kann man ihn in der Liste der vergäudeten Talente sehr weit oben ansiedeln.
Da er IMO unter perfekten Umständen, das Zeug gehabt hätte ein ganz großer und vielleicht sogar der Größte überhaupt zu werden.