Klar, guck du dir doch einfach mal die WBC-Titelkämpfe außerhalb der USA an. Die verwenden alle Open Scoring. Was genau hat das gebracht? Erkläre es mir bitte, du tust ja so als wäre Open Scoring bislang noch nie eingesetzt worden.
Lassen wir mal den Couch Potatoe Schwachsinn beiseite, ist das trotzdem wenig überzeugend. Soll hier allen Ernstes das Amateurboxen als positives Beispiel für sauberen Sport herhalten? Sicher... Da hat ja das Scoring sehr geholfen, den Sport weniger korrupt zu machen. Ich habe immer noch herzlich wenige gute Argumente gehört, die den Sport damit besser machen. Du übersiehst auch völlig, dass Williams sich genauso an den Punktestand hätte anpassen können. Warum sollte das nur Lara machen können? Und warum soll das Open Scoring Betrug verhindern können? Die Leute punkten einfach genauso ******e, kommt nur früher raus... Dass einzige was wirklich wegfällt, ist das nachträgliche Manipulieren. Aber mal ehrlich, wie häufig soll das denn bitte vorkommen? Das wird ein Punktrichter schon anmerken, wenn unter seinem Namen eine völlig falsche Wertung kommt. Und wenn er das nicht anmerkt, hätte man ihn auch direkt vorab bestechen können.
WoW, tolle Diskussion.
Also, ich habe hier das Open-Scoring nicht als das Wundermittel zur Lösung der Sportart verschrien, sondern als ein Mittel zur Verbesserung der Bewertung eines bzw. zweier Leistungsträger. Um die Argumentation standfest zu machen, bräuchte ich natürlich die empirischen Belege, die es noch nicht gibt.
Die Probleme des Scorings des Amateurboxens sind mir durchaus bekannt, die Art und Weise des Scorings ist dennoch wesentlich transparenter als bei den Profis, bei denen aber auch die Bewertungsgrundlagen differieren. Und klar ist auch, wenn ein Punktrichter absichtlich betrügen will, dann wird er das mit oder ohne Open-Scoring tun, bei den Profis und bei den Amateuren. Und wenn wir davon ausgingen, dass das aktuelle System in der Praxis zu 100 % funktionierte, dann müssten wir hier nicht diskutieren und jegliche Bestrebungen, es zu verbessern, wären unnötig. Tut es aber imo nicht.
Aus meiner Sicht hat der Sport ein großes Glaubwürdigkeitsproblem. Immer wieder sind offensichtlich Scorings falsch. Oder weichen von der Wahrnehmung der Scoring-Experten deutlich ab. Damit stellt sich mir die Frage, wie man es verbessern kann. Die Frage stellt sich natürlich nicht, wenn man das aktuelle Scoringsystem nicht verbessern will, sondern mit der aktuellen Lage zufrieden ist, bzw. duldet.
Kommen wir zu den Akteuren im Ring, die Boxer. Die Boxer haben als Sportler das Recht auf eine faire Bewertung. Das habe ich mit den Grundlagen des Sports s.o. begründet. Ich nehme beim Boxen Faktoren wie Interessen von Verbänden, Ställen und anderen Gruppen aus. Ich gehe davon aus, dass die Öffentlichkeit und vor allem die Buchmacher das gleiche Interesse haben.
Meine Argumentation stützt sich auf drei Punkte.
1. Die Verhinderung von nachträglicher Manipulation. Wenn die Ergebnisse vorher auf der Tafel stehen, dann ist die Manipulation des Gesamtergebnisses hinterher nicht mehr möglich. Vorherige abgemachte Manipulationen sind davon ausgeschlossen.
2. Öffentliche Kontrolle. Öffentlichkeit stellt im gewissen Maße eine Art Kontrolle dar. Sicherlich hat im akuten Fall während des Kampfes die Öffentlichkeit keine Möglichkeit direkt einzugreifen, aber der Punktrichter steht in einer Erklärungsschuld, wenn seine Ergebnisse angezeigt werden. Weicht das Punktergebnis schon während des Kampfes deutlich vom inoffiziellen Scorings ab, fällt das auf. Und Aufmerksamkeit, die von abweichenden Ergebnissen erzeugt wird, ist nicht positiv.
3. Der eigene Leistungsstand. Bei einem Duell zweier Boxer geht es um Sieg oder Niederlage. Es stellt sich also die Frage, wer ist innerhalb zweier Frames besser? Der erste Frame betrifft die Regeln, die es einzuhalten gilt. Der zweite Frame ist die Leistungsbewertung nach den aufgestellten Kriterien. Es geht, also nur darum, ob ein Akteur besser ist als der andere und nicht wie viel besser. Demnach stelle ich fest, dass jeder Athlet ein Recht auf eine Bewertung hat und diese Bewertung auch zeitnah erhalten soll. Warum soll er diese Bewertung zeitnah erhalten? Boxen ist ein komplexer Sport, der viele verschiedene Fähigkeiten abverlangt. Boxen ist ein Sport, der ein verhältnismäßig komplexes Bewertungssystem anwendet. Das macht das Scoren nicht einfacher. Während des Kampfes gibt es beim Boxen keine offensichtlichen Ergebnisse wie Tore beim Fußball, Punkte beim Bogenschießen etc. Ein Boxer kann sich nie sicher sein, wie die Punktricher seine Leistung einschätzen, weil das Bewertungssystem komplex ist und die Bewertung in einem geschlossenen Raum (damit meine ich nicht Zimmer!) stattfindet. Wenn ein Kämpfer relativ zeitnah erfährt, wie die Punktrichter seine Leistung einschätzen, kann er nachvollziehen, wie seine Leistung bewertet wird und wie das Verhältnis zu seinem Gegner ist, um sein Ziel zu erreichen, besser als der andere zu sein. Wie er dieses Ziel erreichen will, und ob er dieses Ziel erreicht, ist dann ermessenssache des Athleten.
Alle drei Punkte schließen vor dem Kampff beschlossene Absichten der Punktrichter aus.