Super-Grimm schrieb:
... hatte jeder dieser großen Champs der Vergangenheit etwas Besonderes an sich ...
Naja, ich würde da das typisch amerikanische Theater und den Sinn zur Selbstdarstellung nicht als überragende Persönlichkeit, Aura, großes Charisma, ... interpretieren.
Gebe Dir recht:
- Tyson war zB auffällig agressiv. Aber in der Doku, Kings of the Ring, hat er geflennt wie ein kleines Baby und Roach hat in getröstet: "Mike sie werden auch Dich lieben ..." Hoffe ich erzähl da nichts falschen, ist schon Jahre her, diese Doku. War auch Tyson-Fan von Anfang an, aber eine große Persönlichkeit war der nie. Ist mir als Fan aber auch Wurscht.
- Ali, hatte immer, eine große Klappe. Hat jeden und alle beleidigt, viele meinen heute man konnte ihn nicht böse sein, aber damals herrsche bei der Mehrheit eine andere Stimmung vor. Frazier, der ihn nach dem Entzug seiner Boxlizenz finanziell unterstützt hat, neben vielen anderen, und den er überredete gegen ihn anzutreten, war ziemlich verärgert dass Ali ihn als klein, hässlich und plattfüßig bezeichnet hat. Und auch den Vergleich von Ali, er der Mann der Schwarzen, sein Gegner der der Weißen, hat er glaub ich auch gegen Frazier benutzt. Sicher aber gegen Patterson und Foreman. Versteh mich nicht falsch, ich finde ihn witzig, denke er ist wirklich eine Persönlichkeit, aber damals hätte ich ihn vielleicht auch ganz anders gesehen. Sein politisches Engagement und sein Verhalten zu seinem persönlichen Umfeld (nicht zu seinen Frauen) ist jedenfalls sehr beeindruckend.
- Vor allem die frühen HW in Amerika haben häufig nicht so ein Theater gemacht (OK Max Bär schon), sondern eher versucht sich als Gentleman und Männer von Welt zu verkaufen. Waren also so gesehen austauschbarer. Sie haben oft durch ihr vornehmes, geistreiches, eloquentes Auftreten gepunktet. Waren aber oberflächlich gesehen zumeist aus der selben Schublade.
Super-Grimm schrieb:
Er möchte der smarte Botschafter des gepflegten Faustkampfes mit intelektuellem Fundament sein. Heraus kommt ein dümmlicher, gockelhafter Dandy, der es allerdings gut versteht mit den Medien umzugehen.
Sollte er einige Titelverteidigungen gewinnen und dann noch bei der Mehrzahl davon überzeugt, dann finden die Medien sicher etwas um ihn eine zusätzliche Besonderheit zu unterstellen.
Wobei für mich sein sympathisches, bescheidenes und gepflegtes Erscheinungsbild und seine selbstbewußte Art, kombiniert mit einem vorhandenen Intellekt, der zumindest über den Durchschnitt liegt (mag sein dass er sich zum Universitätsdozenten oder Nobelpreisträger nicht eingnet :cry: kann ich ihn verzeihen
), gepaart mit einer humorvollen Natürlichkeit im Auftreten, durchaus ausreichend ist, um ihn als Sympathieträger zu sehen.
Abgesehen davon, musst Du schon ein besonderer Mensch sein um sportlich so weit zu kommen. Kannte einige 2.- und 3.-klassige Boxer und Kampfsportler, so vom sehen oder Smalltalk und auch bei denen habe ich meist, irgendeinen interessanten Wesenszug gefunden. Übrigens auch bei den meinsten Menschen, selbst wenn diese mit Sport nichts am Hut haben
Aber Wladimir hat mehr als nur Character gezeigt. Ist nach 2 schweren Niederlagen wiedergekommen. Hat bei jeder dieser Niederlagen immer wieder versucht weiter zu kämpfen, so verhält sich kein Weichei, Schwächling, ... - oder welche Bezeichnungen hier auch immer von Forumsteilnehmern gebraucht werden, die wahrscheinlich allesamt noch nie geboxt haben.
Lächerlich finde ich auch den ständigen Hinweis: "Haha, da ist er am Boden gekrabbelt ..." Ab einer gewissen Anzahl von schweren Schlägen kann man halt maximal nur noch krabbeln bzw. sich unkoordiniert bewegen. Wenn überhaupt. Viele haben nach schweren KOs erstmal eine lange Zeit pausiert, er wollte sofort wieder boxen und sich keine Auszeit nehmen.
Super-Grimm schrieb:
... dümmlicher, gockelhafter Dandy ...
Ist Deine persönliche Einschätzung - sehe ich ganz anders. Aber da könnten wir wohl lange diskutieren und hätten nachher noch immer jeder unsere Ursprungsmeinung.
Super-Grimm schrieb:
denn den Anspruch, zu den ganz Großen zu gehören, hat er
Habe es so verstanden: "Will dort hin. Im Moment fehlen mir noch die anderen Gürtel, um mich als der HW-Champion zu fühlen."
Wladimir jetzt schon mit den ganz Großen zu vergleichen ist zu früh. Er muß erst schauen ob er dorthin kommen, und wenn, wie lange er sich halten kann. Ist ein steiniger und harter Weg. Ich werde ihn die Daumen drücken.
Super-Grimm schrieb:
... es fehlt natürliche Souveränität. Viel Action im Ring kann er sich nicht leisten, da er den konditionellen Einbruch fürchtet. Zu einem großen Champ fehlt ihm einfach für meine Begriffe boxerisch und menschlich das gewisse Etwas.
Sehe dies ähnlich wie Du. Ein ängstlicher, fahriger, zu devensiver Stil, wird ihn schwerlich zu einem der Größten machen, selbst wenn er alle Gürtel erringen kann. Denn bei einer solchen Beurteilung kommt es nicht nur auf das Endergebnis, sonder auch immer auf die Art an, wie man die meisten der Kämpfe gewonnen hat.
Kommt darauf an wie es weitergeht.
Der Peter-Kampf war spannend und wirklich gut. In Zukunft sollte er jedoch, wenn er nochmals so eine Gelegenheit wie gegen Peter in der 12. Runde bekommt und halbwegs Saft hat, versuchen den Kampf zu finishen. Als Champion gilt nur der, der auch zumindest einige der Großen des Boxens (bzw. sehr angesehene Gegner, wie eben Peter) deutlich beherrscht bzw. KO schlägt. Und der schale Beigeschmack wäre dann vollkommen weg. War zwar selber schon fast KO, hat aber dann seinerseits seinen Gegner durch KO besiegt ... Natürlich setzt man da etwas mehr aufs Spiel ...
Byrd hat er beherrscht. Großes Plus, wie auch immer man Byrd sieht. War da WM und als Nummer 1 gerankt. Das er Klischko liegt kann man den ja nicht zum Vorwurf machen.
Bei C. Brock war er zu passiv, auch wenn er trotzdem dominiert hat. Hat sogar Steward nach dem Kapf so ähnlich gesehen. Wird von seinen zukünftigen Kämpfen abhängen wie man ihn sieht, aber da würde ich nicht jeden gewonnenen Kampf auf die Goldwaage legen.
Wenn er wieder verliert wars das dann. Er könnte zwar nochmals kommen, aber ...
Super-Grimm schrieb:
Du beschreibst, daß sich die Athleten aufgrund der Sportwissenschaften weiter entwickelt haben. Sicher richtig, aber im Boxen zählt das meiner Meinung nicht ganz so wie vieleicht in der Leichtathletik.
Habe ich nicht so detailiert ausformuliert. Ist auch eher so ein Eindruck von mir. Aber diese detailierten Studien des Gegners, Videobänder (DVDs) bis zum abwinken, jede kleine Schwäche wird analysiert. Kampfplan der genau und absolut konzentriert ausgeführt werden soll, möglichst optimal auf den Gegner abgestimmt. All das trägt halt m.M.n. nicht zu einem offenen Schlagabtausch bei.
Wenn ich wochenlang mit einem bestimmten Plan an die Sache ran gehe, bin ich "im Besten Fall" im
Kampf soweit konditioniert, vor allem einstudierte Schläge und Muster abzurufen. Für ein agressives, offensives herangehen ist dann vor allem in der europäischen Boxschule oft kein Platz. Das Ergebnis wird heimgeboxt oder eben versucht mit "Sicherheitsboxen" zu gewinnen. Siehe Maske, Ottke, ...
Super-Grimm schrieb:
Das Boxen hat in den USA eben unter den schweren Männern an Popularität eingebüßt. Die schinden sich halt als Basketballer oder Footballer. Die Talente gehen in der Spitze aus. Das halte ich für viel entscheidender, als vermeindliche Fortschritte in der Trainingslehre.
Eine frühere Schulkammeradin von Ali sagt in einer Doku, er war mit seinem Hobby, Boxen, ein Außenseiter. Andere Sportarten waren populär.
Boxer kamen früher ja auch oft von ganz unten. Aber Ali, C. Brock, Klitschkos und viele andere kommen aus der Mittelschicht, denke das ändert sich. Außerdem könnte, wenn die soziale Unterschicht für das Boxen so wichtig ist, da ja einiges aus der 3. Welt nachkommen - zynisch formuliert. Generell werden aber die Boxer immer weniger. Auch wenn es wahrscheinlich nie einen
wirklichen Runn aufs Boxen gegeben hat.