Die beiden Kämpfe lassen sich überhaupt nicht vergleichen; und ja: Klitschko hatte einen Plan, nämlich den, den er schon seit zig Jahren erfolgreich verfolgt. Kontrolliert offensives Boxen, das über die starke Führhand und die beachtliche Beinarbeit stets die richtige Distanz zum Gegner herstellt und mit (milde ausgedrückt) streitbaren Mitteln jegliches Gegenspiel bereits im Keim erstickt. Das hat über Jahre hinweg hervorragend funktioniert - nun aber just an diesem Abend nicht. Warum? Weil Fury in fast allen Belangen (und gerade in denen, die für Klitschkos Strategie eminent wichtig sind) der bessere Boxer gewesen ist. Er negiert den Plan doch nicht einfach nur, weil er der größere Mann ist und zum rechten Zeitpunkt einen Schritt zurückmacht; sondern aufgrund vieler kleiner Stellschrauben, an denen im Kampf und in der Vorbereitung gedreht wurden. Dass Klitschko scheinbar wenig macht, ist überhaupt nur die Folge davon, und nicht der Grund, warum der Kampf verloren wurde. Das wäre ja schon fast eine infame Verdrehung der Tatsachen.
Was man Klitschko vorwerfen kann, ist zweierlei: Einmal, dass er im Kampf keine Antworten gefunden hat; und zum zweiten, dass man in der Vorbereitung entweder Fury unterschätzt hat, oder von falschen Prämissen ausgegangen ist. Aber wer will das hier schon beurteilen können? Und selbst wenn man im Training verstanden hätte (wovon ich ausgehe), dass man Fury nicht so boxen kann wie Mormeck, heißt das noch lange nicht, dass man solche Einsichten auch umsetzen kann. Boxer sind keine Software, an denen sich beliebig rumprogrammieren lässt, und daran ändert auch der Verweis auf die nun Ewigkeiten zurückliegenden Sdunek-Jahre herzlich wenig.