@righthook
mc. cline hat für seine verhältnisse einen sehr guten kampf gemacht, genauso, wie auch mercer einen sehr guten kampf gemacht hat!
daß die meute dies tendenziös zu ihren eigenen moralischen gunsten zerreißen muß, ist sonnenklar.
Na wie erfreulich, dass du der Einzige bist, der Klitschko-Kämpfe und die Leistungen ihrere Gegner aus ganz neutraler Sicht bewertet.
@alle
Wladimir hat taktisch genau das Richtige getan, um zu gewinnen. Leider gar nichts, um vor den Boxfans in aller Welt zu glänzen. Es bleibt, wie von Kim angesprochen, eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob man sich als Zuschauer damit zufrieden gibt. Mir jedenfalls gefällt diese Art des Boxens nicht, es ist m.E. auch nicht das, was unseren Sport ausmacht und ihn weltweit so populär gemacht hat. Die international erfolgreichen, aber auch anerkanntesten Boxer waren zugleich immer auch spektakulär, ein Attribut, das man Wladimir seit dem Jefferson-Kampf nicht mehr anhängen kann. Die Zuschauer merken, wenn sich ein Boxer zurückhält und nichts riskiert - die Reaktionen in der Halle waren gestern ja dem entsprechend eindeutig. Begeisternde und zugleich erfolgreiche Boxer schaffen den Ausgleich zwischen Effektivität und Risikobereitschaft. Daran muss Wladimir noch deutlich arbeiten - was schwierig wird im safety-first-Boxstall.
Bezeichnend die geringe Selbstreflexion aller Beteiligten: Nach dem Kampf davon zu sprechen, die Zuschauer hätten eine "tolle Show" gesehen, ist eine Unverschämtheit gegenüber Dutzenden von anderen WM-Kämpfen in diesem und in den vergangenen Jahren. Der Entertainment-Charakter des gestrigen Kampfes dürfte in etwa bei den HW-Fights Mitte der Achtziger anzusiedeln sein, wo sich Tubbs, Tucker, Page und Konsorten einen Langweiler nach dem anderen lieferten.
Kurz zum Kampf selbst: McCline hat im Rahmen seiner Möglichkeiten taktisch fast das Beste gemacht, was er tun konnte. Allerdings war diese Taktik nicht dazu angetan, um zu siegen und somit darf sie getrost als schlecht, weil weder effektiv, noch chancenreich, noch spektakulär bewertet werden. Seine Deckung war ganz okay, seine Nehmerfähigkeiten besser, als ich erwartet hatte. Sein Respekt vor Wladi allerdings auch weit größer, als wir alle gehofft hatten. Der Begriff "Mäuseherz" scheint mir da gar nicht so unangebracht. Dass ausgerechnet sein Herz und seine Leidenschaft im Vorfeld des Kampfes permanent hervorgehoben wurden, ist besonders witzig.
Wladimir: Sehr ruhig und konzentriert, hatte dadurch souverän Luft für 12 Runden. McCline hat es ihm allerdings auch leicht gemacht, er konnte sich schonen, brauchte nur ein paar Jabs rausschieben (wieder sehr wenige diesmal, wie auch schon gegen Botha) und die Rechte fast überhaupt nicht. Seine Meidbewegungen haben mir bei den wenigen Angriffsversuchen McClines ebenfalls recht gut gefallen, er dreht sich inzwischen gut heraus, duckt gut mit dem Kopf zur Seite weg und blockt viele Schwinger mit seiner ausgestreckten Führhand wunderbar ab. Offensiv hingegen war heute nicht viel los bei ihm, einzig der linke Seitwärtshaken kam gut. Die Rechte kam so gut wie nie, seine Kombinationen gingen oft ins Leere, der Jab kam zu selten und seine Risikobereitschaft war gleich null. Er hatte McCline in der zweiten Runde bereits leicht angeklingelt, doch es war deutlich zu sehen, dass er nicht einmal ansatzweise nachgesetzt hat. Das Gequatsche von "nur KO-Sieg ist richtiger Sieg" wirkt bei so einer Vorsicht im Ring dann natürlich wie ein schlechter Scherz.
Fazit: Ein ereignisarmer, langweiliger Kampf mit einem klar überlegenen Weltmeister und einem übervorsichtigen Herausforderer, woraus der Weltmeister nicht einmal versuchte, Kapital zu schlagen. Dass Marco Schreyl später ständig von einem "fulminanten Kampf" sprach, bestätigt meine Einschätzung darin, dass der Junge zwar prinzipiell ein sehr guter Moderator ist, in seinem Leben aber nur 2 oder 3 Boxkämpfe gesehen hat.
Womit wir beim ZDF wären: Positiv zu erwähnen ist die ausführliche Berichterstattung der Rahmenkämpfe. Ansonsten dürften sich in der letzten Nacht wohl alle Hoffnungen auf eine journalistisch-neutrale Berichterstattung zerschlagen haben. Hiepen hat fachlich wieder einige Male daneben gelegen, was ja noch zu verzeihen wäre. Seine Jubelarien hingegen waren einfach nur peinlich. Die Buhrufe in der Halle hat er mit keiner Silbe erwähnt. Die größte Frechheit, die hier anscheinend noch keinem aufgefallen ist: Das komplette Interview mit Tyson nach dem Kampf wurde zugunsten von Klitschko falsch übersetzt. Der Übersetzer stellte alle Aussagen von Tyson, die die Leistung von McCline lobten (was ich im Hinblick auf dessen späten Beginn als Boxer (25 Jahre) durchaus nachvollziehen kann), so hin, als ob Tyson sich auf Klitschko beziehen würde. Dabei hat Tyson zu Klitschko nur einen Nebensatz gesagt.
Das war kein Versehen des Übersetzers, das war pure Absicht!
PS: Eine Bitte hätte ich noch: Könntet ihr bei euren nächsten Postings nochmal kurz die besten Zitate von Hiepen im Laufe des Kampfes beisteuern? Mir fallen sicher auch noch ein paar ein, aber das war schon so unterirdisch, dass ich gern möglichst viele Zitate hätte und dann einen Kommentar für die Hauptseite schreiben will.