So sehr da Patriotismus ein wenig leidet, für mich sind die letzten Resultate ein Resultat von Jahren, die man in Österreich einfach verpennt hat. Geblendet von der goldenen Generation um Maier, Eberharter, Raich und Walchhofer hat man den Zug verpasst und bekommt jetzt, spät aber doch, die Quittung.
Fakt ist doch, dass eine Handvoll Herren in den letzten Jahren die sich ankündigende Krise mit Erfolgen übertüncht haben. Man kann das auch in den einzelnen Disziplinen beobachten:
Speed-Disziplinen: Wir waren in den "Nullerjahren" die Abfahrtsnation Nummer 1, daran gibt es nichts zu rütteln. In den zehn Jahren holte man achtmal (!) den Diszplinenweltcup: dreimal Eberharter, dreimal Walchhofer und zweimal Maier. Nur Cuche konnte zweimal dazwischenfunken. Auch bei WM und Olympia waren wir erfolgreich. Die Hauptdarsteller haben ihre Karriere aber mittlerweile alle beendet (Maier, Strobl, Eberharter etc) oder fahren ihren einstigen Leistungen hinterher (Walchhofer). Im Zuge dieser Erfolge hat man die Jugendarbeit in der Abfahrt völlig versäumt. Sicherlich haben Herren wie Scheiber, Kröll und Grugger mit Verletzungen zu kämpfen gehabt, aber Jungspunde sind ja auch die nicht mehr (Scheiber wird nächste Woche 27, die anderen beiden sind 28). Und dahinter? Kommt nix. Keine junge Talente, nada.
Für den Super-G gilt ähnliches. Kann sich noch jemand an den Super-G Ende 1998 in Innsbruck erinnern? Österreich feierte einen Neunfachsieg (!), gerade Hermann Maier sorgte auch dafür, dass der Super-G eine echte Österreicher-Disziplin war. Das ist aber schon sehr lange her. Reichelt hätte großes Potenzial gehabt, wurde aber von Verletzungen immer wieder zurückgeworfen. Ansonsten halten ein Abfahrer (Walchhofer) und ein Techniker (Raich) die Fahne hoch. Die beiden sind sowieso die einzigen beiden im derzeitigen Kader, die seit Jahren beständig Siege einfahren. Lassen auch die beiden aus, siehts eben düster aus.
Technik-Disziplinen: hier siehts besser aus als in den schnellen Disziplinen, vor allem dank dem jungen Marcel Hirscher, der in den nächsten Jahren viel reißen wird. Ansonsten fehlt aber auch hier eine Jugend, die sich anschicken würde, die Erbe anzutreten. Baumann kann man noch durchgehen lassen, der aber leider recht unkonstant unterwegs ist. Die erfolgreichen Herren in den Technik-Disziplinen sind auch nicht mehr die Jüngsten: Manfred Pranger (32), Reinfried Herbst (31) und Benjamin Raich (32) dürften schon ihre letzten Olympischen Spiele absolvieren. Für die beiden erfolgreichen Abwesenden Mario Matt (30) und Rainer Schönfelder (32) hätte dasselbe gegolten. Eine Jugendbewegung sieht anders aus, Hirscher drückt da den Altersschnitt gewaltig.
Der Höhepunkt für mich ist aber die Kombination. Unglaublich, was die Österreicher da diesmal aufgeboten haben. Neben Fixstarter Raich hat man eigentlich nur Romed Baumann, der aber einen Wahnsinnstag braucht, um aufs Podest zu fahren. Streitberger und der geplante Reichelt sind in der Kombi absolut chancenlos, weil sie Slalomtore wohl nur aus Erzählungen kennen. Hirscher scheint noch nicht bereit für die Abfahrt. Trauriger Fakt: Schönfelder hätte einen Fixplatz gehabt, ohne irgendwas dafür zu tun. Das sagt alles. Raich und Schönfelder waren wirklich die einzigen starken Kombinierer, die wir in den letzten Jahren hatten.
Unterm Strich haben Raich und Walchhofer sehr viel abgefedert. Wenn die jetzt auch auslassen, sehen wir, wo wir stehen: im Mittelfeld. Andere Nationen haben da bei den Jungen besser gearbeitet, die können das Karriere-Ende ihrer Aushängeschilder jetzt besser verschmerzen. Die Schweiz hat für die "Nach-Cuche-Zeit" mit Carlo Janka einen Topfahrer in fast allen Disziplinen. Die USA hat im Hintergrund von Bode Miller Ted Ligety langsam zum Allrounder aufgebaut, der auch im Super-G schon recht stark fährt und in den nächsten Jahren um den Gesamt-Weltcup fahren dürfte. Wir haben wohl "nur" Hirscher, aber der wird noch Zeit brauchen.