Bin aber sehr gespannt wie er zum ersten mal seit vielen Jahren mit einer Mannschaft umgeht, die nicht zum (Top-) Favoriten Kreis gehört.
Das war doch immer Teil seiner Herangehensweise auch wenn er selbst bei finanzstarken Clubs mit Weltstars war...
Das Underdog Motiv ist Teil seiner Biografie, Teil seiner Taktik auf dem Rasen und ein ganz wesentlicher Teil bei der Mannschaftsführung.
Mourinho war ein Genie wenn es darum ging eine Mannschaft als Einheit einzuschwören. Die Schlüsselspieler von Porto, Inter und Chelsea schwärmen noch heute von ihm als Leader. Auch bei Madrid war er damit erfolgreich. Er hat es immer wieder geschafft, dass seine Teams (die immer auch viel spielerische Qualität hatten) sich durch große Mentalität und Siegeswillen auszeichneten. Er hat es geschaffst, dass alle fighten/verteidigen und notfalls eben auch Gras fressen im Stile von Darmstadt oder Sheffield. In dieser Hinsicht ist er als Motivator sicher auf der höchsten Stufe. Andere Teams wären spielerisch untergegangen oder hätten sich aufgegeben, Mourinhos Teams haben die letzten Prozent Leidenschaft auf den Platz gebracht und die Punkte eingefahren oder den Sieg über die Zeit gebracht.
Und auch bei der Taktik war er in diesen Jahren auf der Höhe der Zeit. Nicht durch eine klare festgefahrene Philosophie sondern durch pragmatischen Fußball. Bei Chelsea mit viel Physis und Power. Bei Madrid mit Tempo und Technik. In Italien mit einer alten abgeklärten Truppe... Eine wichtige Gemeinsamkeit dieser Teams war wohl immer die Einstellung, dass man gegen andere Topteams nicht das Spiel machen muss sondern auch gerne Konterfußball spielt. Ist nunmal einfacher.
Aber zurück zu Mourinho als Motivator:
Als Außenstehender hatte man immer den Eindruck, dass er diese Stimmung und das Bilden einer Einheit nicht mit einer positiven Herangehensweise erzeugen kann. Er brauchte die Rolle als Underdog und er braucht die Feindbilder. Und wenn es keine Feindbilder und keine "Gegner" gibt. Dann muss man sich das Drama eben selbst herbeizaubern.... Verschwörungen, böse Schiris, dumme Reporterfragen, unfaire Medien, Bevorzugung seiner Rivalen, Stress mit der Liga, Streit mit gegnerischen Coaches, mit den eigenen Ärzten, den eigenen Fans oder der eigenen Vereinsführung. Die Liste ist endlos und teilweise war es einfach nur absurd.
Das hat meistens kurzfristig hervorragend geklappt. Er hat dem Team die Leidenschaft vorgelebt, hat sich öffentlich schützend vor seine Spieler gestellt und die Nebenkriegsschauplätze als Motivationshilfe genutzt. Seine Teams waren eine Einheit und die ersten beiden Jahre waren stets erfolgreich. Aber es ist keine Strategie wenn du langfristig irgendwo arbeiten willst. Das nutzt sich ab, es ist irgendwann durchschaubar und ermüdend.
Und das alles beschreibt seine Zeit von Porto bis Madrid ganz gut. Er brachte den Erfolg aber es kam auch irgendwann der Knall.
In all diesen Jahren hatte er aber auch die Aura des "Special One" und damit bei Amtsantritt zumindest einen Vertrauensvorschuss in der Kabine. Und ich finde das ging schon bei seiner Rückkehr auf die Insel verloren. Spätestens bei United wurde er dann in den Medien mehr belächelt als respektiert. Und man hatte das Geühl, dass er dort zu keinem Zeitpunkt mit seinen Methoden eine echte Aufbruchstimmung erzeugen konnte.
Ich halte es für ausgeschlossen, dass Mourinho 3 Jahre bei den Spurs bleiben wird. Best Case ist wohl, dass er die älteren Schlüsselspieler dieser Spurs Truppe nach einigen erfolgreichen aber titellosen Jahren auf seine Seite ziehen kann. Bei United gab es ja quasi keine echten Leader. Pogba hat das Talent und das Selbstverständnis eines Superstars aber bringt nur in jedem vierten Monat die entsprechenden Leistungen. Ansonsten gab es viel Durchschnitt und viele junge Talente. Da haben die Spurs schon eher einen Kern mit erfahrenen Top Spielern. Vielleicht können die sich aufraffen und nochmal eine gute Saison herauskitzeln bevor dann irgendwann der Umbruch kommt.