Bei Hoffenheim hätte es zB wohl wenig Fans gestört, wenn Hopp die in rosa-neongrün hätte auflaufen lassen, ähnlich wie in Wolfsburg. Keine Ahnung, wie das in Cardiff aussieht. Ich finde es aber wie gesagt dämlich, wie Investoren im Allgemeinen. Ausnahme ist halt, wenn sie Traditionsvereine vor dem Verschwinden retten.
Ich hab sowas in Salzburg ja hautnah miterlebt und ich sehe da durchaus beide Seiten der Medaillen.
Erst mal muss man festhalten, wie dreckig es dem Verein ging, ehe Mateschitz 2005 eingestiegen ist. Der Verein war de facto bankrott, jahrelang am Leben erhalten durch den Speditions-Unternehmer Rudi Quehenberger, der sein privates Einkommen in den Verein gesteckt hat, damit es "irgendwie weitergeht". Man braucht sich da keinen Illusionen hingeben, ohne Mateschitz hätte es keinen Erstliga-Fußball in Salzburg mehr gegeben. Ein oder zwei Jahre später wäre man sicher abgestiegen, beziehungsweise hätte dem Verein sogar ein GAK-Schicksal gedroht (Lizenzentzug, Bankrott, Zwangsabstieg in die 3. Liga). Der Zuschauerschnitt war auch brutal ... selbst nach dem Umzug ins neue EM-Stadion. Ich kann mich gut erinnern, dass wir in den "goldenen Jahren" Mitte der 90er oft wirklich Glück brauchten, um an Karten zu kommen. Das alte Stadion in Lehen fasste dabei nur 16.000 Leute oder so, aber damals war es meistens voll. Bevor Red Bull einstieg, hatte man so im Schnitt noch 5.000 oder 6.000 Zuschauer ... traurige Geschichte. Wenn ich mich recht erinnere, war man dann finanziell auch so am Ende, dass man die Lizenz erst im zweiten Anlauf bekommen hat.
Enter Mateschitz. Ich denke, am Anfang war wirklich jeder optimistisch, als die Gerüchte aufkamen und das Ganze langsam realistisch wurde. Schließlich hatten sich jahrelang viele Salzburger gewünscht, dass Mateschitz den Verein rettet, nachdem er schon im Eishockey eingestiegen war. Natürlich haben sich dann aber die Lager gespalten, als die Sache fixiert wurde, weil man den ganzen Verein umgekrempelt hat. Natürlich haben da viele Fans nicht mitgemacht, als man Logo und Vereinsfarben geändert hat und man noch großkotzig meinte, dass dies ein neuer Verein wäre, ohne Geschichte. Da sind dann leider auch so manchen Splittergruppen die Sicherungen durchgebrannt. Das war kein Spaß im Jahre 2005, als unsere schöne Stadt dann mit violetten Graffitis und Aufklebern an fast jeder Ampel und Laterne verschandelt wurde. Ich will die Slogans hier gar nicht wiedergeben, das war unterste Schublade. Ich hab hautnah erlebt, wie kleine Kinder in Red Bull-Shirts übelst beschimpft wurden und und und. Manche nehmen es mit dem Vereinsstolz und Fanatismus dann eben auch ein bisschen zu ernst ...
Sportlich war es natürlich eine andere Perspektive und die Zuschauerzahlen gingen auch merklich nach oben. Die Transferpolitik war in den ersten Jahren absolut katastrophal, da hat man kopflos, ohne Konzept, einfach eingekauft, ohne Rücksicht auf Verluste. Da gibts Spieler, die extrem gefloppt sind und trotzdem noch nicht in die Top 10 der Transferflops einzuordnen sind ... es gab einfach zu viele miese Einkäufe. Das hat sich aber langsam gebessert.
Die Hardcore-Violetten haben ohnehin längst die Austria als neuen Verein gegründet, mittlerweile spielen sie in der dritten Liga. Auch hier kenne ich viele Anekdoten, aber keine allzu positiven ... vielmehr fällt die Austria immer wieder durch ihre Fans negativ auf. Es gab schon Vereine, die Heimspiele gegen die Austria aus Angst vor Ausschreitungen freiwillig abgesagt haben. Vor zwei Jahren waren sie zu Gast bei meinem Heimatverein und haben 0:2 verloren, da haben die Fans eine Spur der Verwüstung vom Platz bis zum Bahnhof gezogen. Ist das mehr Fußballkultur als Red Bull? Ernstgemeinte Frage. Wenn ich die Wahl habe zwischen einem Retortenverein und einem aggressiven Traditionsverein, ist für mich die Wahl nicht so eindeutig wie für manchen Fußball-Romantiker ... allerdings gehe ich heute auch nicht mehr annähernd so oft ins Stadion zu Red Bull als früher ins alte Stadion, das muss ich schon zugeben. Vielleicht ändert sich das aber nächstes Jahr, denn mit Grödig wird wahrscheinlich ein zweiter Verein aus unserem schönen Bundesland aufsteigen und ein Salzburg-Derby wird sicher interessant
Unterm Strich kann ich also beide Seiten verstehen. Auf der einen Seite der Stolz auf den "alten" Verein, mit Tradition und absolut glorreichen 90er Jahren, als eine Mannschaft, die nur zwei Legionäre hatte und großteils aus Salzburgern bestand, bis ins Uefa-Cup-Finale vordringen konnte und die ersten drei Meistertitel der Geschichte einfahren konnte. Auf der anderen Seite muss man aber halt auch sehen, dass wir ohne Red Bull in Salzburg jetzt jahrelang keinen Erstliga-Fußball mehr gehabt hätten und von Meistertiteln und internationalem Fußball nur träumen könnten.
Sorry für den Exkurs, aber es hat grad vom Thema her gepasst