Mein GOAT ist Diego Maradona. Ob für ARG oder Neapel, kein Spieler hatte einen solchen Impact auf seine Mannschaft. Er hatte nicht nur fußballerisch die feinsten und schnellsten Skills seiner Zeit, Maradona besaß diese außergewöhnliche Ausstrahlung, geradezu Charisma, welches sich auf Mitspieler, Gegenspieler und Publikum übertrug.
Ende der 80'er sah ich ihn live, Bayern vs Neapel im UEFA-Cup. Vor dem Spiel spotteten wir über den nicht ganz austrainiert wirkenden Diego "Dickerchen", Schmähgesänge, Pfiffe, wie das halt so ist. Aber schon beim Aufwärmen, ruhten alle Augen auf dem kleinen Argentinier, der zog da schon die Show ab. Hier mal ein Video von Maradonas Warm-up, weiß nicht, wo das gedreht wurde, könnte aber im Olympiastadion gewesen sein, an sein Aufwärm-Tanzen kann ich mich noch erinnern:
Und dann das Spiel, zwei ausgeglichene Mannschaften, aber die einen haben Maradona, der wie ein cheat wirkt. Jede Aktion hat Hand und Fuß (manchmal im wahrsten Sinne des Wortes...), diese Eleganz und Geschwindigkeit, dribbeln, passen, schießen, in allem das Beste, was man je gesehen hat. Schon ab der Halbzeit sind die Pfiffe gegen den Meister verflogen, irgendwann gab es trotz des engen Spielverlaufs Szenenapplaus bei jeder seiner Aktionen. Das Spiel endete glaub ich unentschieden, wir schieden dann im Rückspiel aus, aber das trat in den Hintergrund. Maradona hatte das ganze Stadion mitgerissen und man verließ den Schauplatz mit dem Gefühl, Zeuge etwas ganz Großen gewesen zu sein.
Dabei war es für ihn nur ein Spiel unter vielen, wo auch immer er in der Welt auftrat, in seiner Prime nahm er jeden Fußballfreund mit. Man konnte ihn nicht nicht mögen, selbst in England war man nach dem Aus bei der WM '86 trotz des irregulären, wenn nicht gar unfairen, Tores, irgendwie im Bann des Kleinen. Wenn's tatsächlich Gottes Hand war? War es nicht einem höheren Willen geschuldet, dass England ausscheiden musste, um dem Größten der Söhne des Fußballgotts die ersehnte Krönung zu ermöglichen?
Und Maradona wusste um seine Mission. Er war der meistgefoulte Spieler der Geschichte, aber stand immer wieder auf, er zog die negative Aufmerksamkeit der gegnerischen Fans auf sich, nur um sie immer wieder zu verwandeln in pure Bewunderung, am Ende verließ er mit standing ovations den Platz.
Mehr als die Spieler der heutigen Generation war Maradona ein wahrer Volksheld. Klar, die Fans bewundern Spieler wie Messi und Ronaldo, aber da ist immer eine gewisse Distanz. Maradona war wie ein Volkstribun, er gab den Menschen das Gefühl, einer der Ihren zu sein.
Da gibt's all die Geschichten aus Neapel, von Heiligenfiguren bis zu seinem Ferrari, den jeder in der Stadt kannte und der Tabu war, für Polizei wie für Gauner. Ich selber sah ihn zehn Jahre später nochmal. Ende der 90'er war ich in Argentinien und durfte den Klassiker Boca Juniors vs River Plate live erleben. Maradona spielte nicht mehr, aber wurde selbstverständlich immer noch besungen. In der Halbzeit öffnete sich das verdunkelte Fenster einer der Logen auf der Haupttribüne der Bombonera und Diego winkte heraus. Das Stadion versank in tiefe Ehrfurcht, nur um einen Augenblick später in frenetischen Jubel auszubrechen. Das war fast wie im alten Rom. Die Extase der Leute um einen rum, unfassbar.
Klar, das klingt verdächtig nach Früher war alles besser, aber ich verfolge auch den aktuellen Fußball sehr gerne und sehe viele großartige, sportliche Entwicklungen, das Spiel ist viel schneller, technischer und taktischer geworden. Aber aus meiner Sicht gab es nie mehr einen Spieler, der so sehr eine Stadt, ein Land und die ganze Welt verzückt. Und das ist ja, um was es letzten Endes beim Profifußball geht. Brot und Spiele dem Volk.