Dann versuche ich mich mal an einem Rückblick.
Wenn ich mich nicht verzählt habe, haben für uns in der vergangenen Saison ganze 20 (!) Spieler auf dem Parkett gestanden. Na, wer bringt all ihre Namen zustande?
Spieler (BBL-Spiele/Minuten/Punkte/FG%/Rebounds/Assists)
#0 Micah Downs (4/25:14/11,0/30,8/3,5/1,5): Downs war eine Nachverpflichtung für den Flügel, machte von Oktober bis Anfang Dezember drei Pokal- und vier BBL-Spiele. Anfangs waren wir glaube ich alle etwas erschrocken über seine ersten Minuten, wenn ich mich recht erinnere. Hatte etwas von einem gewissenlosen Shooter. Konnte dann aber stellenweise überzeugen, weil er als einer der wenigen selbst Punkte kreieren konnte (bspw. beim Sieg gegen Vechta).
#1 Perry Jones (19/20:47/8,6/41,2/4,0/1,1): Er kam im Februar als Nachverpflichtung für die großen Positionen. Natürlich ein großer Name, der zuvor in der Türkei wochenlang nicht mehr spielte, so hat es auch gedauert, bis er sich bei uns einigermaßen eingegroovt hatte. Er scheint ein Spieler zu sein, der auf ein funktionierendes Mannschaftsgefüge angewiesen ist. Er ist kein Lautsprecher oder der Typ Anführer der eine Mannschaft mitreißen kann. Obwohl er im Laufe der Saison besser wurde, konnte er die Erwartungen nur stellenweise erfüllen. Wurde oft auch zu sehr als Stretch4 eingesetzt. Die große Stärke ist der Distanzwurf nämlich nicht, auch wenn seine Wurfbewegung mit die schönste ist, die ich je gesehen habe.
#2 Brekkott Chapman (16/22:09/10,7/40,5/3,3/1,7): Chapman war wohl als eine unserer Stützen eingeplant, nachdem er 2019/2020 lange verletzt war. Ein Spieler für die großen Positionen, vielseitig einsetzbar, genau nach Wucherers Geschmack. Leider hatte er wieder zwei langwierige Verletzungen. Das erste Spiel konnte er erst Mitte Dezember machen, bevor er nach nur einem Monat wieder für drei Monate ausfiel. Ich mag ihn sehr. Er zeigt immer wieder, dass er einiges an Talent mitbringt, es wäre für ihn einfach so wichtig, dass er mal konstant spielen kann. Er kann aus allen Distanzen punkten, zeigt Einsatz, kann rebounden, ist in der Defense voll mit dabei... einzig der Körper hinterlässt viele Fragezeichen. Und somit konnte auch er nur phasenweise zeigen, was alles in ihm steckt. Die Gesundheit scheint das große Fragezeichen bei ihm zu sein. Ich wünsche ihm sehr, dass er mal wirklich lange von Verletzungen verschont bleibt, zumal er ein sehr netter und positiver Charakter zu sein scheint.
#3 Tyson Ward (33/24:26/9,2/47,0/4,1/2,6): Ein Spieler der tatsächlich 33 BBL-Spiele machen konnte, man möchte es kaum glauben. Ein Rookie für den Flügel, ein Flügel der modernen Prägung. Kann den zweiten Ballhandler geben, rebounden, hat Zug zum Korb, der Wurf ist noch etwas wacklig. Dazu ein starker Individualverteidiger. Alles in allem ein sehr vielseitiger Spieler, noch dazu mag ich seine Emotionen nach guten Aktionen. Das Hauptproblem bei ihm war, dass er aufgrund der Verletzungen eine Rolle füllen musste, die einfach noch zu groß war, was sich z.B. stellenweise in vielen Turnover niederschlug.
#4 Julius Böhmer(12/9:39/3,3/64,0/0,5/0,9): Ihn hatte wohl keiner so richtig auf dem Schirm. Ein 19-jähriges Eigengewächs, das oftmals richtig gute Ansätze zeigen konnte. Er spielte unbekümmert auf und konnte die sich ihm unverhoffte Chance auf Spielzeit gut nutzen. Er konnte einen sauberen Wurf zeigen, und für sein Alter finde ich ihn schon recht abgeklärt. Den Sommer sollte er mit Koch in der Muckibude verbringen.
#5 Justin Sears (8/23:48/12,0/55,6/4,6/1,9): Wucherer kannte ihn aus vergangenen Gießen-Zeiten, wegen einer Verletzung war er für uns wohl finanzierbar. Anfang Dezember konnte er dann endlich aufs Parkett, und er wusste sofort zu überzeugen. Bei ihm sieht alles etwas unorthodox aus, aber bei seinen Qualitäten gibt es keine zwei Meinungen: für eine Mannschaft in unseren Tabellenregionen ein extrem guter Big Man. Leider war nach nur acht Spielen schon wieder Schluss. Man kann nur hoffen, dass dieser positiv Bekloppte und so sympathische Kerl nochmal zurückkommen kann.
#6 Joshua Obiesie (32/13:18/5,1/41,0/1,9/1,4): Er konnte leider nicht den erhofften Sprung machen. Er zeigt immer wieder tolle Ansätze (40,7% 3er, Zug zum Korb, Körpergefühl und Ballhandling bei seiner Größe), man sieht, dass der Junge Talent hat. Aber er hat seine PS leider nie konstant aufs Parkett bekommen. Wirkte streckenweise etwas unkonzentriert, dazu recht anfällig für unnötige Turnover. Als Außenstehender war es aber auch nicht immer zu begreifen, warum der ein oder andere Spieler scheinbar vor ihm in der Rotation stand. Trotz Vertrag habe ich das Gefühl, dass die Zeichen auf Abschied stehen. Ich hoffe er kann sein Talent dauerhaft zeigen.
#7 Nils Haßfurther (24/12:54/2,6/32,9/0,5/1,7): Immer wieder verletzt/krank. Reicht es bei ihm zum Backup in der BBL? Ist mit 21 Jahren jetzt ja auch noch kein alter Hase, manche entwickeln sich auch erst später. Aber das bisher gezeigt ist doch etwas wenig. Böse gesagt: er kann den Ball über die Mittellinie dribbeln. Bisher ist sein Wurf einfach zu schwach, dazu kommt, dass er seinem Wurf auch nicht vertraut und reihenweise Würfe verweigert. Da ist es mir zehn Mal lieber, wenn ein Obiesie zum Dunk hochsteigt und geblockt wird.
#8 Tayler Persons (9/24:32/11,2/44,7/3,8/4,0): Mal besser, mal schlechter unterwegs, hatte er die undankbare Aufgabe auf Wells zu folgen. Dass er zum Jahreswechsel herum nach 9 BBL-Spielen gehen musste/durfte, hatte nichts mit seiner Qualität zu tun. Der schlechteste Ausländer war er sicherlich nicht. Aber er war für unsere Mannschaft nicht der richtige Spielertyp. Die grundsätzliche Qualität für die BBL dürfte er haben.
#8 Robert Lowery (11/23:07/10,5/48,2/2,6/3,9): Mit seiner Erfahrung, individuellen Qualität und Attitüde auf dem Parkett, war er die dringend benötigte Führungsfigur. Ende Februar aus Minsk gekommen, war er sofort der Leader. Leider erstmal nur für drei Spiele. Dann kam eine Verletzung (wäre ja auch langweilig wenn nicht), die eine einmonatige Auszeit erforderte. Ich war anfangs von ihm komplett überzeugt, in den letzten Saisonspielen wirkte er für mich aber auch etwas unzufrieden, oder stellenweise mit etwas weniger Einsatz spielend. Insgesamt aber wohl die Schlüsselfigur in Sachen Klassenerhalt.
#11 Zach Smith (7/16:59/5,6/70,8/2,3/0,1): Ein eher kleiner Center (2,03m), gesegnet mit herausragender Athletik. Nach sieben BBL-Spielen war wegen einer Verletzung Schluss. Um ehrlich zu sein glaube ich nicht, dass er ein BBL-Spieler ist. Die Athletik ist wie gesagt herausragend, aber abseits dessen... hat nicht mal im Ansatz einen Wurf (eine Freiwurfquote, für die sich Jason Boone schämen würde), schwaches Spielverständnis (1 Assist in sieben Spielen): die BBL war eine Nummer zu groß.
#12 Elijah Ndi (4/5:33/0,5/14,3/0,5/0,5): Ganze 16 Jahre alt, krönte er sich im Hinspiel gegen Berlin zum jüngsten Korbschützen der BBL-Historie. Dürfte zu seinen ersten BBL-Minuten wie die Jungfrau zum Kinde gekommen sein. Für eine wirkliche Beurteilung hat er zu wenig gespielt.
#20 Julian Albus (30/11:07/2,3/44,6/1,0/0,9): Er war eigentlich für die ProB vorgesehen und wollte sich v.a. dem Studium widmen. Von der Einstellung her immer vorbildlich, dazu generell ein guter Typ. Aber er sollte in der BBL nicht 11 min im Schnitt spielen müssen, die Qualität dafür hat er eigentlich nicht.
#21 Flo Koch (32/20:37/7,7/46,7/3,3/1,3): Selbst den Marathonmann hat es gegen Ende erwischt. Er war als ein Führungsspieler eingeplant, und es war sichtlich nicht leicht für ihn, in einer deutlich größeren Rolle zurechtzukommen. Er war stets bemüht, und das ist jetzt nicht so negativ gemeint, wie es sich liest. Ich bin manchmal fast ein wenig verzweifelt, wenn er mal wieder einen Wurf verweigert hat oder ein Dreier (34,9%) mal wieder nicht durch das Netz gerauscht ist. Aber er hatte einfach eine andere Rolle als in seiner bisherigen Karriere, die Qualität der Würfe, die er bekam, dürfte noch nie so schlecht gewesen sein. Dazu merkte man ihm an, wie die Niederlagen und teilweise schlechten Leistungen der Mannschaft an ihm zehrten.
#24 Cameron Hunt (34/23:26/11,9/52,4/2,5/3,4): Eigentlich hätte er ProB spielen sollen, stattdessen war er der Einzige, der jedes Spiel machen konnte. Ich hätte ihm diese Rolle nicht zugetraut, dass kann ich ganz klar gestehen. Stellenweise die erste Option in der Offense, über die Saison hinweg sehr starke Wurfquoten: offensiv wusste er meistens absolut zu überzeugen, in der Defense hätte es manchmal etwas mehr sein können. Er ist eher Scorer als Spielmacher, insofern hatte auch er nicht seine optimale Rolle inne. Zum Ende hin kam er mir etwas frustriert vor.
#27 Jonas Weitzel (22/12:21/5,6/52,2/1,9/0,5): Ebenfalls eine absolut positive Überraschung und mit 22 Jahren für einen Center immer noch jung. Am Anfang bekam er ein paar Minütchen, zwischenzeitlich durfte er starten und über 20 min pro Spiel spielen. Das Highlight waren sicherlich seine 20 Punkte gegen Berlin. So viel Spaß er in der Offense gemacht hat, zur Wahrheit gehört auch, dass er in der Defense nicht gut war. Natürlich war auch er verletzt.
#31 Murphy Holloway (11/21:15/11,1/56,1/4,9/1,5): Ende Februar kam er nach Würzburg. Junge, Junge, was für ein Kalb. Quadratisch, praktisch, gut. Für seine Masse erstaunlich beweglich und flink. Er hat es manchmal bei seinen Abschlüssen etwas erzwungen, umso überragender war es, wenn er mal wieder einem Gegner den Ball geklaut hat und wie eine Dampflok auf Speed nach vorne geprescht ist. Für einen Center zeigte er auch manches Mal erstaunliche Passqualitäten. Er hat uns im Abstiegskampf sehr geholfen, selbstverständlich war auch er dann verletzt und krank.
#34 Felix Hoffmann (30/18:35/4,3/45,2/4,0/1,2): Was soll man zum "Würzburg Warrior" schreiben? Ähnlich wie Koch hatte er in dieser Saison die größte Rolle seiner Karriere inne. Wie eh und je ein Vorbild in Sachen Einsatz, weswegen man ihm auch gerne die ein oder andere spielerische Unzulänglichkeit vergibt. Wenn selbst er nicht alle Saisonspiele machen kann, kann man wohl mit Fug und Recht von einer Seuchensaison sprechen. Felix Hoffmann ist Würzburg.
#35 Mark Ogden (3/19:20/11,3/55,0/2,7/0,3): Ehrlich gesagt, erinnere ich mich nicht mehr so arg an ihn... Je drei Spiele machte in im Pokal und in der BBL für uns. Ich glaube in der Offense war er durchaus gut unterwegs. Er ging, weil er woanders einen Vertrag bekam, richtig?
#77 Alex King (30/20:00/6,9/39,9/2,3/1,0): Der Routinier konnte Mitte Dezember aus München ausgeliehen werden. Ich tue mir schwer, seine Leistung zu beurteilen. Auf dem Feld war es eigentlich oft (deutlich) zu wenig. Gegen Chemnitz, Bayreuth und Bonn war er z.B. noch entscheidend an den Siegen beteiligt, aber gerade gegen Ende hin gab es eigentlich keine positiven Ausreißer mehr. Andererseits dürfte er wohl abseits des Parketts sehr wichtig gewesen sein, was man als Fan insgesamt aber halt schlecht einschätzen kann.
Es war früh klar, dass das Ziel nur Klassenerhalt heißen kann. Dieses Ziel wurde drei Spieltage vor Schluss erreicht, ohne dass wir jemals bedrohliche Abstiegsängste haben mussten. Das ist erstmal positiv.
Zur Beruhigung der Nerven konnten wir am zweiten Spieltag gleich mal gegen Vechta gewinnen und am sechsten gegen Chemnitz. Zwischendrin gab es aber auch mal üble Haue in Hamburg. Es wurde mehr als deutlich, dass es nur darum gehen konnte, irgendwie genug Siege für den Ligaverbleib zusammenzubekommen. Derweil konnte Alex King als Routinier für den Rest der Saison aus München ausgeliehen werden. Beim überraschenden Sieg gegen Bonn war er gleich mal der Matchwinner, aber die Verletzung von Sears trübte die Freude über diesen Erfolg. Das Verletzungspech schlug volle Kanne zu, stellenweise waren Ward und Hunt unsere einzigen einsatzfähigen Ausländer. Doch es folgte gleich der nächste überraschende Sieg gegen Frankfurt. Und überhaupt: machte es nicht auch einfach Spaß, als krasser Außenseiter in praktisch jedes Spiel zu gehen, und unsere junge Truppe von zuhause anzufeuern, die immer alles gab, egal wie vermeintlich übermächtig der Gegner war? Beispielhaft sei das Spiel (und die Niederlage) gegen Berlin genannt. Die Jungs gaben alles, weswegen ihnen viele Fehler gerne verziehen wurden.
Das Warten auf Neuzugänge zog sich hin, doch mit Jones, Lowery und Holloway konnten scheinbar hochkarätige Neuzugänge verpflichtet werden. Ein starker Sieg gegen Gießen folgte, kurz darauf konnte Crailsheim bezwungen werden. Die Mannschaft machte richtig Spaß, ganz weit entfernt am Horizont war sogar noch ein Silberstreif namens "Playoffs" zu sehen. Doch gleich darauf verletzte sich Lowery, es setzte deutliche Niederlagen gegen den MBC und Bayreuth, dafür gab es einen immens wichtigen Sieg gegen Gießen nach starker Aufholjagd. Doch schon kurz danach wurde es leider schlimm. Immer kassierten wir übelste Läufe. -10 vs. Bonn, -24 vs. Ulm, sage und schreibe -50 (!) vs. Oldenburg, und nochmal -23 vs. Göttingen. Bei uns Fans machte sich langsam Frust breit. Es gab noch einen tollen Heimsieg im Nachholspiel gegen Bamberg, doch anschließend war die Luft endgültig raus. Chancenlos gegen Braunschweig und nur dank eines guten letzten Viertels ein -10, -20 vs. Berlin. Und nachdem der Klassenverbleib feststand gab es eine Einpunktniederlage vs. Chemnitz, ein desaströses -29 vs. Frankfurt und ein noch schlimmeres -33 vs. Vechta.
Es ist wahnsinnig schade, dass sich unsere Mannschaft zum Ende der Saison so präsentierte. So machte sie den tollen Eindruck, den unsere "aufgepeppte ProB-Mannschaft" in der Hinrunde trotz vieler Niederlagen erweckte, leider zunichte. Trotz dieser Niederlagen hatte man immer das Gefühl, dass die Stimmung eigentlich ganz gut war, der Teamgeist war vorhanden und die Mannschaft schien intakt. Mit den Nachverpflichtungen hat sich natürlich die spielerische Qualität der Mannschaft verbessert. Aber gefühlt, v.a. jetzt zum Ende hin, hat es in der Mannschaft nicht mehr so ganz gepasst. Lowery wirkte auf mich nicht mehr so energetisch wie anfangs, bei Hunt meine ich ab und zu mal Frustration gesehen zu haben, dazu hat ja z.B. Hoffmann gesagt, dass scheinbar nicht mehr alle bis zuletzt so richtig bei der Sache waren. Mit den letzten Auftritten hat sich die Mannschaft leider jeglichen Kredit verspielt, den sie sich zuvor aufbaute.
Finanziell scheint uns Corona im Ligavergleich leider am meisten geschadet zu haben. Dazu dieses abnormale Verletzungspech. Es gibt natürlich gute Gründe dafür, dass es am Ende nicht deutlich mehr als 9 Siege wurden.
Nun gilt es die richtigen Schlüsse aus der vergangenen Saison zu ziehen, damit wir in Würzburg hoffentlich wieder bessere Basketballtage erleben können!