Der nächste Wett-Skandal
FUSSBALL / Bei Ermittlungen gegen Drogendealer stieß die Polizei auf Telefongespräche über manipulierte Spiele und hohe Wett-Einsätze. Regionalliga-Begegnungen von Wattenscheid betroffen.
BERLIN. Kaum hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bei seinem außerordentlichen Bundestag am 28. April in Mainz die "Akte Robert Hoyzer" geschlossen, droht schon der nächste Skandal um manipulierte Fußballspiele zum Zwecke hoher Wettgewinne. Neben der "Kroaten-Mafia" um den des Betrugs angeklagten Ante S., dessen Berliner "Cafe King" das Hauptquartier der Bande um Hoyzer bildete, operierte offensichtlich noch eine zweite Gruppe Krimineller im Fußball- und Wett-Milieu.
Verbindungen zur Drogen-Szene
Es handelt sich dabei um eine in Mazedonien beheimatete Gruppierung mit Verbindungen in die deutsche Drogendealer-Szene. Gewettet wurde von den Verdächtigen unter anderem in der Saison 2003/2004 auf Spiele der Regionalliga Nord zwischen der SG Wattenscheid 09 und Holstein Kiel sowie zwischen der SG Wattenscheid 09 und dem FC Sachsen Leipzig.
Allerdings agierte die Bande offenbar nicht alleine in Deutschland. Zahlreiche Begegnungen aus den obersten Spielklassen in Frankreich, Belgien und Österreich sollen ebenfalls betroffen sein, sogar Spiele in Skandinavien (Göteborg/Kopenhagen) und der Türkei (Istanbul/Samsun) tauchen in den belastenden Unterlagen auf - die der NRZ zum Teil vorliegen.
Aufmerksam wurden die Ermittler auf diese Wett- und Manipulationsaktivitäten mehr oder weniger zufällig. Bei Untersuchungen gegen einen überregional tätigen Ring von Drogendealern ließen sie die Telefonate von dessen Mitgliedern überwachen - und stießen dabei auf zahlreiche Gespräche sowie SMS-Kurzmitteilungen, die sich auffallend häufig um das Thema Fußball drehten.
So viel gilt bislang als sicher: Mindestens seit dem Frühjahr 2004 erhielt einer der deutschen "Statthalter" des mazedonischen Ringes Tipps zu Fußballspielen, deren Ausgang als "geregelt" bezeichnet wurde und auf die er sichere Wetten abschließen könne. Was er - überwiegend mit Erfolg - auch tat: Hauptsächlich bei lokalen Wett-Büros setzte er dabei Beträge von bis zu 10 000 Euro ein.
Von wem und wie die Manipulationen vorgenommen wurden, bleibt bislang unklar. Allerdings gibt es in einem Telefongespräch den Hinweis auf einen in Österreich tätigen Mann, der mit jeweils 300 000 Euro in der Lage gewesen sein soll, "alles" zu bewirken.
Unterlagen über die bislang vorliegenden Erkenntnisse sind bereits von der Staatsanwaltschaft Duisburg an die Kollegen in Berlin überstellt worden, wo nach Bekanntwerden des Falles Hoyzer vom Landeskriminalamt eine "Einsatzgruppe Fußball" gebildet wurde. Dort gibt es inzwischen ein Aktenzeichen, das Stadium der Vorermittlungen ist allerdings noch nicht überschritten.
Noch nicht einmal so weit scheint man derzeit beim DFB zu sein. "Offiziell" - so Sprecher Harald Stenger - sei dem Verband von dieser Angelegenheit bisher noch nichts bekannt geworden. (NRZ)
11.05.2005 GUSTAV WENTZ
Artikel erschienen in der "Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung"