Nun macht mal langsam Jungs. Skispringen ist ein derartig komplexer Sport was Feinabstimmungen, die Psyche, Trainingsmethoden, den Bau des Körpers, das Material und biomechanische Faktoren (Bewegungsabläufe usw.) betrifft. Da kann es leicht passieren, dass Springer, die dominiert haben, für eine kurze oder längere Zeit ihr System nicht mehr zusammenkriegen. Alleine schon winzige Verletzungen oder Gewichtsveränderungen können den sehr sensiblen Bewegungsapparat eines Skispringers beschädigen. Winzige Veränderungen, die für den Laien während des Sprunges nicht zu erkennen sind, können vieles an der bedeutenden Feinmotorik und am Verhalten während eines Flugs ändern.
Ich habe viele Biografien von ehemaligen Springern gelesen, die meinten, dass die kleinste Veränderung (sei es materialbedingt oder rein physisch) im individuellen Sprung-System die Psyche gefährden kann, weil das größte Vertrauen nunmal im stabilen System liegt. Das sind alles Menschen mit Nervosität, Herzrasen und Gefühlen der Anspannung, wenn es nicht läuft, wie bei uns auch. All die Großen seit den 80igern, seien es Armin Kogler, Matti Nykänen, Andi Felder, Vettori, Jens Weißflog, Espen Bredesen, Goldberger, Kasai, Widhölzl, Ljoekelsoey, Funaki, Hannawald, Schmitt, Ahonen, Malysz oder auch Amman, hatten in ihren Karrieren längere Leerlauf-Perioden (Letzterer extrem viele), in denen schlichtweg nicht viel ging.
Nun ist es aber so, dass Schlierenzauer schon jetzt so viel erreicht hat, dass bei ihm schon nach 2-3 nicht so guten Leistungen zu Saisonbeginn (!) die Skepsis ausbricht. Der Junge ist 20 und ist schon in der Nähe der Anzahl an Weltcupsiegen eines Malysz, Ahonen und Weißflog. Er hat die Messlatte so hoch gelegt, dass jetzt mMn völlig überzogene Kritik auf ihn zukommt. Was habt ihr erwartet? Dass er in dem Tempo weitermacht? Wo stünde er dann mit 28 Jahren ? Bei 200 Weltcupsiegen? :confused: Den Rekord hält Nykänen mit 46.
Relativiert bitte etwas eure überzogenen Erwartungen. Aussagen wie "Ergeht Schlieri das gleiche Schicksal wie Schmitt?" sind wirklich an den Haaren herbeigezogen.
Schlierenzauer wird noch ganz andere Dürre-Perioden erleben, ganze Jahre in denen nichts gehen wird, aber das ist in diesem Sport das Allernormalste und es gibt keine Legende in dieser Sportart, die davon verschont blieb. Dieser Sport ist extrem komplex und es ist sauschwer das sowohl psychische, als auch physische und biomechanische System gepaart mit dem Material und den Abstimmungen an diesem immer und jeden Tag optimal abzurufen. Ein Morgenstern hatte nach seinem dominanten Gesamtweltcupsieg 2008 anschließend 2 Jahre das Nachsehen gegenüber Amman und Schlierenzauer und wirkte wie ein Schatten seinerselbst und jetzt scheint er wieder sein altes System wieder abrufen zu können. Es ist im Skispringen immer eine Achterbahnfahrt. Ich persönlich erwarte Schlieri spätestens bei der Tournee wieder in guter Form.