@ Buster: Du musst es ja wissen, wie das damals war, als eine ganze verkommene Generation von vaterlandslosen Eltern ihrer nationalen Identität beraubt wurden.
Im Gegensatz zu Dir verwöhntem bundesdeutschen Wohlstandssprössling habe ich diese verräterische Zeit allerdings höchstselbst wahrgenommen und ich darf Dir verraten, dass dieses unpatriotische Stummbleiben der deutschen NM bei der gesellschaftlich schier übermächtigen 68er Eltern-Generation :confused: nicht unbedingt auf allgemeinen Beifall gestoßen ist.
Man hatte sich aber inzwischen schon besser daran gewöhnt und zähneknirschend akzeptiert, dass man mit Willy-Brandt-Fußball sogar noch ein schicker Europameister geworden ist.
Gewinnen war dann letztendlich irgendwie schöner, als sich kleinlich über die Maoisten und Sozis aufzuregen, die doch auch schön ordentlich hätten mitsingen können, wie es sich gehört.
Die Finalrunden der WM 1974 erlebte ich als Steppke während eines Campingurlaubs in Dänemark an einem tragbaren SW-Fernseher mit Antennenempfang, wo man mit Glück manchmal den Ball in all dem Schnee erahnen konnte. Wir Kleinen (d.h. mein Bruder und ich und die beiden Blagen der beiden gemeinsam reisenden befreundeten Elternpaare) durften immerhin im Vorzelt am weitesten vorne sitzen und hatten daher den besten Überblick.
Mein kleiner Bruder aber durfte beinahe das Endspiel nicht mitgucken, weil er von Cruyff, Rep und Rensenbrink so angetan war, dass er für Holland war. Dieser "vaterlandslose Geselle", wie der andere Vater (also nicht unserer, der aber auch alles andere als ein 68er Revoluzzer war und ist) empört über einen 5-jährigen urteilte - und nur aufgrund hoch geheimdiplomatischer Interventionen durfte mein Bruder überhaupt mitschauen.
Ich war natürlich schon etwas älter und deswegen natürlich für Deutschland - auch wenn die Holländer ziemlich lässig waren. Aber man wurde ja mit zunehmendem Kindesalter auch zunehmend anders geprägt und sowas, wie "die spielen aber schöner" war dann schon in eine Sichtweise: "Die schwarz-weißen oder die dunkelgrauen (sprich grünen) sind die von uns, also sollen die gewinnen!" umgeprägt worden.
Von transparent-schwingenden anti-autoritären 68er Eltern dazu gezwungen.
Nein. Moment. Das war irgendwie anders. Die haben evtl. gar nicht mitgesungen, weil die waren mindestens so cool, wie die lässigen Holländer, ätsch-golätsch.
Die zähen Italiener - nach der Vorrunde raus. :laugh2:
Ich habe keine Ahnung, ob die damals genauso abgingen wie heutzutage bei ihrer schmissigen Hymne.
Jedenfalls lag das Hymnen-Mitschmettern generell nicht unbedingt im Trend damals. Die seinerzeitigen fußballerischen Siegertypen entstammten eher dem Klischee eines eleganten Nonkonformormisten.
Solange Deutschland gewann, war das aber auch okay - sowohl für die verwirrten Adenauer-Anhänger, als auch vielleicht für die wenigen 68er Fußballfreaks, die aus Netzers "Tiefe des Raumes" irgendwelche gesellschaftlichen Veränderungen erkennen wollten.