Ich bin heute doch eher zwiegespalten aus dem Kino gekommen. The Force Awakens ist ein guter Film. Meiner Meinung nach aber kein sehr guter. Und schon gar kein Klassiker. Die Stärken des Films sind ja im Thread schon angesprochen worden. Hier also ausschließlich die Dinge, die mir negativ aufgefallen sind.
Geschichte: Wochenlang hab ich jeden Informationsfitzel in Sachen Plot von mir fern gehalten. Nur nicht gespoilert werden. Nur nicht die Überraschung verderben. Und am Ende ist die Geschichte dann einfach nur ein schaler Aufguss von "A New Hope"? Luke heißt jetzt Rey. Der staubige Wüstenplanet Tatooine ist der staubige Wüstenplanet Jakku. Der Todesstern wird jetzt Starkiller Base genannt. Und auch der Druide, der die streng geheimen Informationen mit sich rumschleppt, ist wieder mit an Bord. Dass Disney für so einen - tut mir Leid - Storyabklatsch das gesamte erweiterte Star Wars Universum (da waren ganz starke Reihen wie die Han Solo Trilogie oder die Thrawn Trilogie dabei) in die Tonne getreten hat, macht mich schon ein wenig sauer.
Ich bin zwar kein Freund davon, Dinge totzuerklären - aber ein paar Informationen dazu, wie das Imperium ... Verzeihung, die Neue Ordnung sich wieder aus ihren Trümmern erhoben und in ein paar Jahren eine XXL-Version des Todessterns aus dem Hut gezaubert hat, wäre nett gewesen.
An vielen Stellen waren die Ereignisse auf der Leinwand dann auch sehr conveniant. Dinge passieren nicht, weil sie logisch, plausibel oder wahrscheinlich sind. Sondern weil sie passieren müssen, um die Handlung voranzutreiben. R2-D2 springt erst dann an, wenn er anspringen darf und Finn und Rey suchen sich ausgerechnet den verloren gegangenen Falken als Fluchtvehikel aus. Fünf Minuten später kommt dann auch Han Solo um die Ecke (die Galaxis ist ein Dorf...), der den Falken jetzt plötzlich orten kann. Und nicht vorher, als die Mühle doch sicher auch mal hochgefahren werden musste, um die neuen System einzubauen, von denen Rey ständig redet.
Pacing: Passt im Großen und Ganzen. Der Teil mit den Piraten, die von Han Solos Monsterarmee gefressen werden sowie die Passage mit Maz Kanata und Reys Halluzinationen fügen sich imo aber eher unbeholfen in die Haupthandlung ein.
Ton: Ab und an ein wenig albern und unpassend. Nichts gegen knackige One-Liner. Aber im einen Moment sieht Finn das Massaker auf Jakkku und ist so geschockt, dass er desertiert und in der nächsten Szene witzelt er mit Poe um die Wette ("Ja, ich brauche einen Piloten, haha"). Überhaupt kommen mir Finns social skills ziemlich gut für jemanden vor, der im Babyalter von seiner Familie getrennt wurde und praktisch nur das Leben und die Indoktrination bei den Sturmtruppen kennt. Die Referenzen auf die alten Filme trifft The Force Awakens zielsicher. Mehr Mut zur Innovation und weniger Fanservice/Nostalgie/Hommage wäre mir aber lieber gewesen.
Charaktere: Die drei "Guten" sind super. Von Kylo Ren bin ich aber enttäuscht. Der kommt mir eher wie ein versnobbtes, pubertierendes Milchgesicht vor. Und nicht wie der neue Oberscherge des Imperiums. Wenn der nicht Han Solos Sohn wäre, wäre der imo ziemlich uninteressant. Und warum trägt der überhautp diese Maske? Modetick? Reminiszenz an den Opa? Auch diesen Snoke fand ich eher blass. Aber gut, der hatte auch kaum Screentime.
Plotholes: Die Logiklöcher sind ja schon weiter vorne angeklungen. Aber wie dämlich schnell ich Reys Entwicklung zur Jedimeisterin finde, will ich nochmal extra erwähnen. Das erste mal, dass überhaupt zart angedeutet wird, dass Rey Jediskills besitzt, ist wenn sie dem Verhör von Kylo Ren widersteht. 10 Minuten später beherrscht sie dann schon den Mind Trick und nochmal zehn Minuten später tritt sie als ungeübte Schwertkämpferin Ren in den Arsch, der am Ende seiner Ausbildung steht und am Anfang des Films Blasterschüsse mit reiner Willenskraft einfrieren kann. Bei Rey ist mir schon vorher unangenehm aufgefallen, dass sie (als verarmte Schrottsammlerin, die kaum Flugerfahrung haben kann) aus dem Stand eine Spitzenpilotin und Expertin für den Millenium-Falken ist. Das kann man dann auch nicht so recht durch "die Macht" erklären. Da ist es auch egal, als wessen Tochter sie sich letzten Endes herausstellt. Und nochmal zu Kylo Ren: Dass der sich im Lichtschwertkampf nur mit Mühe und Not gegen Normalo Finn durchsetzen kann, ist dann imo schon arg lächerlich.
Lose Gedanken: Vielleicht geh ich mit dem Film zu hart ins Gericht und das Ganze ist auch eine Alterssache. Auch die alten Filme kann man wahrscheinlich an mehreren Stellen auseinandernehmen und kritisieren. Aber die Magie, die beim siebenjährigen pojo aufgekommen ist, als sein Papa in den frühen Neunzigern zum ersten Mal die Kassette mit der Aufschrift "Krieg der Sterne" in den VHS-Recorder eingelegt hat, wollte bei The Force Awakens leider kaum aufkommen.
Vorneweg: Ich will mich jetzt nicht auf einen Kleinkrieg über Details einlassen, weil ich denke das dies einer Filmdiskussion in einem Forum selten gut tut. Darum nehme ich deinen Beitrag nur als Startpunkt für meine Argumentation.
Zuallererst der Hintergrund aus dem ich komme. Ich bin erst Filmfan, dann Star Wars Fan. Ich würde mich streng genommen nicht mal als Star Wars Fan bezeichnen, weil ich außerhalb der Filme (ausgenommen ein paar Spiele und so etwas wie ein Grundwissen) wenig Wissen zu Star Wars hab. Ich bin kein Verfechter des ehemaligen extended universe bzw. jetzt Legends und nehme diese selten als Grundlage für Vergleiche aufgrund der Problematik der Intertextualität. Unabhängig davon sollte man als Fan dieser Werke einfach mal die Ruhe bewahren. Das erklären dieser Werke für non-canon bedeutet nicht automatisch, dass diese weggeworfen wurden, denn die Bezeichnung "legends" lässt vermuten, dass Charaktere und Geschichten durchaus wieder aufgegriffen werden können und von den damaligen Autoren nochmal neu aufgelegt werden. Es geht vielmehr um die Definition eines eigenen Kanons und die Unabhängigkeit von bestehenden Strukturen. Das Festhalten an diesen Strukturen kann das Schreiben eigener Geschichten einschränken. Gerade im Medium Film sollte man sich selten an das Medium Buch binden. Viel zu selten hat die Geschichte gezeigt das dies funktioniert oder Sinn macht, denn dafür sind sie zu verschieden.
Kommen wir zum Film und zur Theorie "suspension of disbelief". Film ist das Medium was die größten Probleme in der Hinsicht besitzt. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber der Einfachheit halber sagen wir mal die Länge des Mediums und das Vorgeben der Geschwindigkeit in welcher dieses "konsumiert" wird. Grundsätzlich kann man sagen, dass es etwas sehr subjektives hat und daher auch ständiger Streitpunkt in Filmdiskussion heraufbeschwört. Ein Beispiel:
Du kritisierst die Vorteilhaftigkeit von gewissen Ereignissen (hier: Das Aufspüren des MF oder die Aktivierung von R2D2) im Film. Meiner Meinung nach kann man beide Fälle unterschiedlich bewerten.
1. Aufspüren des ME
Deine Erklärung kann durchaus Sinn machen und man kann sich fragen, warum der MF nicht früher von Solo gefunden wurde. Die Frage ist, spielt dies überhaupt eine Rolle ? Ich könnte jetzt plump sagen, dass während der "Reparaturzeit" Solo sich in einem Abenteuer befand und nicht die Möglichkeit hatte den MF in der Zeit aufzuspüren. Und vielleicht gab es ein Paralleluniversum in der Solo den MF gefunden hatte. Der Punkt ist, dass der/die Autor/en die Geschichte so erzählen wollte (Um es noch weiter runter zu brechen: ein Autor kann sich entscheiden, ob ein Schütze trifft oder nicht).
2.R2D2
Man kann durchaus jetzt dasselbe Argument noch mal bringen, aber ich möchte dir entgegen kommen. Anders als beim MF sind die Möglichkeiten was passieren könnte eingeschränkt, weil der Autor sich dazu entschieden hat, eine Teilerklärung zu geben und somit der Fall weniger Spielraum hat. Hier kann man durchaus sagen "Das war aber jetzt convenient". Natürlich könnte man argumentieren, dass es daran lag, dass Rey in der Nähe war aber dann würde ich den "Fehler" begehen, mich zu weit weg zu begehen um nach Erklärungen zu suchen.
Grundsätzlich muss jeder für sich entscheiden wie bereit man ist Dinge zu akzeptieren. Man tut sich aber keinen Gefallen damit, wenn man eher zum "disbelief" tendiert. Gerade im Medium Film, was nicht die Zeit besitzt, Dinge ausführlich zu erklären.
Kommen wir zu Dingen die im Film nicht ausbuchstabiert werden und einen Gewissen Grad an Interpretation verlangen.
Der Cliffhanger ist ein sehr guter Hinweis, dass dieser Film kein abgeschlossenes Werk und damit auch die Figuren nicht vollständig gezeichnet sind. Das macht Bewertungen von Inhalten deutlich schwieriger und man kann sich fragen ob dies fair oder sinnvoll ist. Da aber der Film als solches abgeschlossen ist, muss er sich der Kritik und Bewertung stellen. Nichtsdestotrotz sollte vorherige Aspekte berücksichtigen.
1. Rens Maske und Ren im Allgemeinen
Wie du bereits erwähnt hast: Reminiszenz an den Opa
MMn nach nicht mal ein Anlass für Interpretation, weil allein diesem Fakt eine komplette Szene gewidmet wurde. Wie gilt es jetzt das und seine Figur zu bewerten ? Der erste Vergleich ist offensichtlich der bereits angesprochene Großvater. Nimmt man jetzt nur die ersten beiden Filme als Vergleich besitzt Kylo Ren im Vergleich zu Darth Vader bereits eine story arc die abseits vom üblichen "der Bösewicht" befindet. Darth Vader's Figur hat den Vorteil das die Macht zum damaligen Zeitpunkt dem Zuschauer noch unbekannt war.
Es ist ein wenig unfair den Charakter nur auf diese Verwandschaft zu reduzieren, aber richtigerweise ist sie zum jetzigen Zeitpunkt der Hauptanteil seines Charakters.
Vielleicht ist es von dir auch die falsche Erwartungshaltung an die Rolle der Figur gewesen. Der Film hat in vielen Szenen etabliert, dass nicht Kylo Ren der Oberscherge des neuen Imperiums ist, sondern Snoke. Kylo Ren hat eine ähnliche Rolle wie auch Darth Vader zum Zeitpunkt von Episode 4. Ähnlichkeit zu Darth Vaders "Lapdog" Rolle besteht durchaus.
Kylo Rens Figur wird einen ähnlichen Weg gehen wie Darth Vader wenn man literarisch denkt und anders als bei typischen Antagonisten ist seine Charakterentwicklung noch nicht abgeschlossen. Darum ist der "Milchbubi" Aspekt für mich nichts unangenehmes. Ich sehe Potential in der Figur.
2. Rey
Ähnliches gilt auch für Rey. Die Details ihres Charakters sind noch vollkommen unerforscht. Dazu zählt ihre natürliche Begabung für
die Macht. Etwas ähnliches ist auch am Ende von Matrix passiert. Gerade in einem Universum wie Star Wars was definitiv mehr Fantasy als Sci-Fi ist, find ich es problematisch an Konzepte wie Techniken fürs Erlernen der Macht zu glauben. Die Filme haben alle etabliert, dass es keine wirkliche Technik oder Lernmethoden gibt, sondern das alleinige Konzentrieren und Erkennen der Macht vieles bis alles ermöglicht. Ich kann mich zumindest nicht an spezielle Anweisungen erinnern, die wirklich darauf hinweisen.
Ein weiterer Aspekt ist ihre Vergangenheit auf Jakku. Der Autor hat sich entschieden in wenigen Sätzen und Szenen zu erklären, dass sie sowohl technisches Talent wie auch Wissen hat. Da können wir wieder von suspension of disbelief reden und ich könnte Argumente bringen wie "Auf Jakku gibts nicht viel, da beschäftigt man sich mit allem", "kann man ein Auto fahren, kann man alle autos fahren" oder "vielleicht ist sie ihn bereits geflogen". Wichtig ist, was man aber im Film sieht.
A. fliegt sie den Falcon sehr unkonventionell und schon gar nicht fehlerfrei.
B. zeigt ihr Wissen um und über den Falcon, dass sie sich bereits damit auseinander gesetzt hat.
C. wie sie selbst gesagt hat, ist sie Pilotin.
Wenn wir weiter auf Details und Dinge schauen, die der Film bereits etabliert hat, kann man noch weitere Dinge erklären.
Beispielsweise war Kylo Ren bereits verletzt als er in den Kampf mit Finn ging. Nimmt man den Weltbildaspekt noch hinzu dann besteht immer die Möglichkeit für einen Underdog zu gewinnen. Schaut man auf das was im Film passiert ist, sieht man das Kylo Ren als Sieger gegen Finn vom Platz gegangen ist. Schaut man sich den Kampf mit Rey an, dann kann man anhand der Szene (Verlauf des Kampfes, Wechsel der Musik, bisherige Charakterentwicklungen: Er ist eingeschüchtert von ihr, allgemein verunsichert, Vater grad getötet, wütend und nicht Herr seiner Sinne) einen Wechsel des Momentums erkennen.
Grundsätzlich geht es dabei, aber um Details und wie man diese werten möchte. Bezieht man als Grundlage für eine Wertung sich selber oder ein eigenes Weltbild oder vertraut man dem Autor, dass er dem Charakter bereits Sachen angedichtet hat, die gewisse Handlungen möglich machen ? Wichtig ist jedoch auf alle Details zu achten, auch wenn diese nicht immer offensichtlich sind, damit man nicht ein vorschnelles Urteil fällt.
Ich werde mich mit Bewertungen für diesen Film zurückhalten. Zeit und die weiteren Filme der Reihe werden meine Bewertung sowieso auf den Kopf stellen. Dafür ist Kontext einfach zu wichtig. Wozu also die Mühe machen einen Film kaputt oder in den Himmel zu schreiben. Wenn man Literatur diskutieren will, sollte man das sowieso nicht machen.
Apropros Unbeholfen und lose Gedanken: Sehr typisch für SW. Die Force Vision gab es schon in Empire und war auf einem ähnlichen Niveau. Ich fands in Ordnung.
Die Magie, die du als Kind gespürt hast, wirst du nie wieder haben. Das sind die Vorteile von Kindern. Für die glänzt manchmal sogar ******e. Alles andere ist Nostalgie.
Viel wichtiger ist, dass die heutige Generation an Kindern diese Magie wieder spüren kann.