Hier meine Liste nach Monaten mal aktualisiert:
1. Tyson Fury (+/-0)
Es ist mittlerweile noch schwerer ihn auf Platz 1 zu listen. Für mich (und viele andere Betrachter) hat er Wilder geschlagen. Dabei war er zuweilen nachlässig, weswegen man das Unentschieden mit dem Zudrücken sämtlicher Augen inkl. Hühneraugen noch akzeptieren kann. Wilder hat sein übliches taktisches Pensum abgespult: Den Jab bringen, gelegentlich zum Körper variieren und darauf warten, dass der Gegner Lücken offenbart. Das hat Fury getan, aber Fury hat Wilder trotzdem hervorragend gelesen und überwiegend so eindeutig schlecht aussehen lassen, dass man ihn eigentlich nur an Eins sehen kann. Er hat von den drei großen Namen im derzeitigen Schwergewicht die beste Perspektive. Die dann folgenden Kämpfe waren typisch Fury. Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss. Gegen den völlig überforderten Tom Schwarz war es eine Farce. Gegen Otto Walin war es eher peinlich. Otto wer? Dann die Wrestling-Nummer und zu guter Letzt wird noch mit Robbie Williams ein Weihnachtsliedchen geträllert. Marketingtechnisch mag das alles richtig sein, aber aus Boxfan-Sicht gehören Fury und sein Management für diese Farce weiterhin geteert und gefedert. Nächstes Jahr soll das Rematch mit WIlder kommen und aus der Sicht des Boxfans bleibt zu hoffen, dass der divahafte Gaul dann deutlich höher springt.
2. Deontay Wilder (+/-0)
Wilder ist das Punchmonster, der immerhin so smart ist, dass er mittlerweile einen Stil pflegt, bei dem seine erheblichen boxerischen und staminabedingten Schwächen nicht so zu tragen kommen. Taktisch erinnert das an Anthony Joshua, nur dass dieser die Taktik gelegentlich nicht durchhält. Gegen Fury sah er rundenweise sehr schlecht aus, was nichts Neues ist. Die gleiche Taktik wie gegen Ortiz, nur dass diesmal Fury nach dem zweiten Niederschlag wieder hochgekommen ist. Gegen Breazeale konnte Wilder dann wieder zeigen, dass er nicht nur viel Punch hat, sondern dass ihm statische Gegner sehr liegen. Im Rematch gegen Ortiz dann ein noch passiver Wilder, der die Taktik des ersten Kampfes fortführte. Ortiz war erneut der bessere Boxer, aber Time had taken its toll on Ortiz - Wilder ist gnadenlos, wenn der Gegner einen Fehler macht. Im Rematch hängt es alleine an Fury, wie gut er sich Wilder entziehen kann. Boxerisch wird Wilder den Kampf nicht gewinnen können.
3. Anthony Joshua (+1)
Joshua hat das Rematch bestritten, er hat das, was Experten ihm geraten haben, tatsächlich umgesetzt. Er nahm ab, veringerte die Muskelmasse und wurde so beweglicher. Einen völlig verfetteten Ruiz Jr. hat er so eindeutig und mit einer guten Leistung nach Punkten geschlagen. Es bleibt aber dabei, kam Joshua mal in tiefere Fahrwasser, wurden seine seine boxerischen Schwächen überdeutlich entblößt und auch seine taktischen Defizite. Er kann einen taktsichen Plan umsetzen, den man ihm vorgibt, adaptieren kann er nicht. Joshua macht, was er kann, aber einmal mehr nicht den Eindruck, das Zeug zum großen Champion zu haben. Schon gegen Usyk könnte der Drops erneut gelutscht sein. Sowohl gegen Wilder als auch gegen Fury sehe ich keine wirkliche Chance.
4. Luis Ortiz (+2)
Zu alt, zu wenig Kondition, zu phlegmatisch. Ortiz hätte beide Kämpfe gegen Wilder gewinnen können. Boxerisch hatte er Wilder zwei Mal in der Tasche. Wilder wusste um Ortiz konditionelle Schwächen und so nahm das Drama zweimal seinen Lauf. Ortiz hat keine Luft mehr nach oben, weil er seine konditionellen Probleme nicht in den Griff bekommt. Das hört sich schräg an, weil ich ihn trotzdem um zwei Plätze verbessert sehe. Warum? Weil der Rest sich entweder in den letzten Kämpfen noch schlechter präsentiert hat oder von vorne herein nicht die Leistung bringen kann.
5. Oleksandr Usyk (NEU)
Im Gegensatz zu David Haye damals ist Usyk tatsächlich die bewiesene unbestrittene Nr.1 im Cruisergewicht gewesen. Wie Haye ist er auf die Idee gekommen, im Schwergewicht an die deutlich größeren Fleischtöpfe zu kommen. Das ist folgerichtig. Leider war das Duell mit dem von vorne herein substanziell unterlegenen Chazz Witherspoon nicht so einseitig, wie es hätte sein müssen. Usyk war nie in Gefahr, musste aber viel mehr Treffer hinnehmen, als man es gegen den lahmen Chazz erwartet hätte. Eine gewaltige Steigerung ist notwendig, um tatsächlich ganz oben anzukommen.
6. Kubrat Pulev (+3)
Boxerisch einer der besten Schwergewichtler. Sein Punch ist unterdurchschnittlich und das Alter macht sich auch bereits bemerkbar. Die Nummer mit Jenny Ravalo sagt viel über beider Charakter aus. Zuletzt gegen Rydell Booker in einem Stay Busy-Fight, den neimand brauchte. Demnächst wohl in einem WM-Kampf.
7. Michael Hunter (NEU)
Hat nach seinem Aufstieg ins Schwergewicht mit Povetkin den ersten Mit-Contender vor den Fäusten und hat sich mehr als achtbar geschlagen. Bei Licht besehen, war das Unentscheiden sehr schmeichelhaft für Alexander Povetkin, bei dem das Alter aber auch schon mehr als deutlich bemerkbar ist.
8. Alexander Povetkin (-1)
Povetkins Karriere ist zuende. Für ganz oben ist er zu alt. Ein Povetkin mit der Einstellung der letzten Jahre, der 15 Jahre jünger wäre, würde das derzeitige Schwergewicht dominieren. So reicht es locker für Siege gegen die dritte Reihe im Schwergewicht, die erste Reihe ist unerreichbar un auch die zweite Reihe wird erkennbar zu stark. Schmeichelhaftes Unentschieden gegen Hunter - der Weg ist vorgezeichnet.
9. Dillan Whyte (-4)
Bisher der Typ ehrlicher Handwerker. Er boxte, was man ihm vor die Nase setzte und erarbeitete sich dabei seine Siege, die seine Position rechtfertigten. Das lag manchmal auch an der taktischen Blödheit und dem Phlegma seiner Gegner (Chisora, Parker), aber sei es drum: Gegen Wilder und Fury keine Chance, Ruiz Jr. dürfte er schlagen können. Oscar Rivas nicht gerade überzeugend geschlagen und sich dann gegen Mariusz Wach (!) einen Kampf auf Biegen und Brechen geliefert, der dank Eddie Hearn ein völlig überzogen einseitiges Urteil erhalten hat. Erschreckend, wenn auch nach einer Doping-Sperre und das ist keine Entschuldigung, in welchem völlig desolaten körperlichen Zustand sich Whyte gezeigt hat. Quittung: Abwertung.
10. Andy Ruiz Jr. (-7)
Ein talentierter, aber körperlich schlecht trainierter Underdog holt sich die Titel. Chapeau! Dann sagt er sich, dass süße Leben beginnt und der Rückkampf ist weit weg. Snickers und Burritos, Pommes und Burger. Gute Vorbereitung für den Rückkampf? Eher nicht. Dem Vernehmen nach verzweifelte der eigene Vater bei dem Versuch, dem Sohn klar zu machen, dass er gerade Sch... baut. Es war schon im ersten Kampf erkennbar, dass man mit anderer Taktik Ruiz Jr. vor größere Probleme stellen kann, ebenso konnte man das im Kampf gegen Parker sehen. Es kam wie es komme musste: Ein völiig verfetteter Vollidiot namens Ruiz Jr. warf seine WM-Titel in die Mülltonne des nächsten Burgerladens. Es brauchte auf Joshuas Seite nicht viel, um einen schlecht trainierten Ruiz Jr. von außen tänzelnd mit dem Jab auszuboxen, genau so, wie es prognostiziert wurde. Eigentlich muss man Ruiz Jr. dafür lebenslang bannen. Vertraglich ist wohl ein dritter Kampf vereinbart und wenn sich dann Ruiz Sr. durchsetzt, hat Ruiz Jr. eine reale Chance. Insgesamt gibt es für die letzte Vorstellung eine klare Abwertung.
10. Adam Kownacki (+/-0)
Brot und Butter-Boxer, den man an 10 einstufen kann, aber nicht muss. Boxerisch solide, aber ohne wirkliche Stärken. Wird schon gegen die Mitherausforderer aus den Top 10 einen ganz schweren Stand haben. Gegen den abgehalfterten Chris Arreola gab es den erwarteten Sieg. So verbleibt er auf dem mit Ruiz Jr. geteilten 10. Platz, ohne dass es eine Perspektive nach oben gibt.